Go vegan!: Warum wir ohne tierische Produkte glücklicher und besser leben (German Edition)
Universität Berlin, ist Buchautor und gilt als der bekannteste Vegan-Koch Deutschlands.
Die vegane Revolution
E s gibt kaum eine gesellschaftspolitische Idee, der es gelungen ist, in so kurzer Zeit den Mainstream zu erobern wie der Veganismus. Dass das so schnell und mit dieser Vehemenz gelungen ist, ist der Postmoderne – der Zeit, in der wir leben – zuzuschreiben. Denn mit der Postmoderne haben wir uns eine neue Kulturtechnik erschlossen, die unsere heutige Kommunikation nachhaltig prägt: das Internet und Web-2.0-Anwendungen, also die Möglichkeit, nicht mehr nur Inhalte einseitig aus dem Internet zu konsumieren, sondern diese über soziale Netzwerke, Blogs, Twitter und YouTube auch selbst mitzugestalten. Einen großen Anteil an dieser Entwicklung haben onlinebasierte Computerspiele, die schon sehr früh die Möglichkeit schufen, sich mit anderen Spielern weltweit zu vernetzen, gemeinsam innerhalb der virtuellen Spielewelt zu agieren und so die Entwicklung in dieser Welt mitzugestalten und zu verändern.
Wenn ich »wir« sage, stimmt das eigentlich nicht, denn es sind im Moment in erster Linie die Jugendlichen, die diese neue Kulturtechnik für sich erschlossen haben, die Generation der sogenannten Digital Natives. Die technische Entwicklung in diesem Bereich ist wahnsinnig schnell vorangeschritten. Man muss sich vergegenwärtigen: Erst mit der kommerziellen Verbreitung der E-Mail Anfang der 1990er und durchgreifend dann seit Mitte der 1990er Jahre mit dem World Wide Web etablierte sich das Internet zunehmend als Standard für die Verbreitung von Informationen jeder Art. Wir sprechen also über einen Zeitraum von gerade mal 20 Jahren. Wer damit nicht aufgewachsen ist, tat und tut sich schwer, mitzuhalten und zu verstehen, wie sich die Kommunikation zwischen jungen Menschen verändert hat.
Damit geht eine bedeutende kulturelle Revolution einher: Über einen sehr langen Zeitraum war Wissen etwas, was in erster Linie von Erwachsenen an Kinder und Jugendliche weitergegeben wurde. In Bezug auf neue Techniken ist es heute aber genau andersherum: Schüler bringen Lehrern bei, wie man mit dem Computer umgeht und wie man sich in sozialen Netzwerken bewegt oder wie man bestimmte technische Geräte nutzt. Die Richtung der Wissensweitergabe hat sich in diesem Punkt um 180 Grad gedreht.
Wichtig ist aber auch, dass sich schon Kinder Weltwissen aneignen können, indem sie im Internet mit allen nur denkbaren Inhalten konfrontiert werden und auch danach suchen können. So treffen Kinder beim Wegklicken eine eigenständige Entscheidung darüber, was sie wissen wollen, weil es sie interessiert, und was sie nicht wissen wollen, weil es sie nicht interessiert. Insofern haben sie heute einen sehr viel größeren Entscheidungsspielraum, als das früher der Fall war. Bevor es das Internet gab, waren es die Lehrer in der Schule, die Eltern oder die Medien wie Radio und Fernsehen, die darüber entschieden, welche Informationen vermittelt werden und welche nicht. Heute kommt zu diesen Anbietern das Internet mit seiner unendlichen Fülle an Informationen zu allen Themen hinzu, die rund um die Uhr abrufbar sind.
Das Konzept des Veganismus gibt es nun schon eine ganze Weile. Die britische Vegan Society erfand den Begriff »vegan« bereits 1944. In den 1970er und 1980er Jahren fand vor allem in der Straight-Edge-Szene, aber auch in der linksautonomen Szene eine Auseinandersetzung mit dem Konzept des Veganismus statt. Die Idee hat entscheidend dazu beigetragen, dass der sogenannte Triple-Oppression-Ansatz weiterentwickelt wurde. Dieser Ansatz geht von drei verschiedenen Ursachen von Unterdrückung aus: der Unterdrückung aufgrund der »Rasse«, der Klasse und des Geschlechts. Mit dem Veganismus kam noch eine vierte Ursache hinzu, die Unterdrückung aufgrund der Spezies. Als ich Ende der 1980er Jahre in einem Jugendclub arbeitete, wurde ich das erste Mal mit dem Veganismus konfrontiert. Jugendliche Musiker, die der Straight-Edge-Szene angehörten, stellten auf Konzerten ihren Lebensentwurf vor: keine Unterdrückung, keine Drogen, kein ausufernder Sex, keine berauschenden Substanzen wie Koffein – und oftmals auch keine tierischen Produkte.
Als ich dann mein Studium aufnahm und mein politisches Engagement verstärkte, habe ich das Thema Veganismus in der linksradikalen, autonomen und antifaschistischen Bewegung wieder angetroffen. Dort haben wir uns intensiv mit den verschiedenen Unterdrückungsverhältnissen, die unsere Welt
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