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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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Augen fest zusammen. Und dann – hinter den geschlossenen Augenlidern, erkannte sie, welchen Weg sie nach jener furchtbaren Nacht eingeschlagen hatte.
    Sie war nie eine Heilige gewesen, doch nach der Vergewaltigung … veränderte sie sich. Sie wurde kalt, dachte immer zuerst an sich, vertraute niemandem mehr. Sie verletzte die Menschen, die sie liebte, wenn sie ihr zu nahe kamen. Sex war nichts als ein Mittel zum Zweck.
    Immer hatte sie versucht, sich einzureden, dass sie die Vergewaltigung verarbeitet hatte, dass sie dadurch sogar stärker geworden war, dass die neugewonnene Kraft ihren Erfolg beschleunigt hätte.
    Und doch … sie kam nie darüber hinweg. Was sie auch tat – sie konnte doch nie ungeschehen machen, was Danny ihr angetan hatte. Diese eine Nacht hatte sie gebrochen und alles zerstört. So, dass sie allein war. Einsam. Es gab keinen «guten Grund» für das, was ihr angetan worden war.
    Was hatte das alles zu bedeuten? Wenn Gott es zugelassen hatte, dann …
    «Wenn er nicht vollkommen ist …», sagte Susan laut, als ihr die Erkenntnis kam, «… dann ist Gott nicht Gott.»
    Valentinus blieb stehen und sah sie an.
    «Aber …», Susan schwieg einen Moment, «… wenn Gott nicht Gott ist, was ist er dann?»
    «Ein Irrtum», sagte Valentinus mit einer Geste, als vertriebe er eine Fliege. «Nur ein Abkömmling.»
    «Ein Abkömmling von wem?»
    «Dem wahren Gott.»

KAPITEL 5
31. DEZEMBER 2007 – 00:05 UHR (23 STUNDEN, 55 MINUTEN BIS ZUR NACHT DES JÜNGSTEN GERICHTS)
     
     
    Der Killer – ein kahler Ed Norton – rollte seinen Kopf zur Seite und schlug die Augen auf. Als er das blutbefleckte Laken sah, unter dem sein Kamerad lag, stöhnte er auf.
    «Er hat mich zurückgelassen», sagte Norton bitter. In seiner Stimme schwang Neid mit. «Sein göttlicher Funke ist nun beim Einzig Wahren Gott.» Und dann, als er Laszlo sah: «Ich wünschte, ich hätte den Archon getötet.»
    Winters Hand zuckte und traf den Mann laut und vernehmlich im Gesicht. Nortons Kopf flog seitwärts. Mit der Faust holte sie noch einmal aus, doch Elijah fing sie ab. Augenblicklich explodierte in seinem Kopf grellweißer Zorn. Er wusste zwar, dass es Winters Zorn war, nicht seiner, aber das änderte nichts daran, wie ihm zumute war: Er hätte jemanden ermorden können.
    Elijah fuhr herum und packte den Killer mit beiden Händen bei der Kehle. Doch als er Nortons Haut berührte, wurde er von eklig grüner Angst übermannt. Er riss seine Hände zurück, der grelle Schrecken verflog und ließ nur Beklemmung zurück.
    «Scheiße!», keuchte Elijah.
    «Das war ich, oder?», fragte Winter. «Du hast ihn gewürgt, weil mir danach zumute war.»
    «Ja», sagte Elijah und verschränkte die Hände, um nichts Unbedachtes zu tun. «Und als ich ihn dann berührt habe …»
    Endlich begriff Elijah. Hätte er die Kette nie getragen, hätte er lernen können, seine Gabe zu beherrschen. Stattdessen hatte er sich sein Leben lang davor gefürchtet, einen Bürgersteig zu betreten oder einen anderen Menschen zu berühren.
    Nur wegen Laszlo Kuehl.
    «Ist alles in Ordnung?», fragte Winter.
    «Ja», log Elijah.
    Er sah Norton an. Langsam streckte er eine Hand aus und berührte den Hals des Mannes. Sofort übertrugen sich seine Emotionen auf Elijah. Er hatte gedacht, der Killer hätte Angst, aber er sah nur hellblaue Reue und Neid.
    «Wer hat Sie geschickt?», fragte Winter. «Valentinus?»
    Der Glatzkopf reagierte nicht, aber Elijah brauchte keine Antwort. Bei der bloßen Erwähnung des Namens durchfuhr den Mann ein heller Blitz der Liebe. Elijah sah zu Winter und nickte.
    «Warum wollte er, dass Laszlo stirbt?», fragte Winter.
    «Er war ein Emissär des Demiurgos.»
    «Von wem?»
    «Von Demiurgos, dem Halbwahren, dem falschen Schöpfergott, an den ihr glaubt.» Der Mann schwieg einen Moment. «Aber er konnte Laszlo nicht retten. Und auch den anderen Archon wird er nicht retten können.»
    Elijahs Herz setzte kurz aus. «Darian.»
     
    Der Gedanke, seine Kette abzunehmen, machte Elijah Angst, aber er hatte keine Wahl. Darian hatte ihm das Leben gerettet. Wenn er ihr helfen konnte, musste er es tun.
    Er versuchte, sich zu sammeln. Und als müsste er noch einmal an den Ernst der Lage erinnert werden, fiel sein Blick auf die blutigen Laken. Er musste überlegen. Was hatte Laszlo gesagt?
    Elijah hob einen umgekippten Stuhl auf und stellte ihn vor die Couch. «Setz dich!»
    Winter sank auf das rote Lederpolster. Elijah nahm ihr gegenüber Platz. Sie saßen

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