Gnosis
analysieren?»
«Ich habe mich geirrt.»
«Was soll das heißen: Sie haben sich geirrt?»
«Na ja, ich hab mich einfach geirrt.»
Samantha starrte den Doktor an. Dietrich mochte zerstreut sein, aber wenn es um die Wissenschaft ging, war er bisher immer extrem entschlussfreudig gewesen. Es kam ihr vor, als hätte sich sein Charakter von heute auf morgen …
Verdammt!
Samantha zog ihren Revolver aus dem Schulterholster unter ihrem Blazer und richtete ihn auf Dietrichs Kopf.
«Knöpfen Sie Ihr Hemd auf.»
«Was?» Dietrich trat zurück und hob die Hände. «Was haben Sie denn?»
«Knöpfen Sie Ihr Hemd auf.»
Samantha schluckte. Sie wollte ihn nicht erschießen, aber wenn er keine Kette mehr um den Hals trug, blieb ihr nichts anderes übrig. Und dann musste sie herausfinden, wer ihn im Griff hatte – Jill oder Laszlo.
Dietrich trat noch einen Schritt zurück. «Aber …»
«TUN SIE ES!», schrie Samantha. Ihre Nerven lagen blank.
«Okay, okay», sagte Dietrich. Langsam ließ er seine Hände sinken und begann, sein Hemd aufzuknöpfen. Nachdem er den dritten Knopf geöffnet hatte, schob er den verschwitzten Stoff beiseite, sodass darunter am Hals eine schmale Silberkette sichtbar wurde. «Suchen Sie das hier?»
Samantha atmete aus. Sie sicherte ihre Waffe und steckte sie weg. «Tut mir leid, ich dachte …»
«Ich weiß, was Sie dachten», sagte Dietrich, und seine Stimme bebte vor Wut. «Aber ich versichere Ihnen, dass ich absolut Herr meiner Sinne bin.»
«Das sehe ich jetzt auch», sagte Samantha. Instinktiv griff sie nach ihrer eigenen Kette. Sie war da, hart und warm auf ihrer Haut. «Wenn Laszlo bis Freitag niemand Neues findet, will ich, dass Dr. Joo eine volle Testreihe fährt.»
«Ich werde die nötigen Vorbereitungen treffen.»
«Also dann, gute Nacht.»
Als Samantha das Labor verließ, überlegte sie …
Was wäre, wenn die Ketten nicht mehr funktionierten? Was würde dann passieren?
Eiskalt lief es ihr über den Rücken. Nein. Dietrich hatte die Ketten unter zahllosen Voraussetzungen getestet, und eine Fehlfunktion war schlicht unmöglich. Magnetfelder hörten nicht plötzlich auf zu wirken, sofern sich nicht die Gesetze der Physik änderten. Sie war nur paranoid.
Trotzdem war sie froh, dass sie eine geladene Waffe bei sich trug. Noch hatte sie niemanden erschossen, aber es würde ihr vermutlich kein größeres Problem bereiten. Dennoch beschloss sie, vor ihrem Quartier zwei Wachen aufzustellen.
Für alle Fälle.
Als Zinser draußen war, sank Dietrich auf seinem Stuhl in sich zusammen. Das war knapp gewesen. Gut, dass Laszlo ihm aufgetragen hatte, zur Tarnung eine entmagnetisierte Kette zu tragen. Wenn nicht …
Ein Schauer durchfuhr Dietrich, und er war froh, dass alles bald vorbei sein sollte. Er wusste nicht, was er nach der Flucht tun würde, aber es war ihm auch egal. Er wollte nur nicht mehr dauernd so schreckliche Angst haben.
Er schlief kaum noch, und wenn doch, bescherte ihm seine Phantasie die grauenhaftesten Albträume, die er je hatte. Jede Nacht wachte er schreiend auf, schweißnass. Einmal hatte er sich vor Angst sogar in die Hosen gemacht.
Der Umstand, dass er nichts essen konnte, verschlimmerte alles nur noch. Seit einer Woche hatte er kein Essen mehr bei sich behalten. Letzten Dienstag hatte er es mit einem Apfel versucht, aber nur drei Bissen geschafft, bevor er sich übergab. Seitdem hatte er nur noch Wasser trinken können, und selbst davon wurde ihm schlecht.
Einzig die Gewissheit, dass er ein Licht am Ende des Tunnels sah, hielt ihn bei Verstand. Und jetzt war er dem Licht schon etwas näher. Laszlo würde flüchten müssen, bevor Joo seine Tests durchführte, was bedeutete, dass der Zeitplan gestrafft werden musste.
Dietrich schloss die Tür ab, setzte sich auf die Couch und legte die Decke um seine Schultern. Obwohl er sie schon zweimal gewaschen hatte, roch sie immer noch leicht nach Urin. Es war ihm egal. Solange Laszlo ihn lenkte, würde er ohnehin keine Ruhe finden.
Tom kam kurz vor dem Schichtwechsel um fünf Uhr früh in Laszlos Zimmer. Er holte einen durchsichtigen Plastikbeutel aus der Tasche und warf ihn aufs Bett – darin befand sich ein Knäuel von Silberketten.
«Ich habe ihnen gesagt, dass ihre Ketten nicht mehr wirken und dass die Kinder sie heimlich manipulieren», meldete der Soldat. «Dann habe ich ihnen die Ersatzketten gegeben. Im selben Moment waren alle total glücklich und entspannt.»
«Gut», sagte Laszlo. Er dachte
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