Gnadenlose Jagd
lassen.
Sie kehrte in den Stall zurück und ging an den Boxen entlang. Als die Zwei sie erblickten, machten sie noch mehr Krawall.
Ja, ja, ich weiß, das könnt ihr nicht ausstehen. Ich bin in euer Territorium eingedrungen. Gewöhnt euch dran. Es wird wieder passieren.
Sie setzte sich gegenüber den Boxen auf den Boden und lehnte sich gegen die Wand.
Gewöhnt euch an mich. Ich werde euch nichts tun. Ich bin hier genauso gefangen wie ihr. Ich weiß, dass man euch misshandelt hat, aber wenn ihr euch auf meine Seite schlagt, werdet ihr nie wieder zu fürchten brauchen, dass jemand versuchen wird, euch zu reiten. Und ich werde es auch so wenig wie möglich tun und nur dafür sorgen, dass ihr in Form bleibt.
Hörten sie ihr zu? Wenn ja, nützte es etwas? Sie wusste, dass sie mit manchen Pferden kommunizieren konnte, aber sie konnte nie ermessen, inwieweit die Tiere sie wirklich verstanden. Sie konnte nur hoffen, dass die Zwei spürten, was sie empfand.
Aber ihre Reaktion auf sie war nicht gerade ermutigend.
Ihr wollt euch nicht anhören, was ich euch zu sagen habe. Das verstehe ich ja. Aber ich muss es euch immer wieder sagen, weil es die Wahrheit ist und weil der Mann, der euer Feind ist, auch meiner ist. Ich werde also Tag und Nacht bei euch bleiben, bis wir uns verständigen können. Morgen werde ich euch für eine Weile voneinander trennen, aber ihr braucht keine Angst zu haben. Wir wollen euch nur besser kennenlernen. Es wird nicht für lange sein. Danach seid ihr wieder zusammen.
Wenn überhaupt, wurden die Pferde nur noch aufgebrachter. Möglicherweise war das ein gutes Zeichen. Zumindest erreichte sie sie. Vielleicht.
Meine Tochter Frankie ist bei mir. Ihr habt sie heute gesehen. Sie ist noch jung, ein Fohlen, und sie wird sehr nett zu euch sein. Ich garantiere euch, dass sie keine Gefahr für euch darstellt.
Sie musste diese Worte zahllose Male wiederholen. Frankie stellte keine Gefahr für sie dar. Frankie würde nett zu ihnen sein. Immer und immer wieder, bis sie es glaubten. Sie hatte eine Chance. Soweit sie wusste, hatten die Zwei noch nie mit einem Kind zu tun gehabt. Marvots Sohn war zwar von ihnen fasziniert, aber im Grunde fürchtete er sich vor Pferden. Und Pferde witterten Angst und reagierten darauf mit Aggression.
Frankie hatte auch Angst. Tja, dann musste Grace eben versuchen, ihr diese Angst zu nehmen oder zumindest zu verringern.
Sie hat euch Namen gegeben. Du bist Hope und du bist Charlie. Keine besonders vornehmen Namen, aber ihr gefallen sie, und sie bedeuten ihr etwas. Hat der Mann, der euch großgezogen hat, euch Namen gegeben? Ich glaube nicht, dass er mir sympathisch gewesen wäre. Er hat seine Verbitterung an euch ausgelassen.
Die Pferde wurden kein bisschen ruhiger.
Sie musste weiterreden. Alles erzählen, was ihr in den Sinn kam. Das Einzige, was sie ständig wiederholen musste, war das, was Frankie betraf. Immer und immer wieder …
»Was soll ich jetzt machen?«, fragte Frankie, als sie vor Hope stand. »Soll ich sie streicheln?«
»Nur wenn du willst, dass sie dir einen Finger abbeißt.« Grace lächelte. »Setz dich einfach da hin und sprich mit ihr. Ich gehe solange mit Charlie auf die Koppel und versuche, ihn darüber hinwegzutrösten, dass wir ihm seine Gefährtin weggenommen haben.«
Frankie setzte sich auf den Boden. »Was soll ich denn sagen?«
»Was du willst.« Grace ging zum Ausgang. »Das ist eine Sache zwischen euch beiden. In ein paar Stunden komme ich wieder. Geh nicht in die Box. Wenn du mich brauchst, komm zur Koppel.«
»Okay.«
Frankie war an diesem Vormittag sehr verunsichert, dachte Grace. Wer konnte es ihr verübeln? Sie selbst strotzte auch nicht gerade vor Selbstsicherheit.
Sie blieb am Zaun stehen und schaute Charlie an, der ihren Blick wütend erwiderte.
Ich hab dir ja gesagt, dass es passieren würde. In ein paar Stunden hast du sie wieder. Ich weiß, es ist unangenehm, sich so ausgeliefert zu fühlen, aber es ist nur vorübergehend. Frankie muss sie kennenlernen. Der Mann, der euer Feind ist, will Frankie wehtun, aber sie kann sich retten, wenn Hope ihr hilft. Ich weiß, das interessiert dich nicht. Aber vielleicht wird es das eines Tages.
Der letzte Satz war ein bisschen bescheuert. Charlie hatte keine Vorstellung von morgen. Für ihn zählte nur das Heute.
Grace öffnete das Koppeltor. »Wollen wir mal sehen, ob du mich noch genauso hasst wie gestern …«
Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, galoppierte er auf sie zu. Sie
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