Go West - Reise duch die USA
können, den Wirtsbaum umschlingen und ihm schließlich die Luft abdrücken. Das sind pflanzliche Parasiten, die, einmal in ein Ökosystem eingebracht, es vollkommen umkippen lassen können.«
»Ich verstehe das nicht«, sagte Gina. »Warum machen die Menschen solche Fehler?«
»Das verstehe ich auch nicht«, entgegnete Tom. »Meist geht es um Geld. Wenn du mit Pfeffer Geld verdienen kannst, baust du halt Pfeffer an. Deswegen bin ich übrigens Ranger geworden«, erklärte er. »Dann kann ich ein bisschen was dazu beitragen, dass wir die glades noch eine Weile erhalten können. Wenn ihr übermorgen auf die Keys fahrt, werden euch sicher auch die Mangroven auffallen. Wisst ihr, wie sie sich vermehren?«
Wir schüttelten den Kopf.
»Na ja, wie andere Pflanzen auch haben sie natürlich Samen. Aber die Mangroven wachsen im Wasser, daher müssen sie irgendwie sehen, dass ihre Samen nicht weggeschwemmt werden. Also haben sie sich gedacht, bauen wir halt kleine Pfeile und schießen sie ins Wasser!«
Ich schaute ihn ratlos an. »Sie schießen Pfeile ab?«
»Ja, und zwar ganz schön heftig. Wenn der Samen so weit ist, schießt die Mangrove ihn wie einen Pfeil ins Wasser, sodass er im Grund stecken bleibt und Wurzeln schlagen kann.«
»Dann müsste sie besser Robin-Hood-Pflanze heißen!«, meinte Liz trocken.
Wir lachten und alberten den Rest des Weges herum, bis wir wieder an unserem Ausgangspunkt angelangt waren.
»Danke, Tom«, sagte Liz, als wir ihm die Hand schüttelten und uns verabschiedeten. »Wir haben viel gelernt. Wir kommen ganz bestimmt wieder.«
»Macht das«, erwiderte Tom gutmütig. »Wenn ich Zeit habe, nehme ich euch das nächste Mal mit dem airboat mit.«
»Viele Grüße an Heidi!«, rief ich, als Tom schon in seinen Pick-up gestiegen war. »Und viel Spaß auf dem Familienfest!«
Damit Tom losfahren konnte, musste Liz ihren Wagen ein gutes Stück zurücksetzen, ehe wir wenden und Tom vorbeilassen konnten. Fröhlich winkend fuhr der Ranger davon.
Eine Weile hatten wir den gleichen Weg, doch dann bog er irgendwann ab, und wir fuhren zurück in unser Motel, um uns nach diesem tollen Ausflug die Schweißkruste vom Leib zu duschen.
***
Nachdem wir uns frisch gemacht hatten, riefen wir bei Mary an, der ehemaligen Nachbarin von Liz’ Eltern, die in Marathon wohnte und im Dolphin Research Center auf Grassey Key arbeitete. Liz übernahm das Telefonat, und Gina und ich konnten regelrecht dabei zuschauen, wie Liz immer mehr strahlte. Wir bekamen zwar nur Liz’ Teil des Gesprächs mit, aber den Rest konnten wir uns zusammenreimen.
»Ja, es ist ewig her … schöne Grüße von meinen Eltern! Wann seid ihr nach Marathon gezogen? So lange schon …? Wir wollen übermorgen auf die Keys fahren … ja, klar wollen wir mit Delfinen schwimmen!« Liz hob begeistert den Daumen. Doch dann bekam ihr Gesicht einen enttäuschten Ausdruck.
»So teuer? Ach so … ja … ich verstehe. Am Montag würde es klappen?« Liz zögerte eine Sekunde, doch dann entschied sie sich. »Okay, wir machen es. So eine Gelegenheit bekommen wir ja nie wieder. Gut, danke.«
Ich blickte Liz fragend an und wollte etwas sagen, aber sie winkte ab und stellte Mary noch eine Frage: »Sag mal, kannst du uns ein Motel empfehlen? Hm … okay, super. Da rufen wir gleich an. Hab vielen Dank, Mary! Und bis Montag dann. Bye !«
»Was ist los?«, fragte ich Liz drängend. »Was ist so teuer?«
»Habt ihr Lust, mit Delfinen zu schwimmen?«, fragte unsere Freundin.
»Na klar!«
»Dann machen wir das.« Liz grinste schelmisch. »Und zwar am Montag!«
»Juchhu!«, riefen Gina und ich gleichzeitig.
»Die Sache hat allerdings einen Haken.«
»Es ist teuer?«
»Hundertneunundachtzig Dollar pro Nase.«
»Ups!« Ich schaute Gina an. »Verträgt das unser Budget noch?«
Ehe Gina antworten konnte, kam ihr Liz zuvor. »Ich hab doch schon zugesagt, ohne euch zu fragen. Ich hab das Geld von Onkel Ben. Ich weiß, dass er es mir genau für solche Dinge geschenkt hat.«
»Aber dann sind fast sechshundert Dollar nur dafür weg«, sagte ich besorgt.
»Seid ihr schon mal mit Delfinen geschwommen?«
»Nein.«
»Na also. Werdet ihr so schnell auch nicht mehr. Und ich auch nicht. Das ist etwas Tolles, und ich will es machen. Ihr seid eingeladen, basta!«
»Danke!«
»Bitte!«
»Aber dann bezahlen wir das Motel«, beschloss Gina energisch.
»Gut«, willigte Liz ein. »Aber nicht mehr als eine Nacht.«
»Zwei«, sagte ich.
»Abgemacht.« Wir schlugen ein
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