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Glut unter der Haut

Glut unter der Haut

Titel: Glut unter der Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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am Küchentisch sinken, wo sie ein friedliches Frühstück genossen hatten, bis die Post eintraf.
    »Na bitte.« B. J. war froh, dass das unangenehme T hema damit erledigt war. »Gieß mir bitte noch einen Kaffee ein.«
    Erik starrte auf die goldfarbene Flüssigkeit in seinem Glas, als enthielte sie die A ntwort auf sämtliche Rätsel des Universums. V ielleicht würde er, wenn er nur angestrengt und tief genug hineinschaute, auch die Lösung für seine eigene Misere darin finden.
    Von der anderen Seite der Bar drang Lachen zu ihm herüber; drei Pärchen saßen in einer der Nischen, tranken Bier und unterhielten sich lebhaft. Er kehrte ihnen den Rücken zu, als ihn eine W oge der Einsamkeit traf. W ar er je T eil einer Clique gewesen, hatte er je irgendwo dazugehört? Es hatte eine Zeit gegeben, als ihn seine A rbeitskollegen nach Feierabend eingeladen hatten, wenn sie noch auf einen Drink losgezogen waren. A ber sein T rinken war zu ernst geworden, seine Stimmung zu mies und seine W utausbrüche zu heftig und unberechenbar, so dass er bald gemieden wurde.
    Als er nach dem Flugzeugunglück schließlich wieder in der Lage gewesen war zu arbeiten, war er wütend bis an den Rand des W ahnsinns. Er hatte dann irgendwann den Beitrag über Initiativen zur W aisenbetreuung fertiggestellt, aber jeder T ag, den er daran gesessen hatte, war die reinste Folter gewesen. Immer wenn er die in »Bergblick« aufgenommenen Bänder abspielte, kam seine W ut erneut hoch. W enn er Kathleens Bild auf dem Monitor sah, schlug er mit der Faust in die Handfläche, als wünschte er, es wäre sie, die er traf.
    »Hast dir ja reichlich Zeit gelassen, alter Kumpel«, sagte der Produzent, als er schließlich den sendefertigen Beitrag von Erik erhielt.
    »Rutsch mir doch den Buckel runter«, brummte Erik auf dem W eg zur T ür.
    »Warte, Gudjonsen«, rief ihn der Mann zurück, zügelte sich dann aber unter dem bitterbösen Blick, mit dem Erik ihn bedachte. »Hör mal, es geht mich zwar nichts an«, sagte er dennoch tapfer, »aber seit deinem Unfall sitzt dir doch irgendwas quer im A rsch. Es gibt hier im Haus einige Leutchen, die wirklich die Schnauze voll haben von deinem V erhalten. Ich mag dich, Erik. Du hast was auf dem Kasten, und ich finde es zum Kotzen, mit ansehen zu müssen, wie du deine Karriere so vor die Hunde gehen lässt. W enn ich irgendwas für dich tun kann …«
    »Wie du ganz richtig gesagt hast: Es geht dich nichts an.« Erik schlug die T ür hinter sich zu.
    Das war im letzten Herbst gewesen, jetzt war Frühling. Doch ungeachtet des sprießenden und aufblühenden Lebens um ihn herum brachte für ihn jeder neue T ag nur eine weitere V erschlechterung.
    Er ließ seine selbstgesetzten A nsprüche fallen und seine A rbeit schleifen. Er lieferte schlampige A ufträge ab. Er trank zu viel, gewöhnlich bis zur Besinnungslosigkeit. A uch Frauen konnten ihn nicht aus seiner Niedergeschlagenheit erlösen. Es gab keine, die ihn ernsthaft interessierte. Obwohl er viele V erehrerinnen hatte, ließ er sich mit keiner ein, denn keine von ihnen konnte in ihm die Leidenschaft entfachen wie Kathleen.
    »Noch einen, bitte«, sagte Erik barsch zum Barmann und sah zu, wie sich der Scotch in sein Glas ergoss. V or Monaten schon hatte er es aufgegeben, seine Drinks mit W asser oder Eis zu verdünnen, weil der Scotch pur seinen Schmerz schneller erträglich machte.
    Ein Schmerz, den er längst willkommen hieß. Dieser tiefe, sich stetig tiefer grabende Schmerz war ihm fast ein tröstlicher Begleiter geworden und buchstäblich der einzige Freund, der ihm noch geblieben war. Sie kannten einander gut. Eine W eile lang hatte er versucht, ihr Bild in seinem Inneren auszulöschen, doch vergeblich. Nun ließ er es einfach zu. Er tröstete sich mit ihrem A nblick, auch wenn es nur ein T rugbild seiner Erinnerung war.
    Der Sommer des letzten Jahres. W ar es wirklich schon so lange her? Diese T age – so wenige, gemessen an seinem Leben –, die ihm unermessliche Freuden und unbeschreiblichen Kummer beschert hatten. Ein Gutes hatte die ganze Geschichte wenigstens gehabt. Bob und Sally hatten den kleinen Jaimie adoptiert.
    Erik musste trotz seiner Niedergeschlagenheit schmunzeln. Jahrelang hatten sein Bruder und Sally sich vergeblich ein Kind gewünscht, hatten, fast verzweifelt, medizinische T echniken angewendet, die er sich gar nicht ausmalen konnte. A ls es ihm möglich gewesen war, über »Bergblick« zu sprechen, hatte er ihnen auch von Jaimie erzählt.

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