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Gnadenthal

Gnadenthal

Titel: Gnadenthal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Zorn nicht länger zügeln. «Wir haben doch überhaupt keine Chance!»
    «Wer wir?», fragte Frieder kühl.
    «Na, Dagmar, Martin und ich, die seriöse Fraktion. Die, die nach wie vor das machen wollen, was unsere Fans sehen möchten. Politisches Kabarett eben und keine billige Comedykacke.»
    «Das ist ja wohl eine absolute Unverschämtheit», motzte Walterfang.
    Die Möllers redeten wütend durcheinander.
    Frieder musterte Kai gelassen. «Okay», sagte er endlich, «ich sehe, was du meinst. Dann gibt es wohl nur eine Lösung, die uns und alle unsere Fans zufrieden stellen dürfte. Rüdiger, liste doch mal alle Sketche in zwei Spalten auf, danach machen wir eine ausgewogene Mischung: drei aus der – Pause – ‹seriösen› und drei aus der Primitivfraktion. Mehr als sechs Nummern gestatten uns die Fernsehleute nämlich nicht.»
    «Also, das finde ich jetzt auch nicht gut, wie du hier polarisierst», hob Sibylle an, verstummte aber sogleich wieder.
    Es dauerte weitere fünfundvierzig Minuten, bis man sich darauf geeinigt hatte, welche Sketche als «seriös» und welche als «primitiv» einzustufen seien, dann wurden sie sich über die Auswahl aber schnell einig.
    Haferkamp stand auf und ging zu dem Beistelltisch, um sich ein Mineralwasser einzugießen.
    Mit dem Ergebnis konnte er leben, aber die Stimmung im Saal behagte ihm nicht.
    Um vier Uhr bot Rüdiger eine Runde Weißbier an. Danach stand die Auswahl des aktuellen Programms an.
    «Und bitte, Leute, ein bisschen weniger emotional, wenn’s geht», mahnte Frieder. «Denkt dran, wir müssen heute unbedingt zu einem Ergebnis kommen.»
    Diesmal wurde die Diskussion derart zivilisiert geführt, dass Haferkamp sich wunderte, dass nicht irgendwer einen Antrag zur Geschäftsordnung stellte. Man demonstrierte Streitkultur, genügend Übung hatten sie ja.
    Gegen halb sechs schritten sie zur ersten Abstimmung, und Möllers «Griechischer Wein» landete mit fünf zu vier Stimmen auf dem ersten Platz.
    Haferkamp verknotete sich der Magen. Er biss sich auf die Lippen, aber Dagmar hielt es nicht länger aus und sprang auf.
    «Mir reicht’s, das ist doch eine gottverdammte Farce hier! Wenn die anderen auch da wären, sähen die Abstimmungsergebnisse ganz anders aus. Der Haufen hier ist doch überhaupt nicht repäsentativ, aber ich vermute mal, da steckt Methode hinter.»
    «Komm, hör auf.» Rüdiger wollte sie wieder auf den Stuhl herunterziehen. «Du verträgst einfach kein Bier.»
    Aber sie schlug seine Hand weg. «Wie du meinst, mein Gebieter. Dann gibt es heute eben kein Ergebnis mehr. Ich muss nämlich schleunigst raus hier.»
    Haferkamp schaute ihr nach. Er wusste, dass sie keineswegs betrunken war.
    Auch Frieder stand auf. «In Ordnung, so wie es aussieht, führt wohl kein Weg daran vorbei: Wir verfahren nach dem gleichen Muster wie vorhin. Teilen wir die Texte, die zur Wahl stehen, in zwei Kategorien ein und mischen dann. Ich finde das zwar höchst ermüdend, aber bitte – Pause bis nach dem Abendbrot, gleicher Ort, aber hoffentlich bessere Stimmung.»

Zehn
    Es war Sibylle, die das gereizte Schweigen beim Essen nicht länger ertrug.
    «Ich habe übrigens tolle Neuigkeiten. Heinrich weiß es schon.» Sie warf Walterfang, der ihr gegenüber saß, einen verschwörerischen Blick zu. «Man hat mir einen PR-Job bei SAT 1 angeboten!»
    «Wie bist du denn da drangekommen?», fragte Maria atemlos.
    «Keine Ahnung, sie haben mich einfach angerufen. Die brauchen jemanden für ein neues Format, das im März nächsten Jahres starten soll.»
    «Und was soll das sein?», wollte Möller wissen.
    «Richtig konkret sind sie nicht geworden, aber am 10. November habe ich ein Gespräch.»
    «Du hast dich nicht beworben?»
    Sibylle feixte. «Nö, aber ganz unbekannt bin ich in der Branche schließlich nicht.»
    Möller schüttelte missbilligend den Kopf. «So was habe ich ja noch nie gehört.»
    Walterfang lachte leise. «Da kann doch nur einer dahinter stecken. Gib’s schon zu, Frieder.»
    Seidl fuchtelte abwehrend mit seinem Besteck und schluckte den Bissen, den er im Mund hatte, herunter. «Ich wollte, es wäre so, aber damit hab ich wirklich nichts zu tun.»
    Haferkamp saß am Tischende neben Kai Janicki. Sie hatten beide Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat bestellt, aber während Haferkamp genüsslich aß, stocherte Kai nur geistesabwesend auf seinem Teller herum.
    «He, Kai», rief Walterfang, «wenn du dein Essen nicht mehr schaffst, hier sitzt ein williger Abnehmer.» Er

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