Glut der Versuchung
und zwei jüngere Mädchen.«
Kummervoll verzog sie den Mund. »Winifred wird am Boden sein«, murmelte Roslyn. »Und wo ist die Familie jetzt? «
»Das versuche ich herauszufinden«, sagte Drew. »Farnaby schien äußerst ungern über Constance Baines zu reden. Anfangs wollte er mir nicht einmal die Adresse nennen. Offen gesagt würde es mich nicht wundern, wenn er sich Sir Ruperts Vermögen vor vier Jahren widerrechtlich aneignete.«
»Du denkst, Farnaby hat das Geld veruntreut? «
»Es wäre denkbar. Sonst hätte er sich weniger gesträubt. Ich musste auf verschleierte Drohungen zurückgreifen, damit er kooperierte. Die Bow Street forscht jetzt nach Constance Baines. Sie werden die gegenwärtigen Bewohner des Hauses befragen sowie die früheren Nachbarn. Es könnte eine Sackgasse sein, aber ich hoffe, in den nächsten ein bis zwei Tagen etwas zu erfahren. Wenn ich erfahre, wo sie ist und ob sie noch in London ist -, dachte ich, du möchtest mich eventuell begleiten. «
»Ja ... das würde ich gern. «
»Gut. Ich schicke dir einen Diener und lass dich wissen, wann ich dich abhole. «
Sie schüttelte den Kopf. »Das ist unnötig, Drew. Ich leihe mir Winifreds Kutsche, um nach London zu kommen.«
»Sei nicht albern, Liebes. Es ist kein Umstand für mich.«
Wieder machte Roslyn sich sehr gerade und sah ihn an. »Ich habe nicht vor, irgendwo mit dir hinzufahren. «
Erneut nagte das merkwürdige Gefühl an Drew. »Dann gestatte mir, dir meine Kutsche zu schicken.«
»Das wäre unangebracht, wo wir nicht mehr verlobt sind.«
»Roslyn ... « Drew fuhr sich noch einmal mit der Hand durchs Haar. »Ich habe dir gesagt, dass es mir leidtut.«
Für einen kurzen Moment kniff sie die Lippen zusammen, bevor sie matt lächelte. »Deine Entschuldigungen bedeuten mir nichts, Drew. Unsere Verlobung ist beendet. Ich gehe davon aus, dass du die Zeitungen benachrichtigst.«
»Du willst doch nicht ... «
Ihr Blick wurde noch eisiger. »Erweise mir bitte die Höflichkeit, mich ernst zu nehmen. Ich werde dich nie heiraten.«
Drew fühlte, wie sein Herz heftig gegen seine Rippen
trommelte. Er wollte ihr dringend widersprechen, sie dazu bringen, sofort ihre Meinung zu ändern. Aber weil sie Streit so zutiefst hasste, appellierte er an ihre Vernunft. »Du weißt, dass eine gelöste Verlobung deinem Ruf schadet.«
»Zweifellos. Doch ich werde die Folgen in Kauf nehmen. Fürs Erste möchte ich nichts mehr mit dir zu tun haben.«
Würdevoll erhob sie sich. »Wenn du Constance findest, dann unterrichte mich bitte. Ansonsten bist du hier in Danvers Hall nicht mehr willkommen. «
Drew sah ihr nach, als sie die Bibliothek verließ. Seine erste Reaktion war Angst, dunkle, kalte Angst, die sich bei dem Gedanken regte, Roslyn zu verlieren. Er durfte nicht zulassen, dass ihre Verlobung endete, denn wie könnte er sie dann überzeugen, ihn zu lieben?
Aber nein, er gab sich nicht geschlagen. Roslyn war überreizt, aufgebracht - und zu Recht wütend auf ihn.
Trotzdem würde er ihre Ansicht ändern, versprach Drew sich. Roslyn heiratete ihn am Ende, und sie würde ihn lieben lernen.
Achtzehntes Kapitel
Die traurige Geschichte von Sir Rupert und Constance mehrt meine Überzeugung, dass Gentlemen ihre Mätressen bereitwilliger lieben als ihre Ehefrauen.
Roslyn an Fanny
»Fanny!«, rief Roslyn zwei Tage später aus, als ihre Freundin vormittags in die Bibliothek von Danvers Hall kam. »Ich hatte dich gar nicht erwartet. Gestern habe ich dir geschrieben ... «
»Ich weiß«, sagte Fanny und wedelte mit Roslyns Brief. »Deshalb bin ich hergekommen, meine Liebe. Ich wollte nachsehen, ob du den Verstand verloren hast.«
»Den Verstand verloren?«, wiederholte Roslyn und klappte das Buch zu, in dem sie gelesen hatte.
»Ich dachte mir, das müsstest du, denn warum sonst solltest du deine Verlobung mit dem Duke of Arden lösen?«
Roslyn antwortete nicht, sondern wartete, bis Fanny in einem der Sessel Platz genommen hatte und fortfuhr.
»Ich gestehe, ich war schockiert, Roslyn, dass du die Chance wegwirfst, eine Duchess zu werden und ein Leben voller Annehmlichkeiten und Privilegien zu führen.«
»Du weißt, dass mich solche Verlockungen nicht reizen«, sagte sie und setzte sich Fanny gegenüber.
»Ja, ich weiß, du willst die wahre Liebe finden. Aber es ist ebenso leicht, einen reichen Adligen zu lieben wie einen armen Niemand. «
»Nein, ist es nicht, Fanny. Und ich hätte eigentlich gedacht, dass gerade du mich
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