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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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lassen, als steckten Sterbehilfe-Anhänger dahinter. Die JFK-Attentäter lassen grüßen.
    Drehbücher gab es überall. Ich loggte mich aus.
    Mates Unterlagen … Sollte ich es noch mal bei der überaus liebenswürdigen Alice Zoghbie versuchen? Vielleicht hatte Haiseiden die Akten nie gehabt, und sie waren in dem hübschen kleinen vanillefarbenen Haus am Glenmont Circle gelagert worden.
    Sie hatte keinen Grund, jetzt mitteilsamer zu sein.
    Es sei denn, ich wies sie auf die Diskrepanzen zwischen der aktiven Sterbehilfe bei Joanne Doss und Mates anderen Reisenden hin und deutete an, dass Mate Joanne nicht geholfen hatte, dass Richard Zoghbies Mentor grundlos getötet und ihn zu dem Opferlamm gemacht hatte, zu dem sie ihn erhob.
    Wenn sie das bereits wusste, hätte die Nachricht von Richards Festnahme ihr die Sprache verschlagen. Vielleicht würde sie in diesem Fall sogar darüber nachdenken, sich an die Polizei zu wenden. Wenn ja, könnte ich vielleicht das Zünglein an der Waage spielen und ihren Kummer zu meinem Vorteil nutzen.
    Das käme zwar einer Manipulation gleich, aber sie war schließlich jemand, der daran glaubte, dass die Schwachen dazu ermutigt werden sollten, ihr Dasein zu beenden.
    Schlimmstenfalls schlug sie mir die Tür vor der Nase zu. Das wäre nicht weiter tragisch, denn so wie die Dinge standen, war ich ohnehin ziemlich nutzlos.
    Ich legte die Fahrt nach Glendale in fünfunddreißig Minuten zurück. Im vormittäglichen Licht war Alice Zoghbies Haus sogar noch hübscher, die Blumenbeete leuchteten, als wären sie mit Buntstiften angemalt, und der kupferne Wetterhahn drehte sich in einer Brise, die ich nicht spürte. Derselbe weiße Audi stand in der mit Kopfsteinen gepflasterten Einfahrt. Auf der Windschutzscheibe lag Staub.
    Diesmal war die Straße nicht ganz so menschenleer. Ein alter Mann fegte seine vordere Veranda, und ein junges Paar setzte gerade den Wagen aus dem Carport.
    Ich schlug leicht mit dem Ziegenkopf-Klopfer gegen die Tür. Nichts geschah. Mein zweiter, etwas energischerer Versuch rief ebenfalls keine Reaktion hervor.
    Ich ging zu der Einfahrt zurück, vorbei an dem Audi zu einem grünen Holztor. Bienen summten, Schmetterlinge flatterten. »Hallo?«, rief ich laut, dann Alice Zoghbies Namen. Keine Antwort. Blumen berührten die Hauswand. In der Küche brannte Licht.
    Das Gartentor war geschlossen, aber nicht verriegelt. Ich griff auf die andere Seite, öffnete es und folgte einem Pfad mit Kopfsteinpflaster, der im Schatten arthritischer Äste einer alten, vernarbt aussehenden Platane lag. Eine kleine Treppe führte zur Küchentür hinauf. Es gelang mir, durch eine der vier Glasscheiben ins Innere zu blicken. Die Lichter waren an, aber kein Mensch war zu sehen. Im Spülbecken lag Geschirr. Auf der Anrichte war eine Tüte Milch und eine halbe Apfelsine, die einen leicht vertrockneten Eindruck machte. Ich klopfte. Nichts. Ich ging die Treppe hinunter und an der Seite des Hauses entlang, spähte zu den Fenstern hinein und lauschte. Außer dem Summen der Bienen war nichts zu hören.
    Der Garten war klein und bezaubernd gestaltet, auf beiden Seiten waren Zypressenhecken als Sichtschutz vor den Nachbarn und ein hoher Holzzaun an der Rückseite angebracht. Viktorianische Gartenmöbel standen herum, daneben noch mehr Blumenbeete mit der Art Blumen, die im Schatten blühen. Ich ging in dem dunklen Garten umher, in dem eine zweite, noch größere Platane stand, an deren kräftigen Ästen eine Makramee-Hängematte aufgehängt war.
    Ihr Stamm war so dick wie zwei Menschen.
    Zwei Menschen waren gegen den Stamm gelehnt.
    Das Summen wurde lauter - doch es waren keine Bienen, sondern Fliegen, ganze Schwärme von Fliegen.
    Beide Leichen waren mit einem dicken Seil an den Baum gebunden worden, auf Brusthöhe und an der Taille festgezurrt. Der Hanf war rötlich, braun und schwarz verkrustet.
    Barfüßige Leichen, Insekten, die die Regionen zwischen Fingern und Zehen auskundschafteten. Die Frau, die ein blaues geblümtes Hauskleid mit einem elastischen Kragensteg trug, war nach rechts gesackt. Durch den Gummizug war es möglich gewesen, dass sich der Stoff hatte herunterziehen lassen, ohne zu zerreißen, und entblößte das, was einmal ihre Brüste gewesen waren. Der Mörder hatte ihr das Kleid auch über die Taille hochgeschoben, ihre Knie angehoben und ihre Beine gespreizt. Überall waren Wunden, dieselben schwarzroten Kleckse auf ihrer Haut und ihrer Kleidung und Rinnsale auf ihren Oberschenkeln. An

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