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Gnadenthal

Gnadenthal

Titel: Gnadenthal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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machte einen Vermerk auf einem seiner Zettel. «Danke, Frau Langenberg, das war’s schon. Seien Sie so nett und schicken mir bitte den Nächsten rein, ja?»
     
    «Geh du jetzt, Heinrich.»
    «Ich?» Walterfang nahm Sibylle wie durch einen Schleier wahr. «Ich kann das nicht.»
    Er wischte sich die Nase am Pulloverärmel ab, der merkwürdigerweise ganz nass war.
    Bylle stupste ihn in den Rücken. «Nun mach schon. Es ist halb so wild, ehrlich.»
    «Wieso ich?» Ihm kam die Galle hoch. «Typisch!»
    Aber da stand schon dieser Kommissar in der Tür und sah auf einmal nicht mehr freundlich aus. Er kam auf die Beine und stolperte hinter dem Mann her. Ihm war furchtbar schlecht.
    Dann saß er an einem Tisch, dem Mann gegenüber, der einen Stift gezückt hielt. «Ich brauche zunächst einmal Ihren Namen.»
    «Walterfang», brachte er heraus und schnappte nach Luft. Seine Lippen kribbelten. Er zog sich die Ärmelbündchen über die Hände und presste sie gegen die Augen. «Ich kann … ich …» Seine Kehle war völlig verschleimt, und er musste würgen.
    «Herr Walterfang? Ihnen geht es nicht gut. Soll ich einen Arzt rufen?» Die Stimme des Mannes war wie warmer Kakao, endlich Trost. «Sie haben einen Schock.»
    Er nickte, versuchte zu lächeln und legte den Kopf auf die Tischplatte, die auch nass war. Alles war nass.
    Der Kommissar telefonierte, gab die Adresse durch, er hörte alles durch eine schwingende Membran. Das Kribbeln ließ ein wenig nach, aber er hob den Kopf nicht. Er kämpfte nicht mehr gegen die Tränen, sollte ruhig alles nass sein. Jetzt konnte er den Polizisten besser verstehen. Er telefonierte wieder. «Astrid? Seid ihr mit dem Zimmer von Herrn Walterfang schon durch? 117? Warte mal.»
    «Herr Walterfang, sind Sie in 117?»
    Er nickte, und seine Wange brannte wie Feuer.
    Der Mann sprach wieder in sein Handy. «Gut, ja, es geht ihm ziemlich schlecht. Der Arzt ist schon unterwegs. Ich schicke sie dann hoch, damit er sich hinlegen kann. Ach ja, könntest du mir wohl eine Skizze von der Lage der Zimmer machen?» Er lachte kurz auf und hörte sich überhaupt nicht an wie ein Bulle. «Klar, hätte ich mir denken können. Aber kommt jetzt runter, Jupp und du, ja? Ich brauche euch hier, sonst dauern die Erstvernehmungen ewig. Die restlichen Zimmer können die grünen Freunde auch allein machen … Feuchte Kleidung? … Nicht schlecht …»

Fünfzehn
    Haferkamp spürte, dass Dagmar ihn anschaute. Er hätte sie auch gern angeschaut, in ihrem Blick lesen wollen.
    «Alle aus dem Weg hier!» Hedwig Wegner stob in den Salon, die Arme in die Seiten gestemmt – eine Karikatur ihrer selbst, denn ihre Augen sagten etwas anderes. «Egal, was passiert ist, ihr habt Vollpension gebucht. Jetzt gibt es Essen.»
    Haferkamp wäre gern im Erdboden versunken. Er mochte Hedwig wirklich sehr, aber das war ihm nun doch zu rustikal. Eben war der Notarzt da gewesen. Anscheinend war Walterfang zusammengebrochen. «Medizinisch habe ich nichts feststellen können», hatte der Arzt zu Toppe gesagt, aber Heinrich war trotzdem nicht wieder aufgetaucht. Auch die Kripoleute ließen sich nicht sehen.
    Die Wegner suchte seinen Blick. «Ich weiß, es ist furchtbar», sagte sie leise, «und ich weiß auch, dass ihr alle ziemlich neben euch steht. Aber gerade dann braucht man was Warmes, Kräftiges.» Aus ihrem sonst so adretten Knoten hatten sich einzelne Haarsträhnen gelöst. «Ich habe mir Mühe gegeben – wie immer.»
    Der Moment war vorüber, sie klatschte in die Hände, das Signal für die Küchenmädchen, die Servierwagen hereinzurollen. Dann trat sie in den Flur und brüllte: «Und wo stecken die Leute von der Kripo?»
    Von irgendwoher tauchte Toppe auf. Er sah leicht irritiert aus, aber davon ließ sich Frau Wegner nicht beirren. «Ich wollte bloß sagen, es gibt jetzt Mittagessen. Ich meine, Ihre ganze Truppe kann ich natürlich nicht versorgen, aber drei mehr werden bei mir immer noch satt.»
    Toppe hob abwehrend die Hände, hatte aber keine Chance.
    «Ach was! Ich lass es Ihnen auch gern im Blauen Saal servieren. Sie müssen mir bloß sagen, ob Sie lieber Putengeschnetzeltes oder Krustenbraten haben wollen.»
     
    Haferkamp brachte nichts herunter, und das war ihm, so weit er sich erinnern konnte, noch nie passiert. Mord, hatte Toppe gesagt. Aber Mord bedeutete Vorsatz. War einer von ihnen mit dem Plan angereist, Frieder umzubringen? Das konnte einfach nicht sein! Wer nur, und vor allen Dingen, warum? Und wieso ausgerechnet

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