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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Gestaltwandler?«, fragte Hylas. »Wie der Mann im Meer? Oder ein anderer verwandelter Geist?«
    »Im Verwandeln habe ich tatsächlich einige Erfahrung.«
    Das Feuer knackte und Hylas zuckte zusammen. Der Ast war beinahe verbrannt.
    Der Fremde hatte es ebenfalls bemerkt. »Was soll ich jetzt mit dir machen, Floh? Ich möchte dir ja glauben, aber das Risiko ist zu groß. Die Krähen haben mir schon viele Fallen gestellt, und ich habe nicht deshalb überlebt, weil ich besonders nachsichtig war.«
    Hylas versuchte es mit einem Schuss ins Blaue. »Ich weiß, wo dein Schiff gestrandet ist.«
    Der Fremde verstummte. »Das trifft sich aber gut. Ein bisschen zu gut, fürchte ich.«
    »Aua, du tust mir weh. Bitte, ich sage die Wahrheit. Die Segel sind ungefärbt, es gibt Krüge voller Oliven und ein Windsäckchen mit vielen verschiedenen Knoten.«
    Der Griff um sein Genick lockerte sich. »Gibt es auch Überlebende?«
    »Ich habe keine gefunden.«
    »Keinen einzigen?«
    Hylas schüttelte den Kopf.
    Der Fremde sah betroffen aus. So rücksichtslos er auch sein mochte, das Schicksal seiner Mannschaftskameraden ging ihm doch nahe.
    »Ich kann dich zu dem Wrack führen«, schlug Hylas vor.
    »Sag mir lieber gleich, wo es ist, das erspart uns Zeit und Mühe.«
    »Vielleicht bringst du mich dann um.«
    »Vielleicht habe ich das ohnehin vor. Es wäre jedenfalls das Vernünftigste.«
    Das Feuer zischte, und der Zweig zerfiel Funken sprühend.
    »Wie weit ist es bis zu dem Schiff?«
    »Nicht weit«, schwindelte Hylas. »Wir können bis zum Abend dort sein.«
    »Wo liegt es?«
    »An den Felsen vor der Küste, aber man kann es mühelos erreichen, wenn der Wind nicht zu stark weht.«
    Der Fremde zog ihn auf die Füße und nahm einen brennenden Ast aus dem Feuer. »Wie kommen wir dorthin?«
    Hylas’ Gedanken überschlugen sich. Er durfte sich auf keinen Fall anmerken lassen, dass er den Weg überhaupt nicht kannte. Die vom Feuer verschonte Schlucht, aus der der Fremde gekommen war, schied als Rückweg aus. »Wir müssen in Richtung Norden gehen«, verkündete er mit fester Stimme.
    Auf dem Rückweg in das verbrannte Tal zermarterte Hylas sich vergebens das Hirn. Es wollte ihm einfach kein Plan einfallen. Er hoffte nur, dass Pirra in Deckung gegangen war und genug Vernunft besaß, sich verborgen zu halten.

    Hinter einem Findling versteckt, hatte Pirra das Gespräch belauscht. Was hatte Hylas vor? Warum führte er den Mann weg vom Meer? Verfolgte er irgendeinen Plan?
    Allein bei der Vorstellung, hinter den beiden herzuschleichen, wurde ihr übel. Wenn sie zu nahe kam, würde der Fremde sie fangen und wie einen Fisch aufschlitzen. Blieb sie zu weit zurück, verlief sie sich in der Wildnis. Sie stellte sich vor, wie sie durch das verbrannte Tal irrte und bei Einbruch der Nacht in die schaurige Schlucht geriet und der schrecklichen Anwesenheit der Erzürnten ausgesetzt wäre …
    Aber sie durfte Hylas nicht im Stich lassen, er brauchte sie. Ohne ihn wäre sie immer noch dort unten in der Höhle gefangen.
    Sie nahm einen Schluck aus dem Trinkschlauch und sprach sich Mut zu. Eines wusste sie zumindest genau: Sollte es sie ein zweites Mal in diese Schlucht verschlagen, brauchte sie unbedingt Kreuzdorn, um sich zu schützen. Sie fragte sich, ob Hylas ebenfalls begriffen hatte, dass dieser Fremde ein Heimgesuchter war.
    Hastig kletterte sie in die vom Feuer verschonte Schlucht. Lorbeer und Stechpalme fanden sich schnell – wo aber war ein Kreuzdornstrauch? Pirra kannte die Pflanze nur von einer Zeichnung und hatte die Blätter einmal in einer Schüssel gesehen. Ihre Vorstellungen waren daher ziemlich vage. Viel Zeit blieb ihr nicht, wenn sie Hylas und den Fremden nicht aus den Augen verlieren wollte.
    Sie schrie triumphierend auf, als sie den Strauch schließlich entdeckte. Rasch hackte sie ein paar Zweige ab, stopfte sie in ihren Gürtel und krabbelte wieder den Hang hinauf.
    Hylas und der Fremde waren nicht mehr zu sehen.
    Pirra lief hinter ihnen her – genauer gesagt dorthin, wo sie die beiden vermutete. Der Boden war von Spuren übersät, und Pirra hatte die Schwierigkeit, sie zu lesen, unterschätzt.
    Verwegene Rettungspläne kreisten durch ihren Kopf. Der Fremde sah wie ein Bettler aus und bewegte sich wie ein Krieger. Pirra hielt ihn für äußerst gefährlich. Sie vermutete, dass er das schlimmste aller Verbrechen begangen haben musste.
    Ob Hylas das bereits ahnte, wusste sie nicht, denn er konnte den Zauberspruch, den der Fremde beim

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