Goebel, Joey
komme nicht raus, und es schnürt mir die Luft ab.«
»Vielleicht siehst du zu viel fern.«
»Wahrscheinlich.«
»Was guckst du so außer Wrestling?«
»Ich mag Cops. «
»Ich auch. Hast du mal die Folge gesehen, wo sich der Typ Pornozeitschriften vorne in die Hose gestopft hat?«
»Ich glaub nicht.«
»Mit dem Typen hab ich Feten gefeiert. Er kam aus Fort Worth, hat aber ’ne Zeitlang hier gewohnt.«
Jackie lächelte. »Bestimmt musste er ihnen eine schriftliche Genehmigung erteilen, damit sie das senden durften, stimmt’s?«
»Vermutlich. Ich hab ihn nie gefragt. Hey, da ist noch ein Kaninchen.«
»Ja. In dieser Gegend gibt’s massenweise Kaninchen. Als sie angefangen haben, den Super Wal-Mart zu bauen, hat das alle Kaninchen aus dem Feld dort drüben verscheucht. Sie sind dann in den Vorgärten der Leute wieder aufgetaucht. Ich hab mal eins gesehen, das von einem Rasenmäher halbiert worden war. Richtig doof ist, dass die Immobilienpreise hier gesunken sind, weil sie den Super Wal-Mart unbedingt neben dieser Siedlung bauen mussten. Noch merkt man nichts davon, doch in fünfzig Jahren ist das hier ein Slum.«
[286] »Eins sag ich dir aber, Mann, eine Menge Leute sind auf Wal-Mart angewiesen, weil er so billig ist.«
»Schon, aber billig ist er nur, weil er nichts für seine Mitarbeiter tut. Ich hab gehört, dass Frauen bei Wal-Mart nicht befördert werden.«
»Den Quatsch erzählen alle, doch so schlimm isses gar nicht. Ich hab sieben Jahre bei Wal-Mart gearbeitet, und mir hat’s gefallen. Ich finde, die sind mehr als anständig.«
»Wieso das denn?«
»Zunächst mal wirst du nicht so schnell rausgeworfen. Um deinen Job da zu verlieren, müsstest du schon jemanden ermorden. Aber alle hacken andauernd auf Wal-Mart rum.«
»Das ist der weltgrößte Einzelhändler, doch der Durchschnittslohn liegt ein gutes Stück unter der Armutsgrenze.«
»Schon, aber man hört nichts über das Gute bei Wal-Mart, weil das als Nachricht nichts hergibt. Ich hab erlebt, dass sie alles Mögliche für die Gemeinde gemacht haben.«
Als sie an dem Haus der einzigen schwarzen Familie in der Siedlung vorbeikamen, wechselte Jackie zum Thema Rassismus, in ihren Augen die Ursache aller Kriege, vor allem der USA , wobei sie mit ihren Chucks gegen den Bordstein trat. Blue Gene wechselte erneut das Thema und kam auf Wrestling zu sprechen.
Offiziell war John im Januar Politiker geworden, als er seine Kandidatur für die Vorwahlen anmeldete. Und dann hatte es acht Monate gedauert, bis ihm zum ersten Mal jemand widersprach… und das ausgerechnet in dieser ruhigen und harmlosen Straße. Er wünschte, er hätte eine Lederhaut, an der alle kränkenden Worte abprallten. Wenigstens die Worte [287] aus dem Mund dieser naiven jungen Frau ohne irgendeine gesellschaftliche Stellung. Allein schon ihr Äußeres verriet ihm, wen er vor sich hatte: eine frustrierte College-Studentin, die allein durch ihr exzentrisches Outfit verhindern wollte, dass sie in irgendeine Schublade gesteckt wurde. Die Sorte kannte er aus der Highschool und vom College, es waren dieselben Leute, die ihn abfällig unter »stinkreich« einordneten und glaubten, wegen seines reichen Daddys wisse er nicht, was Probleme seien; in Wirklichkeit war die Finsternis in Johns Privatleben so viel gewaltiger als ihre wie eine Ölpest verglichen mit einem Tintenfleck.
John ließ sich nichts anmerken und merkte sich ihren Namen: Ripplemeyer. Er nahm Blue Gene übel, dass der ihr Klinkenputzen zum Vorwand dafür genommen hatte, die Kleine zu treffen. John kam sich jetzt wie ein Trottel vor, weil er geglaubt hatte, sein kleiner Bruder habe wirklich den Tag mit ihm verbringen wollen. Doch er würde sich hüten, sie gegenüber Blue Gene schlechtzumachen, denn sonst würde er nur die Fehler seiner Eltern wiederholen, die ihn nach und nach in Richtung des schwarzen Lochs einer Romanze mit einer verführerischen Nachtclubtänzerin geschubst hatten.
John ging weiter von Haus zu Haus, doch sein Schritt war jetzt anders – nicht elastisch, sondern fester. Er war überrascht, in dieser Gegend so viele Pick-ups zu sehen. Einer raste mit überhöhter Geschwindigkeit an ihm vorbei, obwohl ein paar kleine Jungs mit ihren Fahrrädern auf der Straße fuhren. Bald kamen die Jungen an John vorbei, was ihn daran erinnerte, dass er sich die Zeit nehmen musste, Arthur Radfahren beizubringen. Andererseits wäre es [288] vielleicht besser, wenn Arthur es nie lernen würde. Johns Leben wäre um
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