Glut der Versuchung
mit dir kommen, wenn du die Anwälte aufsuchst.«
»Das wird nicht nötig sein, meine Liebe.«
»Es ist durchaus nötig! Winifred ist meine Freundin, und ich will ihr helfen. Und wir müssen unbedingt verhindern, dass er sie nochmals zu bestehlen versucht.«
In Drews Augen blitzte es amüsiert. »Ich schätze, es ist sinnlos, dir zu sagen, dass du lieber zu Hause bleibst und mir die Heldentaten überlässt.«
Roslyn schmunzelte. »Vollkommen sinnlos.«
»Ja, das befürchtete ich«, sagte Drew mit einem theatralischen Seufzer. »Nun gut, dann hole ich dich morgen in aller Frühe ab, und wir besuchen gemeinsam die Anwälte. Dir ist hoffentlich klar, dass du dazu mit mir allein in meiner Kutsche fahren musst.«
»Das Risiko nehme ich auf mich«, erwiderte Roslyn zuversichtlich. In die Innenstadt von London würden sie ungefähr eine Stunde brauchen, und die Zeit könnte sie für den Versuch nutzen, sein Herz zu erobern.
Während der Fahrt am nächsten Morgen strengte Roslyn sich an, Drew auf sehr dezente Weise zu verführen, was jedoch kaum Wirkung zu haben schien. Jeden ihrer Flirtversuche parierte er mit der Fertigkeit des Experten, und lüpfte nur hin und wieder amüsiert eine Braue, wenn sie es allzu offensichtlich anstellte.
Roslyn war beinahe froh, als sie die Stadt erreichten und sie sich ganz den Fragen zu Sir Ruperts Angelegenheiten widmen konnte.
Zuerst besuchten sie Fanny, weil sie fürchteten, sie später womöglich nicht zu Hause anzutreffen. Es wunderte sie nicht, dass Fanny geweckt werden musste, da lange Nächte zu ihrem Gewerbe gehörten.
Dennoch begrüßte Fanny ihre Freundin herzlich und gratulierte dem Duke zu seiner bevorstehenden Vermählung, obwohl sie aus Roslyns Briefen längst wusste, dass es zu der vielleicht nie kommen würde.
»Wie entsetzlich für Lady Freemantle«, murmelte Fanny, nachdem sie die Geschichte vernommen hatte. »Nicht genug damit, dass ein Dieb in ihr Haus eindringt, könnte der Dieb auch noch das Ergebnis einer langjährigen Liaison ihres Mannes sein.«
»Ja«, stimmte Roslyn ihr zu. »Aber sie möchte die Wahrheit wissen, und deshalb haben wir vor, ihn zu finden. Wir hatten gehofft, du könntest uns helfen zu erfahren, wer Sir Ruperts Mätresse war, Fanny.«
Fanny spitzte nachdenklich die Lippen. »Ich entsinne mich nicht, ihm jemals begegnet zu sein. Also habe ich keine Ahnung, wen er aushielt. Aber ich erkundige mich gern ... diskret, versteht sich.«
»Ich danke dir«, sagte Roslyn. »Wir möchten auf jeden Fall Gerüchte vermeiden. Die Sache ist so schon schmerzlich genug für Winifred.«
»Ja, auch ich danke Ihnen, Miss Irwin«, ergänzte Drew.
Als Roslyn und er wieder gehen wollten, begleitete Fanny sie zur Tür. Roslyn hätte gern unter vier Augen mit Fanny gesprochen - über ihre Verlobung mit Drew, ihren Wunsch, seine Liebe zu gewinnen, das intime Thema der Vorkehrungen gegen eine Empfängnis und vor allem darüber, wie es Lily ging. Ihre Schwester war schon beinahe zwei Wochen in London.
Aber dazu kam es nicht, denn Drew führte Roslyn geradewegs zu seiner Kutsche zurück und wies den Kutscher an, sie zur Kanzlei Crupp und Beasly zu fahren, den Anwälten, die Winifreds Vermögen verwalteten.
Leider hatten sie bei den Anwälten auch kein Glück. Die Begrüßung in der Fleet Street fiel unterwürfigst aus - immerhin war Drew ein Duke. Und als er die Vollmacht von Lady Freemantle vorlegte, die ihm gestattete, Einsicht in ihre Angelegenheiten zu nehmen, hörte der fast greisenhafte Mr. Crupp sich interessiert an, was sie wollten.
Trotz seines hohen Alters schien der Anwalt noch einen sehr wachen Verstand zu besitzen, denn er stellte mehrere gezielte Fragen. Aber am Ende schüttelte er traurig den Kopf.
»Es wäre möglich, Durchlaucht, dass Sir Rupert über viele Jahre eine Mätresse mit einem Einkommen ausstattete, doch ist uns von solchen Arrangements nichts bekannt. Fraglos wird er sich einen anderen Anwalt genommen haben, der seine privaten Angelegenheiten regelte, denn er wollte wohl kaum, dass Lady Freemantle erfuhr, wofür er jenen Teil ihres Vermögens ausgab. Und falls er einen zweiten Haushalt unterhielt, konnte er ihn schlecht in seinem Testament erwähnen, ohne dass ihre Ladyschaft die unappetitliche Wahrheit entdeckte. «
»Welche anderen Anwälte könnte er sich genommen haben?«, fragte Drew.
Mr. Crupp lächelte und bleckte dabei seine falschen Zähne. »Da gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Durchlaucht. Allein in der Stadt
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