Godspeed | Die Ankunft
an.
Ich blinzele verlegen und wäre beinahe gestolpert. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich sie angestarrt habe. »Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so aussieht wie Sie.«
»Hast du ein Problem damit?« Sie klingt amüsiert, aber ihr scharfer Unterton ist nicht zu überhören.
Ich schüttele den Kopf. »Nein«, beteuere ich. »Tut mir leid, dass ich Sie angestarrt habe. Sie sind nur anders, das ist alles.«
Sie fängt an zu lächeln. »Schon gut«, sagt sie. »Ich habe euch auch angestarrt. Verrückt, wie gleich ihr alle ausseht.«
Ich muss mich anstrengen, um mit ihr Schritt zu halten. »Warten Sie, Lieutenant Colonel Bledsoe«, rufe ich.
Sie wartet und jetzt wandern ihre Mundwinkel noch ein Stück höher. »Das ist ziemlich lang, stimmt’s? Du kannst auch gern einfach nur Emma sagen.«
»Emma?«
»Das ist mein Vorname. Ist doch viel einfacher als Lieutenant Colonel Bledsoe«, sagt sie und versucht, meinen Akzent nachzumachen. Das erinnert mich daran, wie Amy bei unserer ersten Begegnung dasselbe getan hat, und ich bin plötzlich unheimlich erleichtert. Orion lag falsch: Nicht alle Aufgetauten sind schlecht.
Der Wald wird lichter, und die Zweige lassen jetzt vereinzelte Blicke in den Himmel zu – was umso deutlicher macht, wie dunkel er geworden ist. Ich schaudere unwillkürlich. Den Leuten von der Erde scheint diese Veränderung nichts auszumachen, aber ich finde es unnatürlich, dass sich der Himmel so schnell verdüstert hat.
»Seht mal!«, ruf Colonel Martin von vorn. Emma beschleunigt ihren Schritt und hastet an die Spitze des Trupps.
Colonel Martin ist am Waldrand auf einen massiven Felsen geklettert und zeigt hinab auf einen großen klaren Kreis, der bläulich schimmert und noch ein paar hundert Meter entfernt liegt. Ein See.
»Frisches Wasser, genug für alle!«, stellt Emma fest.
»Wir müssen das Wasser erst untersuchen«, bremst Colonel Martin ihren Eifer, aber er lächelt dabei. Das ist sein Triumph.
Im Himmel knallt es so ohrenbetäubend laut, dass ich unwillkürlich meinen Kopf schütze und dann hochschaue, um den Ursprung des Geräuschs zu finden.
»Donner«, sagt Amy gelassen und berührt meinen Arm.
Und dann explodiert
Feuer
am Himmel und springt von einer schwarzen Wolke zur nächsten.
»Was ist das?!«, schreie ich und springe entsetzt zurück.
Diesmal lacht Amy. »Ein Blitz«, sagt sie.
Ihr Lachen ärgert mich. Ich habe noch nie einen Blitz gesehen, jedenfalls nicht direkt vor meiner Nase. Zum Glück sind bisher nur wenige meiner Leute aus dem Wald gekommen und so hat nur eine Handvoll von ihnen den Blitz gesehen. Aber ihre erschrockenen Schreie verbreiten sich schnell.
»Wir müssen irgendeinen Unterschlupf finden«, beschwöre ich Colonel Martin. »Sonst geraten meine Leute in Panik.«
»Wegen eines Gewitters?«, fragt er ungläubig.
»Sie haben nie ein Gewitter erlebt, Dad«, erklärt ihm Amy.
»Was ist das?«, fragt Chris und zeigt auf etwas, das sich rechts von dem See befindet, den Colonel Martin entdeckt hat.
Colonel Martin schaut stirnrunzelnd in die angegebene Richtung. Das tun wir alle. Ein hoher Hügel – oder ein kleiner Berg – erhebt sich über eine Wiese. Seine Flanken bestehen aus einem gelblichen Gestein. Und in das Gestein hineingebaut sind …
»Häuser?«, stößt Emma entgeistert hervor.
»Kann nicht sein«, murmelt Colonel Martin und sieht genauer hin. Er schnippt mit den Fingern und sofort überreicht ihm einer der Soldaten ein Fernglas. Colonel Martin schaut hindurch und stößt einen Fluch aus.
»Es sind Ruinen. Häuser, die direkt in den Fels gebaut wurden, aber sie sehen verlassen aus.«
»Wir müssen da hin«, sage ich.
»Auf keinen Fall – wir wissen nicht, welche Lebensform diese Häuser errichtet hat.« Colonel Martin gibt das Fernglas an Emma weiter – die es sofort an mich weiterreicht.
Ich starre durch die Linsen. In die Bergflanke sind mehrere Ebenen gehauen worden, die durch steinerne Stufen verbunden sind. Große, quadratische Gebäude stehen auf diesen Terrassen und wurden offenbar aus den Steinen errichtet, die beim Anlegen der verschiedenen Ebenen angefallen sind. Ich kann dunkle Löcher in den Gebäuden erkennen: Fenster und Türen.
Fenster und Türen in Menschengröße.
Colonel Martin hat recht – das Ganze sieht alt und verstaubt aus, als stünde es schon ewig leer.
»Dort könnte immer noch etwas sein. Wenn es intelligente Wesen auf diesem Planeten gibt, haben sie unsere Landung gesehen«, sagt
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