Gnadenlose Gedanken (German Edition)
ärgster Feind, tarnten sich hier die meisten Ratten mit einem Rollstuhl. Sie spielten die schwachen Kreaturen, die scheinbar so ungefährlich waren. Doch in Wahrheit waren sie sehr stark. Stärker als die Menschen, die nicht in einem Rollstuhl saßen, oder an Krücken humpelten. Aber was machten sie hier genau? Dahinter war er auch nach wochenlanger Beobachtung nicht gekommen. Es konnte aber nichts Gutes sein, das stand für ihn fest. So viele Ratten auf einem Fleck, waren eine Bedrohung und ein Geschenk zugleich. Sie planten hier bestimmt, mit Hilfe ihrer Lehrer, die Vernichtung von GOTTES Reich. Von hier aus würden sie vielleicht sogar losziehen, um SEINE Welt zu zerstören. Doch hier hatte Jesus auch die einmalige Gelegenheit, Hunderte auf einen Schlag zu vernichten! Diese Chance würde er heute wahrnehmen. Es war ein Kinderspiel gewesen, bis in die Küche vorzudringen, nun musste er ihnen nur noch das Gift verabreichen. Gierig, wie sie waren, würden sie nichts bemerken. Erst wenn der Hauptbestandteil des Giftes, das Blutgerinnungsmittel, in ihren verkrüppelten Körpern wirken würde, erst dann würden sie es bemerken. Doch dann würde es bereits zu spät für sie sein. Sie würden elendig krepieren. Genauso, wie sie es verdienten. Nur schade, dass die Lehrer nicht mit ihnen zusammen aßen. Sie schienen die Kochkünste der Mensaangestellten nicht so sehr zu genießen, und zogen es lieber vor, außerhalb der Schule Essen zu gehen.
Aber wichtig waren erst einmal die Jungen, die ihre zerstörerische Zukunft noch vor sich zu haben glaubten. Die Alten konnte er sich später noch einzeln vornehmen, das war kein Problem.
Ohne sein Handeln großartig zu verbergen, öffnete er die Tüte, um die Schachtel herauszuholen. Je unverdächtiger er sich benahm, um so weniger würde er auffallen. Er drückte den Verschluss des Kartons ein, und hielt seine Nase in die Öffnung. Es roch nicht besonders intensiv, die kleinen Ratten würden es nicht wittern. Ein Problem waren nur die großen Körner, die würden die Kinder kaum für geschrumpfte Oliven halten. Also musste er das Gift noch einer besonderen Behandlung unterziehen. Zu seinem Glück war die Schulküche mit den modernsten Küchengeräten ausgerüstet, da fehlte natürlich auch ein Mixer nicht. Es war kein handelsüblicher Mixer, er hatte die Größe eines Siegerpokals. Damit würde er die Körner in feines Pulver verwandeln, das konnte er dann problemlos über die Pizzen verstreuen.
Als ob er bereits seit vielen Jahren dort arbeitete, trat er an das Mixgerät und begann sein Werk. Niemand störte sich an ihm, oder an seinem Handeln; einfach nur deshalb, weil momentan niemand den Mixer benötigte.
Die große Uhr an der Wand verriet, dass dem Küchenpersonal und Jesus noch genau fünfzehn Minuten blieben, das Essen für die Kleinen vorzubereiten.
An Essen dachten Veronika und ich auch hin und wieder. Ihren Namen hatte sie mir verraten, nachdem wir wieder einmal unsere Tätigkeiten getauscht hatten. Dieses Jobsharing funktionierte mittlerweile ganz gut. Wir überreichten uns die Aufgaben wie zwei Staffelläufer. Trotzdem hatten wir nicht vermeiden können, dass inzwischen einiges an Luft verloren gegangen war. Dass das Boot nur eine Luftkammer besaß, gab diesem Umstand eine noch höhere Brisanz. Veronika hatte mir erklärt, dass es eigentlich unüblich sei, ein Rettungsboot mit nur einer Kammer auszustatten. Daraufhin war ich immer mehr zu dem Schluss gekommen, dass die Gesellschaft, die unsere Fähre aufs Meer geschickt hatte, wirklich echte Geizhälse in ihrem Vorstand beschäftigte. Wahrscheinlich finanzierten sie sich auf diese Weise Yachten, die sie für ihre privaten Vergnügungsfahrten ungleich sicherer ausgestattet hatten.
Zugern hätte ich mit diesen Idioten das eine oder andere Wort gewechselt. Aber wenn sich nicht bald jemand zu uns herbemühen würde, konnte ich diese Unterredung vergessen. Ich hatte eine Stinkwut. Auf die Fährbetreiber, auf das Schicksal und auf das Leben überhaupt. Warum trieb ausgerechnet ich mitten in der Irischen See, in einem Planschboot, das zunehmend an Substanz verlor? Warum ich? Warum nicht dieser dämliche Pfarrer, der mich zu Hause bequatscht hatte? Meine Mutter hatte ihn zwar dazu genötigt, aber wenn er alt genug war, seine Kirche zu beklauen, dann war er doch verdammtnochmal auch reif genug, meiner Mutter zu widerstehen!
Ja, meine Mutter! Warum saß
sie
denn nicht hier? Hatte sie sich diese besondere Art von
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