Gnade

Unterlagen genauso dringend finden wie wir.«
    Preston sagte zu John: »Verflucht sei deine blöde Frau! Sie hat uns in diese Klemme gebracht.«
    »Nun bleib mal auf dem Teppich! Wir haben sie umgebracht, erinnerst du dich?«, sagte Dallas.
    Cameron vergrub das Gesicht in den Händen und stützte seinen Kopf auf die Ellbogen. »John, du bist derjenige, der uns diesen Albtraum beschert hat, du Mistkerl!«
    John bewahrte Ruhe. »Was geschehen ist, ist geschehen. Wir müssen jetzt an die Zukunft denken.«
    »An was für eine Zukunft?«, brüllte Cameron. »Wenn wir diese Papiere nicht bekommen, ist alles vorbei!«

17
    Auf Theos Mailbox befanden sich sechs Nachrichten. Während Michelle das Abendessen zubereitete, ging er in ihr Arbeitszimmer, um sie sich anzuhören und sich Notizen zu machen. Anschließend rief er Noah Clayborne an und bat ihn, von Biloxi nach Bowen zu kommen.
    »Ist das Essen fertig? Ich habe einen Riesenhunger!«, verkündete er, als er in die Küche zurückkam.
    »Nein, das Essen ist noch nicht fertig«, sagte Michelle. »Sie befinden sich hier nicht im Hotel. Sie müssen schon ein wenig mithelfen.« Michelle nahm ein Messer zur Hand und schnitt Sellerie und Karotten klein. Theo lehnte sich an einen Stuhl und sah ihr zu.
    »Verdammt, Sie sind echt gut!«
    »Das sagen alle Jungs.«
    »Sie sind wie ein Roboter mit dem Messer. Schnell, präzise … wirklich eindrucksvoll.«
    »Ah, Sie wissen, wie man einer Frau schmeichelt.«
    Theo griff nach einer Karotte und steckte sie sich in den Mund. »Was soll ich tun? Ich bin am Verhungern.«
    »Der doppelte Cheeseburger hat anscheinend nicht viel geholfen.«
    »Das war nur eine Vorspeise.«
    »Sie könnten schon mal den Grill anmachen. In der rechten Schublade sind Streichhölzer.«
    »Ist der Grill im Garten?« Er spähte argwöhnisch aus dem Fenster.
    »Natürlich ist er im Garten. Warum?«
    »Muss ich mir Sorgen machen, dass da draußen eine zweite Lois lauert?«
    »Nein«, versicherte Michelle. Und dann ritt sie der Teufel, wie ihr Daddy sagen würde, und sie fügte hinzu: »Aber Elvis könnte sich in der Gegend herumtreiben. Vielleicht nehmen Sie einen Besen mit hinaus, nur für den Fall …«
    Theo erstarrte. »Elvis?«
    Michelle riss ein Stück Aluminiumfolie von der Rolle und häufte das geschnittene Gemüse darauf. »Die Berühmtheit hier im Ort. Der letzte Mensch, der Elvis gesehen hat, hat geschworen, dass er fünf Meter lang ist.«
    »Wer hat dem Alligator denn den Namen Elvis gegeben? Was ist nur in euch gefahren?«
    Michelle zuckte mit den Schultern.
    »Das mit Elvis war ein Scherz, stimmt’s?«
    Sie lächelte honigsüß. »Vielleicht.«
    »Vielleicht? Das ist eine ganz schön grausame Folter für einen Mann, der offensichtlich eine Alligatorphobie hat, Mike.«
    »Ich würde es vorziehen, wenn Sie mich Michelle nennen.«
    »Und ich würde es vorziehen, wenn Sie keine Witze über Alligatoren machen.«
    »Okay, abgemacht!«
    »Und warum darf ich nicht Mike zu Ihnen sagen? Alle anderen tun es doch auch.«
    Sie schlug gewissenhaft die Ecken der Folie um. »Ich möchte nicht, dass Sie an mich als … Mike denken.«
    »Warum denn nicht?«
    »Es ist nicht sehr feminin. Wie viele Männer kennen Sie, die sich mit einer Frau namens Mike einlassen würden?«
    »Wie bitte?«
    »Ach, vergessen Sie’s!«
    »Ich will es aber nicht vergessen. Haben Sie gerade gesagt, Sie möchten sich mit mir …«
    Sie unterbrach ihn. »Nein, das habe ich nicht gesagt. Nennen Sie mich einfach nicht Mike, okay? Und jetzt gehen Sie hinaus und zünden den Grill an. Sehen Sie mich nicht so an, als hätte ich den Verstand verloren! Wenn Sie da draußen etwas erschreckt, schreien Sie, und ich komme mit dem Besen und rette Sie.«
    »Männer schreien nicht! Michelle, Sie haben wirklich einen eigenartigen Humor.« Er schaute erneut aus dem Fenster. »Ach, zur Hölle! Alligatoren kommen nachts an Land, oder nicht? Ich glaube, ich verliere allmählich den Verstand. Was mache ich eigentlich in diesem …« Er war drauf und dran, Bowen als »gottverlassenes Nest« zu titulieren, riss sich aber gerade noch rechtzeitig zusammen. »… in dieser Wildnis?«
    Michelle ahnte anscheinend, woran er gedacht hatte. Das drohende Funkeln in ihren Augen verriet es ihm.
    »Ich weiß es nicht. Sagen Sie’s mir.«
    »Ich bin zum Angeln hergekommen, schon vergessen? Ich hatte keinen blassen Schimmer, dass mir hier Alligatoren über den Weg laufen.«
    »Bis jetzt ist das ja auch noch nicht passiert«,