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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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(Können Sie, bevor Sie weiterlesen, raten, was sie darstellen sollen?) Nehmen wir aber an, wir machten eine zweite Tafel, die mehr Punkte enthält, wie folgt:

    Nun ist das Nächstliegende — jedenfalls käme es einer irdischen Intelligenz so vor daß man die Punkte in den aufeinanderfolgenden Zeilen zählt. Die sich daraus ergebende Folge lautet:
    1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34.
    Hier liegt Evidenz für eine Regel vor, die das Fortschreiten von einer Zeile zur nächsten bestimmt. In der Tat läßt sich der rekursive Teil der Definition der Fibonaccizahlen mit einiger Zuversicht von der Liste ableiten. Angenommen wir betrachten das ursprüngliche Wertepaar (1,1) als einen „Genotyp“, aus dem der „Phänotyp“ — die vollständige Fibonacci-Folge — durch eine rekursive Regel herausgezogen würde. Wenn wir nur den Genotyp senden, nämlich die erste Version der Tafel, senden wir nicht die Information, die die Wiederherstellung des Phänotyps gestattet. So enthält der Genotyp nicht die volle Spezifizierung des Phänotyps. Wenn wir auf der anderen Seite die zweite Version der Tafel als Genotyp betrachten, dann besteht viel mehr Wahrscheinlichkeit für die Annahme, daß der Phänotyp tatsächlich rekonstruiert werden kann. Diese neue Spielart des Genotyps — ein „langer Genotyp“ — enthält soviel Information, daß eine Intelligenz den Mechanismus, vermittels dessen der Phänotyp aus dem Genotyp herausgezogen wird, aus dem Genotyp allein folgern kann.
    Wenn dieser Mechanismus als die Methode, den Phänotyp aus dem Genotyp herauszuholen, einmal feststeht, können wir dazu zurückkehren, „kurze Genotype“ wie auf der ersten Platte zu verwenden. Zum Beispiel ergäbe der „kurze Genotyp“ (1,3) den Phänotyp
    1, 3, 4, 7, 11, 18, 29, 47, ...
    — die sogenannte Lucasfolge. Und für jedes Paar von Anfangswerten — das heißt, für jeden kurzen Genotyp — wird es immer auch einen entsprechenden Phänotyp geben. Die kurzen Genotypen sind aber, anders als die langen, nur Auslöser — Knöpfe an Musikboxen, in die die Rekursionsregel eingebaut ist. Die langen Genotype sind genügend informativ, daß sie bei intelligenzbegabten Wesen die Erkenntnis auslösen, welche Art von „Musikbox“ zu bauen ist. In diesem Sinn enthalten die langen Genotypen die Information der Phänotypen, die kurzen aber nicht. In anderen Worten: der lange Genotyp übermittelt nicht nur eine innere Botschaft, sondern auch eine äußere, die das Lesen der inneren Botschaft ermöglicht. Die Klarheit der äußeren Botschaft scheint bloß von der Länge der Botschaft abzuhängen. Unerwartet ist das nicht, sondern genau dem parallel, was bei der Entzifferung alter Texte geschieht. Offensichtlich hängt die Erfolgswahrscheinlichkeit entscheidend von der verfügbaren Textmenge ab.
Noch einmal: Bach — Cage
    Aber einfach einen langen Text zu haben genügt vielleicht nicht. Kommen wir noch einmal auf den Unterschied zwischen einer ins Weltall geschickten Platte mit Musik von Bach und einer mit Musik von John Cage zurück. Letztere könnte übrigens, da es sich um eine Composition Aleatorisch Geschaffener Elemente handelt, um der Bequemlichkeit willen „CAGE“ genannt werden, während die erste ein Berückendes Aperiodisches Cristall von Harmonien passenderweise ein „BACH“ genannt werden könnte. Aber überlegen wir nunmehr, was der Sinn eines Stücks von Cage für uns selber ist. Ein Cage-Stück muß in einem großen kulturellen Zusammenhang gesehen werden — als eine Revolte gegen gewisse Traditionen. Wenn wir also diese Bedeutungvermitteln möchten, müssen wir nicht nur die Noten des Stücks senden, sondern eine ausführliche Geschichte der westlichen Kultur vorausschicken. Es läßt sich also sagen, daß eine isolierte Platte mit Musik von John Cage an sich keine ihr innewohnende Bedeutung hat. Für einen mit der Kultur des Westens und des Ostens und besonders den Trends in der westlichen Musik während der letzten Jahrzehnte genügend vertrauten Hörer hat sie tatsächlich eine Bedeutung, aber ein solcher Hörer ist eine Musikbox, und das Stück ist wie ein paar Knöpfe. Zunächst ist die Bedeutung größtenteils im Hörer enthalten; die Musik dient nur als Auslöser. Und diese „Musikbox“ ist keineswegs — wie die reine Intelligenz — universal — sie ist in hohem Maße an die Erde gebunden und hängt von spezifischen Geschehnisketten auf der ganzen Erde während langer, langer Zeitspannen ab. Die Hoffnung, daß die Musik von

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