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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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bis zu den Saepta hochzuzuckeln, hätte ihn ein bis zwei Stunden gekostet. Da er aber nur zwei Minuten vom Emporium entfernt wohnte, war er statt dessen nach Hause gegangen, hatte die Füße hochgelegt und das Glas, das wir mit soviel Mühen nach Hause gebracht hatten, für die Nacht sich selbst überlassen.
    Papa schaute über die Schulter und senkte die Stimme. »Das Emporium hätte sicher genug sein sollen. Es war ja nur vorübergehend.«
    »Und jetzt ist es vorübergehend abhanden gekommen!« Irgendwas war faul. Mein Vulkanausbruch stoppte abrupt. »Hast du nicht gerade gesagt, der Einbrach sei geplant gewesen? Die Diebe hätten genau gewußt, was sie wollten? Wie konnte irgend jemand wissen, daß da ein Schatz an syrischem Tafelgeschirr zu holen war, zufällig an diesem Abend eingetroffen und nur für eine Nacht eingelagert?«
    Papa sah verletzt aus. »Die müssen zufällig darüber gestolpert sein.«
    »Erzähl doch nicht solchen Stuß!«
    »Kein Grund, gleich ausfallend zu werden.«
    Ich tat noch etwas Schlimmeres – ich machte ihm meinen Standpunkt klar. »Jetzt hör mal zu, Papa. Damit eins von vornherein klar ist: Dieser Verlust ist deine Sache. Ich will nichts davon hören, daß du Helena ihre Provision verweigerst, weil du die Waren nie bekommen hast …«
    »Halt die Klappe!« schnauzte Papa. »Ich werde das Mädchen nie betrügen, und das weißt du ganz genau.« Was vermutlich stimmte. Er hatte einen schrecklichen Respekt vor ihrem Rang und die wilde Hoffnung, sie würde ihn eines Tages zum Großvater von Senatoren machen. Jetzt war nicht der Moment, ihm zu sagen, daß die Aussichten dafür um fünfzig Prozent gestiegen wären. Ja, in diesem Moment begann ich sogar zu hoffen, daß es ein Mädchen würde. »Sieh mal, mein Sohn, ich kann mit Verlusten umgehen. Wenn das Glas tatsächlich weg ist, muß ich mich damit abfinden und weiterlächeln. Aber nachdem du gestern abend abgezwitschert bist, habe ich in die Kisten gesehen. Es waren wunderschöne Sachen dabei …«
    »Helena hat eben Geschmack.«
    »Das kannst du laut sagen. Und ich will verdammt sein, wenn ich die Sachen kampflos aufgebe. Ich möchte, daß du sie für mich wiederfindest.«
    Das hatte ich mir schon gedacht. Und meine Antwort hatte ich ebenfalls parat: »Ich muß Geld verdienen. Ich brauche ein Honorar. Und Spesen.«
    »Ach, darüber werden wir uns schon einigen«, murmelte Papa obenhin. Er wußte, Helena würde sich derart aufregen, wenn sie davon erfuhr, daß ich letztlich wohl ohne Bezahlung arbeiten würde. Er wußte ebenfalls, daß das Aufspüren gestohlener Kunstwerke zu meinen Spezialitäten gehörte und er daher den besten Mann angeheuert hatte. Auch andere würden meine Dienste in Anspruch nehmen wollen. Papa hatte mich als erster erwischt, bevor einer der anderen, die heute Verluste erlitten hatten – und mich vielleicht sogar bezahlen würden –, meine Zeit beanspruchen konnten.
    Ich trank meinen Wein aus und schob ihm mit großer Geste die Rechnung zu. Wenn er mir Spesen bezahlte, konnte er gleich damit anfangen. »Dann geh ich jetzt.«
    »Fängst du sofort an?« Papa hatte den Anstand, beeindruckt auszusehen. »Weißt du, wo du nachschauen mußt?«
    »Allerdings.« Tja, zumindest kann ich gut lügen.
    In Wahrheit hatte ich momentan nur einen Plan. Petronius Longus war von der kaiserlichen Garde zum Palast geschleppt worden. Er war in ernsthaften Schwierigkeiten. Nachdem er so oft an meiner Art zu arbeiten herumkritisiert hatte, wollte ich nun zusehen, wie er sich wand. Ich wollte mitkriegen, wie er den Kaiser davon zu überzeugen versuchte, daß er wußte, was er tat.
    Außerdem war Petro mein bester Freund. Es bestand die Gefahr, daß er für seine heutigen Anordnungen gefeuert wurde. Wenn möglich, wollte ich ihm helfen, sich da rauszuwinden.

X
    Ich marschierte den Clivius Victoriae hinauf zum alten Tiberiuspalast, wo die Verwaltungshengste immer noch ihre Büros hatten.
    Petronius Longus saß auf einer Bank in einem der Korridore. Die lange Warterei setzte ihm offensichtlich zu. Er war blaß und saß vornübergebeugt, hatte die Beine gespreizt und starrte auf seine Handflächen. Ich sah ihn bei meinem Anblick zusammenzucken. Er versuchte, sich gelassen zu geben. Ich haute ihm auf die Schulter und ließ mich neben ihn plumpsen.
    »Lucius Petronius – der Mann, der Rom zum Stillstand gebracht hat.«
    »Mach dich nicht über mich lustig, Falco!«
    »Nur nicht nervös werden. Ich bin hier, um dir Rückendeckung zu

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