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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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Beispiel die Klasse von Mr. Kuehl. Bei Mr. Kuehl war Elijah nicht so nervös. Und wenn Mr. Kuehl ihn aufrief (was er fast jeden Tag tat), erstarrte Elijah nicht wie sonst.
    Dennoch war Elijah erleichtert, als Mr. Kuehl diesen landesweiten Pflichttest ankündigte. Nachdem er allerdings das Siegel des Heftes aufgerissen hatte, wurde ihm ganz anders.
     
    Wählen Sie die Farbe, die am besten mit folgenden Emotionen korrespondiert:
     
    1. Zorn  

     
    Der Bleistift entglitt Elijahs feuchten Fingern und fiel klappernd auf den Boden.
    Als er sich bückte, um ihn aufzuheben, warf Elijah einen Blick in die Runde, um zu sehen, ob irgendwer ähnlich reagierte. Abgesehen von allgemeiner Ratlosigkeit, unschwer zu erkennen am Kopfkratzen und gelangweilten Herumspielen mit dem Radiergummi, konnte er nichts feststellen. Keinem ging es wie ihm. Kein anderer war wie vom Donner gerührt.
    Er sah sich den Test noch einmal an. Wie konnte jemand eine solche Frage stellen?
    Weil sie Bescheid wissen, deshalb. Und wenn sie es wissen, dann …
    «Ich bin nicht allein», murmelte Elijah.
    «Wie meinten Sie, Mr. Cohen?», sagte Mr. Kuehl und sah von seinem Pult herüber. Alle Blicke waren auf Elijah gerichtet.
    «N-n-nichts», sagte Elijah und senkte den Blick. «Entschuldigung.»
    «Wenn nichts war, ist auch nichts gewesen», sagte Mr. Kuehl. «Und jetzt konzentrieren sich alle wieder auf ihre Arbeit.»
    Es raschelte leise, als sich die anderen umdrehten, und Elijah atmete auf, denn er war froh, dass man ihn nicht mehr beachtete. Er las die Frage noch einmal. Bevor er es sich anders überlegen konnte, malte er den Kreis neben der korrekten Antwort aus.
    Violett.
     
    Winter Xu begriff erst, was Elijah gemeint hatte, als sie zum zweiten Teil der Prüfung kam. Der erste Teil mit den Farben war ihr lächerlich vorgekommen. Achselzuckend hatte sie aus dem Bauch heraus entschieden.
    Während sie die verschiedenen Fragen las, versuchte sie, sich dabei etwas bildlich vorzustellen. Eine schwarze Wolke für den Zorn. Einen Smiley für Glücksgefühle. Ein rotes Herz für die Liebe. Sie kreuzte die entsprechenden Kreise an und fragte sich, worauf um alles in der Welt sie hier eigentlich getestet wurden.
    Als sie dann jedoch zum zweiten Teil kam, lief es ihr plötzlich kalt über den Rücken. Ihr wurde schwindlig, sie blickte auf und starrte Elijah Cohens Hinterkopf an. Sein gewelltes Haar war feuerrot, was ihm den Spitznamen Bozo the Brain eingebracht hatte. Sie machte nie mit, wenn die anderen auf ihm herumhackten, aber sie verstand, warum sie es taten. Dürr, wie er war, außerdem schien er immer zu schwitzen, und er stotterte.
    Obwohl sie noch nie miteinander gesprochen hatten, weckte Elijah ihren Beschützerinstinkt – wie ein verletztes Hündchen. Allerdings hatte sie nie das Gefühl gehabt, zwischen ihnen bestünde eine Verbindung. Bis zu dem Augenblick, als sie zur Seite 7 blätterte und an seinen erstickten Ausruf denken musste.
    Ich bin nicht allein.
    Anfangs hatte Winter es darauf geschoben, dass Elijah Cohen eben wunderlich war. Nun jedoch, als sie die Frage Nr. 25 vor sich sah, ging es ihr ähnlich. Zwar hätte niemand geglaubt, dass das beliebteste Mädchen der ganzen Schule sich je allein fühlte. Und doch war es so.
     
    «Stimmen diese Ergebnisse?»
    «Ich habe sie höchstpersönlich überprüft. Beide sind in derselben Klasse. Begabtenförderung in New York.»
    «Wie wurden sie ausgewählt?»
    «218 Kinder mit einem IQ über 145 wurden von einem Lehrer des Förderprogramms für seine Klasse befragt.»
    «Wie heißt er?»
    «Laszlo Kuehl.»
    «Holen Sie Darian rauf. Sofort.»

KAPITEL 3
     
     
    Möglicherweise wäre Jill fromm geblieben, wäre da nicht Schwester Christina gewesen. Christina war alles, was Jill nicht war – blond, hübsch und weiblich, mit großen, runden Brüsten und einem atemberaubenden Hintern, den nicht mal ihr dunkler Habit verbergen konnte. Jill war vom ersten Moment an in Christina vernarrt gewesen, als diese ihren Unterricht am St. John’s begann.
    Selbst ohne Make-up und obwohl man von ihrem Haar fast nichts sehen konnte, war sie doch die weiblichste Frau, die Jill jemals gesehen hatte. Doch nicht nur ihr Aussehen faszinierte Jill. Es lag daran, wie sie sich anfühlte – voll rosenroter Freude und türkiser Heiterkeit.
    Jill tat alles, um ihre Sehnsucht zu leugnen, aber immer schlich Schwester Christina sich in ihre Gedanken und beherrschte alles, was Jill durch den Kopf ging. Nachts war es am

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