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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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uns.«
    Als sie durch den Flur zurück in Richtung Saal gingen, eilte der große, hagere Mann mit der rotweißblauen Fliege auf John zu, ohne Blue Gene zu bemerken. Er war in mittleren Jahren, und seine Brille hatte einen so schmalen Rahmen, dass man sie kaum sah.
    »Dein Dad hat gerade mit dem Chef von Hartag-Lewis gesprochen. Er hat ihn überredet, im Herbst zu deinen Gunsten für fünfzig Dollar pro Gedeck ein Fundraising-Dinner auszurichten.«
    »Das ist toll. – Ach ja, Mark, ich möchte dir meinen Bruder vorstellen.«
    »Oh. Sie sind Blue Gene.« Er schüttelte Blue Gene ungestüm die Hand. »Ich habe viel von Ihnen gehört.«
    Blue Gene wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Mark ist mein Wahlkampfleiter«, sagte John. »Er ist der Sohn von Dads Freund Hugh Howard.« Blue Gene nickte.
    »Dein Dad wollte wissen, wo du steckst«, sagte Mark. »Er sagt, du musst da raus und Hände schütteln.«
    »Ja, genau das haben wir vor.«
    »Gut. – Hat mich sehr gefreut, Blue Gene«, sagte Mark im Gehen.
    »Gleichfalls, alter Sack.«
    Mark hielt inne. Er drehte sich um, riss die Augen in seinem bohnenförmigen Gesicht weit auf und stieß ein röhrendes Lachen aus. Er sah John an, der ebenfalls lachte.
    [166] »Du hattest recht«, sagte Mark. »Blue Gene ist ein echtes Original.«
    Blue Gene drehte sich zu John um, seine Miene ein Fragezeichen. Doch der sagte nur: »Komm schon«, und eilte in Richtung Festsaal. Blue Gene hätte dem Wahlkampfleiter am liebsten gegen den Adamsapfel geschlagen, und als sie den Saal betraten, raunte er seinem Bruder zu: »Dein Wahlkampfleiter ist eine Schwuchtel!«
    Zu den Klängen von »Proud to Be an American«, gefolgt von »Wind Beneath My Wings«, gefolgt von »American Soldier«, bahnten sich John und Blue Gene am Rand des riesigen Saals entlang einen Weg, grüßten alle und forderten viele auf, im November Mapother zu wählen. Manchmal wies John Blue Gene leise an, einige Leute auszulassen, meist Söhne und Töchter des lokalen Geldadels, deren Stimmen er bereits sicher hatte. Diese Leute nervten Blue Gene mit ihrem Gerede über Ferien in den Hamptons und Eheverträge. Die schnatternden Frauen trugen helle, in optimistischen Farben gehaltene Kleider, und ihre Männer hatten Polohemden an, und selbst wenn sie die Knöpfe offen ließen und man ihr Brusthaar sah, strahlten die Männer dennoch etwas privatschulhaft Adrettes aus. Einige dieser Sexprotze aus bestem Hause ließen sich sogar das Haar lang wachsen, was dennoch flott aussah, weil sie es ein wenig verwuschelt ließen.
    Blue Gene kannte etliche Anwesende von weniger nobler Abstammung, und jedes Mal stellte er den Gentleman neben sich als seinen Bruder vor. John lernte an diesem Abend einige Personen kennen, die man üblicherweise »echte Typen« [167] nennt: Tony und Ricky, die gern juristische Fachbegriffe wie Vorsatz und Eigenbedarf in ein Gespräch einfließen ließen; einen jovialen alten Mann mit dem vielleicht bekanntesten Gesicht der Stadt, denn er arbeitete als Begrüßer bei Wal-Mart; eine Frau, die aus irgendeinem Grund John fragte, ob das Ambassador Inn Personal einstelle und ob er sie »da unterbringen« könne, sowie ein junges Ehepaar, das mit seinen sieben Hunden regelmäßig Pflegeheime besuchte, um die Patienten aufzumuntern.
    Zuerst ergriff meist Blue Gene das Wort, sagte den Leuten, sein Bruder sei ein guter Kerl und dass sie ihn wählen sollten, weil er für dieselben Dinge sei wie sie: Gott, Amerika, Familie und Freiheit. Es war ziemlich einfach, immer und immer wieder das Gleiche zu sagen und mit Anwesenden zu plaudern, die er persönlich kannte. Nach einer Weile wurde John lockerer, und irgendwann bat er die Leute sogar, für ihn zu beten, nachdem er sie aufgefordert hatte, ihn doch dafür in Betracht zu ziehen, künftig die Interessen des Bezirks zu vertreten.
    Und sie zogen ihn in Betracht, manche, weil sie Blue Gene kannten, andere, weil sie John schlicht und einfach sympathisch fanden, nachdem sie den Mann hinter dem Titel »Vorstandschef von Westway International« persönlich kennengelernt hatten. Natürlich neigten die Leute immer dazu, Johns gutes Aussehen mit Charisma zu verwechseln. Mit seiner perfekten Körperhaltung, dem Dauerlächeln und dem blendenden Äußeren – gebräunt und durchtrainiert wie ein Kalifornier –, musste er, wie sich herausstellte, nicht viel sagen, um die Menschen zu beeindrucken. Sie vergaßen die Geschichten, die sie gehört hatten (dass er etwa an von ihm [168] selbst

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