Godspeed | Die Ankunft
zieht mich an sich, schlingt die Arme um mich und hält mich einfach nur fest, während ich mir so hart auf die Lippe beiße, wie ich nur kann, um nicht loszuschluchzen, denn ich weiß genau, wenn ich erst damit anfange, werde ich nie wieder aufhören können.
Sehr viel später fragt Junior: »Willst du, dass ich bleibe?« Er wirft über meine Schulter einen Blick auf meinen Dad. »Ich tue es, egal, was er sagt.«
Ich schüttele den Kopf und trete von ihm zurück. Junior drückt ein letztes Mal meine Hand und verschwindet.
Und dann sind es nur noch Dad und ich in diesem kalten Steinhaus, erbaut von Leuten, die schon lange tot sind.
Dad nimmt mich in die Arme und wir halten uns eine lange Zeit aneinander fest. Doch es fühlt sich trotzdem an, als wäre etwas zwischen uns, etwas, das uns daran hindert, dass wir einander wirklich erreichen. Dann wird mir klar, dass
tatsächlich
etwas zwischen uns ist: der Geist der Erinnerung an Mom, der uns nicht vergessen lässt, was wir verloren haben.
Dad geht, um mit seiner Truppe zu sprechen. Über Waffen und wie viele wir noch haben. Und wie sie die Wunderwaffe von der Raumstation einsetzen wollen.
Und dann bin ich allein.
Ich sitze auf dem Boden und ziehe die Knie bis ans Kinn. Die Achtunddreißiger bohrt sich mir schmerzhaft in den Bauch. Ich ziehe sie heraus und betrachte sie. Es sind noch fünf Hohlspitzgeschosse drin … die einzigen Kugeln, die ich noch habe.
Ich lege die Waffe neben mich. Bisher habe ich sie getragen, weil ich mich damit sicherer fühle und damit meine Eltern sich weniger Sorgen um mich machen. Aber jetzt denke ich über diese fünf Kugeln nach und was ich damit anfangen kann. Sie sind nicht länger nur eine Vorsichtsmaßnahme. Ich werde sie benutzen.
Ich verstehe meinen Vater, der die Aliens umbringen will, selbst wenn er dazu den ganzen Planeten in die Luft jagen muss.
Ich schlinge die Arme noch fester um meine Knie und vergrabe das Gesicht.
Ich fühle mich sehr klein in diesem Raum, der plötzlich viel größer wirkt.
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52 Junior
Ich weiß, was ich zu tun habe.
Die Frage ist nur: Kann ich es tun?
Ich warte, bis es dunkel ist. In der Kolonie hat den ganzen Tag über Anspannung und Trauer geherrscht, immer wieder unterbrochen von Angst und Panik. Auch die Militärs sind nervös und es sind in jeder Schicht doppelt so viele von ihnen auf Patrouille wie sonst.
Aber ich weiß, dass ich zumindest einen Verbündeten habe.
Chris.
Er ist bestimmt nicht mein bester Freund, aber er war dabei, als ich mit Colonel Martin diskutiert habe, und ich weiß, dass er alles tun würde, um Amy zu schützen – genau wie ich.
Etwa eine Stunde nach Sonnenuntergang wartet er bereits auf mich. »Was ist der Plan?«, flüstert er auf unserem Weg durch die Kolonie.
»Keiner von uns will, dass Colonel Martin mit der Wunderwaffe herumspielt, die auf dieser Raumstation sein soll, richtig?«, frage ich ihn.
Chris nickt. »Ich traue der FRX nicht.«
»Gut«, sage ich. »Ich auch nicht.«
Wir schleichen durch die Kolonie und ich gehe hinter der ersten Häuserreihe in Deckung, um ungesehen an Amys Fenster zu kommen. Chris runzelt die Stirn – Amy war den ganzen Tag über in ihrer Trauer gefangen; wir können nicht erwarten, dass sie uns jetzt hilft. Aber ich kann mir nicht vorstellen, es ohne sie zu tun.
»Amy«, zische ich. Ich glaube, Colonel Martin ist draußen bei den Wachen, aber ich will kein Risiko eingehen.
Amy sitzt mitten im Raum, die Knie bis ans Kinn hochgezogen, und ihre Augen sehen eingefallen und leer aus. Aber sie schaut zu mir hoch und nach einem tiefen, zittrigen Atemzug steht sie auf und kommt ans Fenster.
Ihre Neugier ist sofort geweckt, als sie Chris entdeckt, der nervös hinter mir wartet.
»Was ist los?«
»Ich habe einen Plan«, sage ich. »Kommst du mit?« Ich versuche, die bange Hoffnung aus meiner Stimme herauszuhalten. Amy hat jeden Grund, Nein zu sagen – ihre Mutter ist gerade gestorben, und wir haben alle Angst vor dem, was die Aliens uns als Nächstes antun könnten.
Doch sie stemmt sich am Fensterbrett hoch und springt hinaus.
»Bist du okay?«, flüstere ich.
»Nein«, antwortet sie.
Diese Ehrlichkeit lässt mich erkennen, dass all dies sie zwar hart getroffen, aber nicht gebrochen hat.
»Aber ich
will
etwas tun«, fügt sie so leise hinzu, dass nur ich es höre. »Ich kann das Alleinsein nicht mehr ertragen.«
»Das, was du tun willst«, sage ich. »Das ist nicht dasselbe, was dein
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