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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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sehen.
    »Gut beobachtet!« murmelte ich nachdenklich.
    Genau hier, gegenüber von Lenias Wäscherei, hatten wir möglicherweise unser neues Heim gefunden.

XIV
    Der Korbflechter, ein drahtiger Mann in lohfarbener Tunika, den ich vom Sehen kannte, sagte uns, daß die Wohnung im ersten Stock zu seinem Laden gehörte. Er hatte sie nie benutzt, weil er nur vorübergehend in der Brunnenpromenade kampierte. Er lebte in der Campania bei seiner Familie und wollte auf dem Land bleiben, sowie er rechtzeitig daran dachte, nicht mehr jeden Montag in die Stadt zu fahren. Die Räume über dem Laden waren tatsächlich unbewohnbar, vollgestopft mit Schutt und Abfall. Smaractus war zu faul, sie auszuräumen. Statt dessen hatte der Drecksack sich auf eine niedrigere Miete eingelassen. Das paßte dem Korbflechter gut. Jetzt paßte es mir.
    Helena und ich schauten vorsichtig hinein. Es war sehr dunkel. Doch nach dem Leben im sechsten Stock würde das bei jeder tiefer gelegenen Wohnung so sein. Kein Balkon; keine Aussicht; natürlich kein Garten; keine Kochgelegenheit. Wasser aus einem Brunnen in der nächsten Straße. Eine öffentliche Latrine am Ende unserer Straße. Bäder und Tempel auf dem Aventin. Straßenmärkte rundherum. Mein Büro in Rufentfernung auf der anderen Straßenseite. Die Wohnung hatte drei Zimmer – eines mehr als die alte – und ein paar kleine Abstellkammern.
    »Platz für die Töpfe!« rief Helena. »Ich bin begeistert!«
    »Platz für die Wiege!« Ich grinste.
     
    Meinem Vermieter Smaractus ging ich normalerweise aus dem Weg. Ich fuhr schon aus der Haut, wenn ich an den Schmierlappen nur dachte. Eigentlich hatte ich das Ganze in aller Ruhe mit Lenia besprechen wollen, erwischte aber dummerweise den Moment, als ihr unsäglicher Verlobter gerade mit einer Weinflasche vorbeischaute.
    Mit ihm zu trinken, lehnte ich ab. Wenn’s einen Schluck umsonst gibt, sage ich gewöhnlich nicht nein, aber ich bin ein zivilisierter Mensch. Ich trinke nicht mit reulosen Mördern, korrupten Steuereintreibern, Vergewaltigern – und mit Smaractus.
    Zum Glück wußte ich, daß ich ihn nervös machte. Es hatte Zeiten gegeben, in denen er sich nur mit zwei Gladiatoren aus seinem Gymnasium in die Brunnenpromenade traute; seit Lenia ihn vor wütenden Mietern beschützte, ließ er seine Muskelmänner zu Hause. Das war auch gut so; die armen Jungs, Asiacus und Rodan, waren so unterernährt, daß sie mit ihrer Kraft haushalten mußten. Die beiden unterbelichteten Herzchen waren an einem Tag, an dem sie es mit mir zu tun gehabt hatten, für einen Kampf in der Arena nicht mehr zu gebrauchen. Für Smaractus war ich ein schwieriger Kandidat. Ich war schlank und durchtrainiert, und ich haßte ihn aus tiefstem Herzen. Als ich über die Schwelle trat, hörte ich seine Stimme und konnte daher rechtzeitig das aufsetzen, was Helena meinen »Milo-von-Kroton-Blick« nannte.
    »Falco wird bei unserer Hochzeit die Opferschau abhalten!« säuselte Lenia; als willige junge Braut war sie äußerst ungeeignet. Er war sicher erst ein paar Minuten da, aber sie hatte dem Wein schon ordentlich zugesprochen. Wer wollte ihr das verdenken?
    »Nimm dich in acht!« warnte ich ihn. Wenn ich dieses Amt übernahm, war das ein zweischneidiges Vergnügen, soviel war ihm klar. Ein schlechtes Omen konnte sein Glück zerstören. Ein richtig schlechtes Omen, und Lenia könnte einen Rückzieher machen, bevor er ihr den Ring übergestreift hatte und so in den Besitz all der wohlgefüllten Geldkassetten gekommen war. Seiner Mutter in den Schoß zu kotzen, wie Lenia vorgeschlagen hatte, war nichts im Vergleich mit dem Spaß, den ich mit einem willfährigen Hammel haben würde.
    »Er ist nett und billig«, fügte Lenia hinzu, als würde das erklären, wieso sie auf mich verfallen war. Außerdem stand ich auf ihrer Seite, auch wenn wir das nicht erwähnten. »Der kleine Hund hat dich also gefunden, Falco. Wir nennen ihn Nux.«
    »Ich nehme keine Streuner auf.«
    »Ach nein? Seit wann denn das?«
    Smaractus grummelte, mir fehle die Erfahrung als Priester, und ich gab zurück, daß ich genug wüßte, um bei seiner Hochzeit dieses Amt zu übernehmen. Lenia schob mir einen Weinbecher in die Hand. Ich schob ihn zurück.
    Nachdem wir diese Formalitäten erledigt hatten, konnten wir dazu übergehen, uns gegenseitig übers Ohr zu hauen.
     
    Natürlich würde Smaractus uns was abknöpfen wollen, sowie er erfuhr, daß wir die Untermieter des Korbflechters waren. Blieb nur, es ihm nicht

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