Glut der Versuchung
Streit mit Drew haben, wenn sie ihn wirklich liebte, war beängstigend.
Roslyn erstarrte, als sie hörte, wie die Bibliothekstür langsam geöffnet wurde. Ohne anzuklopfen trat Drew herein und stand eine ganze Weile stumm da, bevor er auf sie zukam.
»Was ist los, Roslyn?«, fragte er leise.
»Wenn du das fragen musst, kann ich es dir unmöglich erklären.«
»Ich wollte dich nicht anschreien. «
Widerwillig öffnete sie die Augen und sah ihn an. »Aber du hast mich angeschrien. Und du hast mich der Falschheit und der Untreue beschuldigt«
»Nein ... es ist nur ... als ich sah, wie du mit Haviland lachtest, wie du ihn anlächeltest ... «
Seine Stimme versagte, während ihre zu einem unsicheren Flüstern wurde. Ach ertrage es nicht, mit dir zu streiten, Drew. Ich hasse Streit.«
»Wir hatten keinen Streit.«
»Wie nennst du es dann? «
»Einen Disput.«
»Das ist ein und dasselbe.«
Schuldbewusst fuhr Drew sich mit der Hand durchs Haar. Er hatte tatsächlich einen Streit mit Roslyn provoziert. Wie der schlimmste Idiot hatte er sich aufgeführt, seiner plötzlichen, überwältigenden Eifersucht nachgegeben. Nun war Roslyn bleich und zitterte seinetwegen. Er sah, dass Tränen in ihren Augen glänzten.
Als eine über ihre Wange kullerte, wollte er sie wegwischen, tat es aber nicht. Im Moment würde sie vermutlich nicht wollen, dass er sie berührte. Hingegen wollte er sie festhalten und sie trösten, nur könnte sie seinen Trost nicht annehmen.
»Es tut mir leid«, murmelte er. Er sollte sich in aller Form entschuldigen. »Ich hätte dich nie anschreien dürfen oder solch unbegründete Anschuldigungen vorbringen. Ich ließ mich von meiner Eifersucht hinreißen, obwohl ich weiß, dass du zu viel Ehre besitzt, um dich hinter meinem Rücken heimlich mit Haviland zu treffen.«
Ihr zartes, kleines Kinn war angespannt, als müsste sie um Fassung ringen. Schließlich schien Roslyn sich zu wappnen und setzte sich auf.
»Das ist nicht mehr wichtig«, sagte sie und wischte sich energisch die Tränen aus den Augen. »Ganz gleich, was du meintest, unsere Verlobung ist beendet. «
Drew sah sie entgeistert an. »Das kann nicht dein Ernst sein.«
»Es ist mein vollkommener Ernst«, erwiderte sie.
»Du willst unsere Verlobung lösen, weil ich dir gegenüber laut wurde? «
»Ja, Drew, das will ich. Ich habe solche Kämpfe den größten Teil meiner Kindheit ertragen, und ich werde sie in meiner eigenen Ehe nicht hinnehmen. «
Er spürte, wie er ärgerlich wurde. »Du reagierst übertrieben, Liebste ... machst unsere Auseinandersetzung zu etwas, was sie gar nicht war. «
»Das denke ich nicht. Wir erwarten nicht dasselbe von der Ehe. Und wenn wir jetzt schon streiten, was für eine Zukunft haben wir dann? «
Drew konnte nichts dagegen tun, dass sich seine Züge merklich verhärteten. »Du benutzt diesen unglücklichen Zwischenfall als Rechtfertigung, dich wieder Haviland zuzuwenden. Du willst ihn immer noch. «
Roslyn sah ihm in die Augen. »Ob ich Haviland will, tut nichts zur Sache. Ich will dich nicht heiraten, Drew.«
Angst durchfuhr ihn, als er sie anstarrte.
Da er schwieg, rang Roslyn sich ein Lächeln ab. »Du hast, selbst gesagt, sobald die erste Lust verflogen ist, bleibt einem Paar nur noch Langeweile oder Schlimmeres. Offensichtlich ist die Lust zwischen uns verschwunden. Du solltest erleichtert sein. Ich jedenfalls bin es.«
»Roslyn ... «, begann Drew, doch sie unterbrach ihn.
»Ich möchte nicht mehr darüber reden.«
Sie entzog sich ihm vollständig, das sah er an ihrem ausdruckslosen Gesicht und ihrer strengen Haltung.
Neben seiner Verärgerung fühlte er eine seltsame Panik tief in seinem Bauch.
Sie klang beinahe kalt, als sie das Schweigen brach. »Warum bist du hergekommen, Drew?«
Im ersten Moment hatte er Mühe, sich an den Grund seines Kommens zu erinnern. »Crupp hat herausgefunden, wer Sir Ruperts privater Anwalt war«, sagte er schließlich. »Ein Mann namens Farnaby. Ich war heute Nachmittag bei ihm, um mich nach Sir Ruperts früherer Mätresse zu erkundigen. Er wusste natürlich von ihr. Ihr Name ist Constance Baines. Aber er behauptet, vor vier Jahren den Kontakt zu ihr verloren zu haben, nachdem sein Klient gestorben war. Sir Rupert unterhielt ein kleines Haus für Constance und ihre Kinder am Stadtrand von London, das aber angeblich verkauft ist. Sie leben dort nicht mehr. «
Roslyn merkte auf. »Kinder? Er hatte mehr als ein Kind mit ihr? «
»Ja, es sind drei, ein Junge
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