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Gnadenlose Jagd

Gnadenlose Jagd

Titel: Gnadenlose Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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zusammengearbeitet, daher wusste sie, dass er hin und wieder zum Magier werden konnte. Wenn er nicht gesehen werden wollte, dann wurde er nicht gesehen. Aber wenn sie ihn brauchte, würde er für sie da sein.
    »Los geht’s.« Sie schwang sich auf Charlies Rücken und nahm Hopes Leine in die Hand. Dann hielt sie inne, als sie die Stute ansah. Diese Leine war völlig überflüssig, damit würde sie die Stute auch nicht unter Kontrolle halten können. Hope würde Charlie auch so folgen, außerdem würde die Leine sie womöglich sogar behindern. Sie ließ die Stute frei laufen. »Komm, Hope. Bringen wir es hinter uns, dann kannst du zu deinem Fohlen zurück.«
    Hope wieherte und trabte auf sie zu.
    »Charlie?«
    Würde er sich in Bewegung setzen? Oder würde er wie angewurzelt stehen bleiben wie bisher jedes Mal, wenn man ihn hierhergebracht hatte?
    Verdammt noch mal, Charlie. Geh los, egal wohin. Aber beweg dich.
    Der Hengst machte einen Schritt nach vorne, dann noch einen.
    Wenn du dich weiterhin so anstellst, werden wir noch hier rumstehen, wenn Marvot zurückkommt. Ich persönlich bin nicht wild darauf, ihn bald wiederzusehen.
    Charlie setzte sich in Bewegung, zuerst langsam, dann in einem leichten Trab.
    Halleluja! Sie presste die Unterschenkel an seinen Rumpf.
    Geh einfach spazieren und genieß den Tag, bis Kilmer uns holen kommt.
    Aber der Himmel war immer noch kristallklar, so blau, dass es in den Augen wehtat.
    Und Kilmer würde erst auftauchen, wenn der Sturm sich erhoben hatte.

18
    »Wo bleibt der verdammte Sandsturm?«, knurrte Kilmer, während er sich den Schweiß von der Stirn wischte. »Sie ist jetzt schon seit Stunden unterwegs, und wir hocken hier und drehen Däumchen.«
    Adam zuckte die Achseln. »Er kommt bald. Haben Sie Geduld.«
    »Sagen Sie das Marvot. Es ist nicht zu übersehen, dass die Pferde ziellos umherlaufen. Wenn er zu dem Schluss gelangt, dass Grace ihm nicht von Nutzen ist, wird er sie töten, ohne mit der Wimper zu zucken.«
    »Vielleicht gibt er ihr noch einen Tag Zeit.«
    »Noch einen Tag? Sie haben gesagt, der Sandsturm würde heute kommen.«
    »Vielleicht hat Hassan sich geirrt. Ich habe Ihnen gesagt, dass seine Vorhersagen nur zu neunzig Prozent korrekt sind.«
    Kilmer fluchte vor sich hin. »Adam, das ist –«
    »Moment.« Der Scheich hob den Kopf. »Spüren Sie das?«
    »Was?«
    »Wind.«
    »Ich spüre überhaupt nichts.«
    »Dann habe ich mich vielleicht geirrt. Jetzt spüre ich es nicht mehr …«
    »Du läufst im Kreis, Charlie.« Grace trank einen Schluck aus ihrer Wasserflasche. »Ich weiß genau, dass wir dieses ausgetrocknete Flussbett schon mal gesehen haben.« Im Verlauf der letzten zwei Stunden hatte der Hengst sich mehrmals den Ausläufern des Atlasgebirges genähert. Vielleicht war er ja auf der Suche nach Wasser. »Bist du durstig?« Sie stieg ab und goss Wasser in die Plastikschale, die sie mitgenommen hatte. »Eigentlich sollte ich mich nicht beschweren, immerhin läufst du bereitwillig mit mir hier in der Wüste herum. Tut mir leid, wenn es zu nichts gut ist. Durchaus möglich, dass der Wetterprophet des Scheichs spinnt. Sieht so aus, als müssten wir Marvot überreden, uns noch einen Tag –«
    Charlie hatte den Kopf so plötzlich hochgerissen, dass das restliche Wasser im Sand gelandet war. Er wieherte und stieg.
    »Was zum Teufel soll das?«
    Auch Hope bäumte sich auf, die Augen weit aufgerissen.
    Angst. Die beiden hatten Angst.
    Und Charlie blickte in Richtung Westen.
    Grace folgte seinem Blick zum westlichen Horizont.
    Dunkle Wolken.
    Einen Augenblick zuvor war der Himmel noch klar gewesen, doch jetzt war der Horizont in dunklen Dunst gehüllt.
    Der Schirokko.
    Mit hoher Geschwindigkeit breitete sich ein Sandschleier überallhin aus, so weit das Auge reichte. In wenigen Minuten würde der Sandsturm sie erreichen.
    Und sie würden vor den Blicken von Marvot und seinen Männern verborgen sein.
    »Los, Kilmer«, flüsterte Grace. »Komm uns holen.« Schnell zog sie die Bluse aus, die sie über ihrem T-Shirt trug, und löste das Tuch, mit dem sie sich die Haare zusammengebunden hatte. Wenn sie Glück hatte, würden Kilmer und seine Leute in wenigen Minuten hier eintreffen, aber wenn sie oder die Pferde den Sand einatmeten, würden sie ersticken. Sie riss die Bluse in zwei Hälften und befeuchtete diese. »Das wird dir nicht gefallen.« Sie trat näher an Charlie heran. »Aber du musst mir jetzt einfach vertrauen. Ich glaube, Hope wird es sich auch gefallen

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