Godspeed | Die Ankunft
fliegende Dinger«, berichte ich aufgeregt.
Der Doktor nickt. »Vielleicht ein Gift, auf das sie besonders stark reagiert. Immerhin ist uns alles hier fremd, so harmlos es auch erscheinen mag. Wir wissen nicht, wie sich die verschiedenen Einflüsse dieses Planeten auf uns auswirken werden.«
»Was ist das?«, fragt Kit und hebt Amys schlaffe Hand hoch. Die klebrigen Überreste der purpurnen Blüte kleben immer noch an ihrer Handfläche.
»Eine Blume. Sie hat daran gerochen und dann –«
»Ist sie ohnmächtig geworden?« Kit hebt Amys Lider wesentlich zarter an, als ich es getan habe, und leuchtet ihr mit einer Taschenlampe in die Augen.
Ich nicke.
»Los, wecken Sie sie auf!«, befiehlt Colonel Martin.
Der Doktor von der Erde drückt ein Stethoskop auf Amys Brust.
»Du!« Colonel Martin kommt drohend auf mich zu. Seine Frau stößt einen ängstlichen Laut aus. »Du hast sie in Gefahr gebracht!« Colonel Martins Vorwürfe treffen mich tief.
»Ich weiß nicht, was mit ihr los ist«, murmelt die Ärztin von der Erde.
»Wo bleibt Dr. Gupta?«, schreit Colonel Martin. Sein Blick landet auf Juliana Robertson. »Sie! Los, finden Sie diesen faulen Kerl und schaffen Sie ihn her!«
Ich strecke die Hand nach Amy aus – ich weiß, dass sie mich nicht hören oder sehen kann, aber ich will sie trotzdem berühren – doch Colonel Martin rammt mir beide Hände so heftig gegen die Brust, dass ich gegen die Wand geworfen werde.
»Aus. Meinen. Augen.« Er knurrt die Worte mit zusammengebissenen Zähnen. Ich sehe geschockt zu ihm auf.
»Das hast du zu verantworten. Wenn sie stirbt, hast
du
ihr Blut an den Händen. Du kannst sie nicht beschützen. Du kannst niemanden beschützen. UND JETZT RAUS !« Er stößt mich noch einmal und ich taumele gegen die Wand. Kit schaut auf – sie ist die Einzige von meinen Leuten im Raum –, aber sie kann es sich nicht erlauben, ihre Aufmerksamkeit von Amy abzuwenden.
Amys Anblick brennt sich in mein Gehirn ein – blass, eine leere Hülle, die reglos am Boden liegt. Ihre weinende Mutter. Colonel Martins Wut.
Ich flüchte aus dem Gebäude. Colonel Martins Vorwürfe haben mich getroffen wie ein Messer.
[zurück]
19 Amy
Mein Mund fühlt sich an, als wäre er voll Watte. Ich öffne meine trockenen Lippen und die Zunge liegt schwer in meinem Mund.
Etwas zuckt in meiner Hand. Die Bewegung erschreckt mich, und ich versuche, den Arm wegzuziehen, aber meine Muskeln reagieren nur träge. Ich will mich aufsetzen, doch ich habe das Gefühl, als laste ein Gewicht auf meiner Brust, obwohl nicht einmal eine Decke auf mir liegt.
Meine Mutter schläft und ihre Hand liegt locker in meiner. Das war es, was ich gespürt habe. Ich schließe meine Finger und drücke ihre Hand.
Ihre Lider flattern und fliegen dann so schnell auf, als hätte sie sich plötzlich an etwas überaus Wichtiges erinnert. Sie sieht mich an und holt tief Luft. »Amy?«, haucht sie.
»Mom?« Meine Stimme ist nur ein Krächzen.
»Amy!«, kreischt sie und wirft sich auf mich. Im nächsten Moment taucht auch mein Vater auf. Seine Augen sind feucht und er bekommt kein Wort heraus. Ich habe ihn noch nie so emotional erlebt.
Mein Blick wandert durch den Raum. Wo ist Junior?
»Was ist hier los?«, frage ich. Mein Rücken tut weh. Um mich herum ist es kühl und dämmrig – habe ich bis zum Abend geschlafen? Nein, draußen wird es allmählich heller. Es muss Morgen sein. Ich habe den ganzen Tag und die ganze Nacht geschlafen.
»Was ist das Letzte, woran du dich erinnerst?«, fragt eine der Ärztinnen von der Erde – ich glaube, sie heißt Dr. Watase.
Ich betrachte die Hand, die meine Mutter immer noch festhält, und erst da merke ich, dass mein Körper die Antwort gibt: Ich erinnere mich, wie ich die Blume gehalten habe, die Junior mir gegeben hat.
Nein.
Ich schaudere unwillkürlich und schlucke die Galle, die in meiner Kehle hochsteigt. Das Letzte, woran ich mich erinnere, ist der Verlust der Kontrolle über meinen Körper – genau wie beim Einfrieren. Und dann das Gefühl des Ertrinkens – wie beim Auftauen.
Die Erinnerungen brechen über mich herein und vergiften meine Seele.
Ich schaue mich um. Alle warten auf meine Antwort. »Die Blume«, sage ich, weil ich weiß, dass ihnen meine Gefühle egal sind; sie wollen eine kühle medizinische Analyse hören. »Sie hat mich ohnmächtig werden lassen.«
Mein Blick wandert immer noch suchend durch den Raum. Ich bin enttäuscht. Ich kann nicht fassen, dass Junior mich
Weitere Kostenlose Bücher