Go vegan!: Warum wir ohne tierische Produkte glücklicher und besser leben (German Edition)
setzen. Wir wollten möglichst klimaschonend und mit so geringem Ressourcenverbrauch wie möglich nach Mexiko gelangen und damit zeigen, wie wenig der Mensch eigentlich braucht, um seine Träume zu verwirklichen und glücklich zu sein. Also kamen wir auf die Idee, nach Mexiko zu trampen. Und um auf die allgegenwärtige Verschwendung und die Probleme aufmerksam zu machen, die durch das kranke Finanzwesen überhaupt erst entstehen, beschlossen wir, auch ohne Geld auf Reisen zu gehen.
Wir wollten deutlich machen, dass uns Geld oft eher blockiert und limitiert, statt uns zu befreien, wie viele Menschen denken. Denn um Geld zu verdienen und um sich materielle Wünsche zu erfüllen, gehen viele Menschen einer Arbeit nach, die ihnen kaum noch Zeit für die Verwirklichung ihrer Träume lässt. Wie oft hört man jemanden sagen: »Wenn ich nicht arbeiten müsste, würde ich dies oder jenes tun. Aber ich habe leider keine Zeit.« Oder: »Ich würde so gerne, aber ich kann es mir leider nicht leisten.« Das Herz bleibt dabei oft ein bisschen leer. Wir wollten zeigen, dass das nicht so sein muss.
Unsere Reise nach Mexiko dauerte insgesamt elf Monate und führte uns durch Europa, dann nach Marokko und in die Westsahara. Von dort aus setzten wir mit einem Segelboot auf die Kanarischen Inseln und dann auf die Kapverdischen Inseln über. Danach ging es per Boot nach Brasilien und von da aus nach Französisch-Guayana, Surinam, Guyana, wo meine heutige Frau Nieves zu uns stieß, und weiter durch Venezuela und Kolumbien sowie durch ganz Zentralamerika bis nach Mexiko. Insgesamt haben wir auf der Reise auf dem Land- und Seeweg 32 000 Kilometer zurückgelegt. Wir waren hauptsächlich mit Leuten unterwegs, die uns in ihrem Wagen oder Lkw mitnahmen, oder mit dem Schiff, auf Fähren oder kleinen Booten, deren Besitzer uns über einen Fluss brachten. Ernährt haben wir uns von abgelaufenen, aber noch genießbaren Lebensmitteln, die wir in den Containern hinter Supermärkten fanden. Wir wurden auch oft zum Essen eingeladen. Geschlafen haben wir unter freiem Himmel, zum Beispiel bei der freiwilligen Feuerwehr oder in Kindergärten und Schulen. Wir haben immer Plätze gesucht, an denen wir uns sicher fühlten und an denen wir die Menschen nicht in Versuchung brachten, uns etwas zu stehlen. Die freiwillige Feuerwehr ist eine wirklich gute Adresse. Es ist immer jemand da, weil das Haus für den Notfall besetzt sein muss, und wir wurden stets sehr freundlich aufgenommen.
Unser Plan, gänzlich ohne Geld auszukommen, hat sehr gut funktioniert. Wir sind den Menschen mit viel Freude und Offenheit gegenübergetreten und haben das Gute in ihnen gesehen und gesät, stets mit einem Lächeln, aber ohne Erwartungshaltung. Wenn wir an einem Marktstand oder in einem Restaurant waren, haben wir nicht nach Essen gefragt, sondern nach Lebensmitteln, die nicht mehr verkauft werden können, und haben erklärt, warum wir eine Reise ohne Geld machen und was wir damit bezwecken wollen. Die Menschen sind uns sehr herzlich begegnet, wir haben nie hungern müssen und wir haben auch fast immer einen Schlafplatz gefunden.
In Costa Rica beschloss ich dann, den letzten Schritt zu gehen und mich nicht mehr nur vegetarisch, sondern vegan zu ernähren. Ich wollte mir endlich selbst treu sein. Schon einige Zeit zuvor hatte ich den Film Earthlings gesehen und wusste eigentlich, dass auch Milchprodukte und Eier unter Bedingungen produziert werden, die ich nicht gutheißen kann. Diesen Konflikt hatte ich die ganze Zeit über im Kopf. Ich besaß die Information und das Mitgefühl, aber irgendwie war ich einfach zu schwach, das umzusetzen. Ich dachte immer: »Nee, ich bin auf einer Reise ohne Geld und da kann ich mich gar nicht ausgewogen ernähren, wenn ich so eingeschränkt bin. Das mache ich dann, wenn ich es mir wieder aussuchen kann.« Irgendwann habe ich mich selbst durchschaut und erkannt, dass das nur Ausreden waren.
Ich denke, das ist ein Gefühl, das sehr viele Menschen kennen: Man weiß, was richtig wäre, schafft es aber nicht, sich aus den kulturellen Prägungen, mit denen man aufgewachsen ist, zu lösen. In Europa und fast allen anderen Ländern der Welt ist es normal, Tiere zu essen, genauso wie es für uns normal ist, Deutsch zu sprechen und ältere Menschen, die wir nicht kennen, zu siezen. Das wurde uns von klein auf beigebracht. Irgendwann habe ich begriffen, dass das alles nur konditionierte Verhaltensweisen sind, die mit meinem eigentlichen Sein gar nichts
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