Go vegan!: Warum wir ohne tierische Produkte glücklicher und besser leben (German Edition)
verwenden müssen. Darüber hinaus gibt es vonseiten der Biozertifizierung keine Einschränkung. Ich kenne keine offiziellen Zahlen, aber nach dem, was ich so von meinen Kollegen höre, würde ich annehmen, dass mehr als die Hälfte aller Winzer hier in der Region mit Gelatine klärt. In anderen Weinbauregionen ist das vermutlich nicht anders. Es ist ebenfalls üblich, wenn auch seltener, Milchpulver und Eiweiß zur Geschmacksabrundung zu verwenden. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass das in Zukunft zurückgehen wird. Ab der Ernte des Jahres 2013 müssen nach EU-Recht allergene Stoffe deklariert werden und da gehören Kasein und Hühnerei dazu. Nur die Gelatine-Anwendung muss man nach wie vor nicht auf das Etikett schreiben.
Fruchtsäfte
Für Fruchtsäfte wird oft dasselbe Klärungsverfahren mithilfe von Gelatine angewendet wie für Wein. Umfangreiche Anfragen bei Herstellern haben gezeigt, dass die allermeisten klaren Fruchtsäfte, ebenso wie Limonaden und Eistee, die klaren Fruchtsaft enthalten, unter Verwendung von Gelatine geklärt wurden. Naturtrübe Säfte dagegen sind meist ungeklärt. Auch Essig, der ja aus Wein hergestellt wird, und Bier, das keinem Reinheitsgebot entspricht, können mithilfe von Gelatine geklärt sein.
Gelatine wird in der Regel aus dem Bindegewebe von Haut und Knochen von Schweinen und Rindern, aber auch von Geflügel und Fischen gewonnen. In Europa verwendete Speisegelatine wird gemäß brancheninternen Angaben zu etwa 70 Prozent aus Schweineschwarten hergestellt. 18 Prozent der Gelatine werden aus Tierknochen gewonnen und weitere zehn Prozent aus Häuten. In der Kellerwirtschaft kommt oft Fischgelatine zum Einsatz.
Generell werden tierische Inhaltsstoffe sowohl dem Weißwein als auch dem Rotwein zugefügt. Allerdings kommt das bei Weißwein häufiger vor, weil Rotwein meist ohnehin länger lagert und deswegen nicht so stark geklärt werden muss. In der Regel gesteht man Rotwein eine Reifezeit von mindestens einem Jahr zu, bis er in die Flaschen kommt. Weißwein ist auf dem Markt jung, frisch und fruchtig gefragt und wird deshalb oft schon im Winter nach der Ernte abgefüllt. Die Winzer sind also unter Zeitdruck. Das hat auch mit den Jahrgangsschwankungen zu tun. In den Jahren 2010 und 2011 hatten wir naturbedingt sehr kleine Ernten. Wenn das Lager und die Kasse leer sind, muss man zusehen, dass man schnell wieder etwas zu verkaufen hat. Dann bedienen sich viele Weinbauern der Gelatine als Hilfsmittel. Auch Sekt, Prosecco und Champagner sowie die meisten Fruchtsäfte werden mithilfe von Gelatine geklärt.
Ich kläre meinen Weißwein in solchen Fällen mechanisch mit einem Filter. Das kann man sich in etwa wie einen Kaffeefilter vorstellen, nur viel größer. Der Wein wird durch Filterplatten mit unterschiedlicher Stärke gepumpt, welche die Trubstoffe zurückhalten. Das bedeutet mehr Arbeitsaufwand und für den Wein ist es auch eine Strapaze, die man ihm unmittelbar nach der Filtration anschmeckt. Man sagt, der Wein ist füllkrank, weil das bei der Abfüllung in die Flaschen passiert. Aber innerhalb weniger Wochen erholt sich der Wein und bekommt seinen ursprünglichen Geschmack zurück.
Zu Beginn erhielten wir nur vereinzelt Anfragen nach veganem Wein, aber seit ein oder zwei Jahren werden es immer mehr. Seit uns ein Kunde in einem Internetforum erwähnt hat, bekomme ich immer häufiger Bestellungen von Kunden, die explizit nach veganem Wein suchen. Seit dem Sommer 2013 ist unser Wein sogar im Sortiment einer veganen Supermarktkette in Berlin vertreten. Ich könnte mir vorstellen, dass die Nachfrage weiter zunehmen wird. Die Menschen machen sich immer mehr Gedanken darüber, was sie essen und trinken, wie diese Lebensmittel hergestellt sind und was sie beinhalten. Das ist ein deutlicher Trend, den ich sehr begrüße.
Klaus Wolf, Jahrgang 1960, ist Winzermeister. Seit 1984 bewirtschaftet er das elterliche Weingut, den Isegrim-Hof im rheinland-pfälzischen Bad Dürkheim, als zertifizierten Bioland-Betrieb. Seine Familie ernährt sich überwiegend vegetarisch.
Die Welt global verstehen
18 Prozent der weltweiten Emissionen des Treibhausgases CO2 stammen laut der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) aus der Landwirtschaft, also aus der Produktion von Fleisch, Milchprodukten und Eiern. 18 Prozent! Das ist erheblich mehr als die Emissionen, die der weltweite Verkehr mit Autos, Eisenbahnen, Schiffen und Flugzeugen verursacht. Damit belastet die
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