Go West - Reise duch die USA
und freuten uns wie Kinder auf die Begegnung mit den Delfinen. Da das aber erst Montag stattfinden sollte, hatten wir noch zwei Tage Zeit. Das Value Place Motel war noch für eine weitere Nacht gebucht, und so überlegten wir, was wir am Samstag und am Sonntag noch unternehmen könnten.
»Wie weit ist es bis Marathon?«, fragte Gina.
»Das sind höchstens fünfundsechzig Meilen«, sagte Liz. »Vielleicht anderthalb Stunden.«
»Dann müssen wir ja nicht so früh losfahren. Lasst uns ausschlafen und dann die Keys erkunden.«
Ich breitete die Karte auf dem Bett aus, und wir studierten den sogenannten Overseas Highway , der die Florida Keys miteinander verbindet und eine Strecke von etwa hundertdreißig Meilen umfasst, ausgehend von Homestead bis hinunter nach Key West. Der Overseas Highway ist Teil des US -1 . Er führt tatsächlich über das Meer – seht euch das mal auf einer Karte an –, und verbindet eine Kette von Inseln, die wie eine Kralle Floridas aussehen: die Florida Keys. Fährt man von Nord nach Süd, liegt links des highways der Atlantik und rechts der Golf von Mexiko. Die Straße besteht logischerweise zu einem großen Teil aus Brücken, von denen die längste die Seven Mile Bridge ist.
»Okay«, murmelte Liz. »Dann schlage ich vor, dass wir einen Stopp in Key Largo machen. Da soll es das beste Riff vor den Keys geben, man kann schnorcheln, tauchen, Boote mieten und alles Mögliche mehr.« Sie legte den Kopf schief. »Hier steht John Pennekamp Coral Reef State Park . Der liegt hauptsächlich unter Wasser. Was meint ihr?«
Wir nickten zustimmend. Ich fand sowieso alles aufregend, selbst wenn sie gesagt hätte, morgen fahren wir nach Key Buxtehude. Dann, ich weiß auch nicht warum, kam mir eine Idee.
»Wollen wir morgen früh nicht noch mal in die Everglades ? Ich meine, richtig früh, bei Sonnenaufgang?«
Gina und Liz schauten mich verdutzt an. »Ich dachte, du wolltest ausschlafen?«, fragte unsere Freundin.
»Tom hat gesagt, man sieht die meisten Tiere bei Sonnenaufgang. Hört mal … es muss traumhaft sein, bei Sonnenaufgang in den glades zu sein. Das finde ich genauso schön wie mit den Delfinen zu schwimmen. Ich möchte das einfach noch machen. Wenn ihr nicht mitkommen wollt, dann geh ich allein.«
»Du darfst nicht Auto fahren«, sagte Liz. »Ich bin dabei.«
»Und was ist mit den Alligatoren und Schlangen?«, kam es von Gina.
»Die sind morgens noch kalt«, erwiderten Liz und ich gleichzeitig. Fröhlich lachend besprachen wir, dass wir uns für den nächsten Tag den Wecker stellen und auf eigene Faust in die glades fahren würden. Für einen Moment dachte ich an Tom, was er wohl dazu sagen würde, aber ich schob den Gedanken beiseite.
»Okay, Ladies , dann lasst uns was essen und dann schlummern gehen.«
Bevor wir uns ein paar Häuser weiter eine gigantische Pizza teilten, riefen wir noch in dem Motel in Marathon an, das Mary uns empfohlen hatte, und reservierten ab Sonntag ein Zimmer für zwei Nächte. Weil wir uns auf Mary bezogen, bekamen wir es für hundert Dollar die Nacht, was durch drei geteilt ein akzeptabler Preis war, schließlich liegt das Motel traumhaft auf einer Insel direkt am Meer.
Wir gingen recht früh schlafen und stellten den Wecker auf halb fünf.
***
Wenn man etwas Abenteuerliches vorhat, macht es einem nicht viel aus, um halb fünf aufzustehen. Na ja, hätten Gina und Liz mich nicht an der Schulter gerüttelt, hätte ich wohl bis elf durchgeschlafen. Wir machten uns schnell frisch, besorgten uns an einer Tankstelle ein paar Bagels und etwas zu trinken und fuhren dann im fahlen Morgenlicht zu der Stelle, die Tom uns so vertrauensvoll gezeigt hatte. Gott sei Dank war es schon hell genug, denn im Dunkeln hätten wir den Abzweig nie gefunden.
Als wir aus dem Wagen stiegen, erwartete uns ein unglaublich schöner Anblick. In Florida müsst ihr im Sommer niemals frieren, es sei denn, ihr geht in einen Supermarkt. Morgens um sechs ist es nicht viel weniger warm als nachmittags um vier. Nur die direkte Sonneneinstrahlung fehlt, sodass es erträglicher ist. An diesem Freitagmorgen lag Dunst über den Everglades. Kein richtiger Nebel, aber milchige, wabernde Schwaden zogen über dem Boden dahin. Die teils abgestorbenen Äste der umstehenden Bäume stachen wie gruselige Gerippe aus dem Nebel hervor. Obwohl es so warm war, überkam mich eine Gänsehaut.
»Ganz schön unheimlich, oder?«, murmelte Gina.
»Hm.«
»Sandy …«, sagte Liz. »Wer wollte im Morgengrauen
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