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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Rekorder ein und sagte: »Wie haben Sie ihn kennen gelernt, Sir?«
    »Tut mir Leid, aber mir gefällt das nicht«, sagte ich, und das war bei weitem nicht das Einzige, das mir Leid tat. Vor wenigen Augenblicken war ich so weit gewesen, mich auf Michael Burke als den wahren Dr. Death zu konzentrieren. Wenn Fusco gelogen hatte, was wurde dann aus diesem Szenario?
    »Wo liegt das Problem, Sir?«, fragte Agent Donovan.
    »Dass ich mit Ihnen rede und unser Gespräch aufgezeichnet wird, ohne dass ich mir ein genaues Bild machen konnte. Ich habe einige Zeit mit Fusco gesprochen. Ich muss wissen, mit wem ich es zu tun hatte.«
    Sie wechselten einen weiteren Blick. Mary Donovans Mundwinkel hoben sich erneut, und sie schlug ein Bein über das andere, was ein leises kratzendes Geräusch hervorrief.
    Ihre Beine waren kurz, aber wohlgeformt. Die Waden einer Läuferin in hauchdünnen Strümpfen. Mark Bratz erlaubte sich einen verstohlenen Blick darauf, als hätte er sie noch nicht allzu häufig gesehen. Ich fragte mich, wie lange sie wohl schon Partner waren.
    »Das ist nur recht und billig, Sir«, sagte sie auf einmal fröhlich. Sie warf ihr Haar nach hinten, das sich jedoch kaum bewegte, und stellte die Beine nebeneinander. Gleichzeitig rückte sie ein wenig näher. Ich musste unwillkürlich an ein FBI-Seminar denken. Stellen Sie mit allen geeigneten Mitteln eine Beziehung zum Subjekt her. »Aber lassen Sie mich zuerst ein wenig spekulieren, wie Sie ihn kennen gelernt haben: Er hat sich bei Detective Sturgis gemeldet und um ein Treffen mit Ihnen gebeten, um einen Mord zu erörtern - höchstwahrscheinlich den an Dr. Mate -, weil Sie der psychologische Berater in diesem Fall sind. Er hat Ihnen erzählt, dass er weiß, wer der Mörder ist.« Sie entblößte eine beachtliche Menge an Zähnen. »Wie mache ich mich bis jetzt?«
    »Sehr gut«, sagte ich.
    »Michael Burke«, sagte Bratz. »Er wollte, dass Sie an Dr. Michael Burke glauben.«
    »Ist Burke eine Fiktion?«
    Bratz zuckte mit den Schultern. »Sagen wir einfach, Dr. Fusco ist besessen.«
    »Von Burke?«
    »Von der Idee Burkes«, sagte Mary Donovan.
    »Wollen Sie damit sagen, er hat Burke erfunden?«
    Sie warf einen Blick auf den Rekorder, dann stellte sie ihn ab. »Okay, hier ist die ganze Geschichte, aber wir bestehen darauf, dass Sie sie vertraulich behandeln. Agent Fusco hat eine ehrenvolle Laufbahn beim Bureau hinter sich. Mehrere Jahre gehörte er dem Büro in Midtown Manhattan als Direktor für Verhaltensforschung an. Vor fünf Jahren starb seine Frau - an Brustkrebs -, und er blieb als allein erziehender Vater seiner vierzehnjährigen Tochter Victoria zurück. Mrs. Fuscos Tod war aus dem Grund besonders schmerzhaft für ihn, weil bei Victoria ebenfalls Krebs diagnostiziert worden war. Das war mehrere Jahre zuvor, als sie noch ein Kleinkind war. Knochenkrebs, sie wurde im Sloan-Kettering behandelt und offenbar geheilt. Kurz nachdem seine Frau verstorben war, beantragte Fusco eine Versetzung mit der Begründung, er wolle Victoria in einer ruhigeren Umgebung großziehen. Man fand im Büro in Buffalo einen Verwaltungsposten für ihn, und er kaufte ein Haus in der Nähe des Lake Erie.«
    »Das hat er nicht seiner Karriere wegen getan«, sagte ich. »Sondern nur für das Mädchen.«
    Mary Donovan nickte. »Zwei Jahre lang schien alles gut zu gehen, dann wurde das Mädchen wieder krank, damals war sie sechzehn. Leukämie. Offenbar von der radioaktiven Strahlung verursacht, mit der sie Jahre zuvor gegen den Knochenkrebs behandelt worden war.«
    »Sekundärer Tumor«, sagte ich. So etwas war selten, aber nicht minder tragisch; ich hatte derartige Fälle schon am Western Peds gesehen.
    »Genau. Agent Fusco brachte Victoria zu einer erneuten Behandlung nach New York ans Sloan-Kettering. Es kam zu einer ersten Besserung, dann folgte ein Rückfall, schließlich eine weitere Chemotherapie, wodurch sich ihr Zustand allerdings nur teilweise besserte. Sie wurde allmählich schwächer, probierte einige Medikamente aus, die noch im Versuchsstadium waren, woraufhin es ihr besser ging, sie aber noch schwächer wurde. Agent Fusco beschloss, ihre Behandlung näher an seinem Wohnsitz fortzusetzen, in einem Krankenhaus in Buffalo. Das Ziel war, ihre Konstitution so weit zu kräftigen, dass man eine Knockenmarkstransplantation in New York durchführen konnte. Eine Zeit lang ging es ihr immer besser, aber dann bekam sie eine Lungenentzündung, weil die Chemotherapie ihr Immunsystem geschwächt

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