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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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vorgehen, um mehr Variablen zu erzeugen: indem wir beliebig viele Striche anhängen. Zum Beispiel sind
e
d '
c ''
b '''
a ''''
    alles Variablen.
    In einem gewissen Sinn ist es ein Luxus, die fünf ersten Buchstaben des Alphabets zu gebrauchen, wenn wir einfach mit a und den Strichen auskämen. Später werde ich tatsächlich b , c , d und e fallen lassen, was zu einer Art „strengerer“ Version von TNT führen wird — strenger in dem Sinn, daß es etwas schwerer fällt, komplexe Formeln zu entziffern. Im Moment gestatten wir uns also diesen Luxus noch.
    Wie steht es mit der Addition und der Multiplikation? Sehr einfach: wir verwenden die geläufigen Symbole „+“ und „ · “. Wir werden aber auch Klammern benötigen (wir schlüpfen nun langsam in die Regeln hinein, die wohlgeformte Ketten von TNT definieren). Um „ b plus c “ und „ b mal c “ zu schreiben, verwenden wir zum Beispiel die Ketten
    ( b + c )
    ( b   ·   c )
    Solche Klammersetzungen dürfen nicht auf die leichte Schulter genommen werden: wenn man die Konvention verletzt, erzeugt man eine nicht wohlgeformte Formel („Formel?“ Ich gebrauche diesen Ausdruck anstelle von „Kette“, weil es so üblich ist. Eine Formel ist nicht mehr und nicht weniger als eine Kette von TNT.)
    Übrigens sind Addition und Multiplikation immer als binäre Operationen zu betrachten — das heißt, sie verknüpfen genau zwei Zahlen, niemals drei oder noch mehr. Wünscht man also „1 plus 2 plus 3“ zu übersetzen, muß man sich entscheiden, welchen der beiden nachstehenden Ausdrücke man will:
    ( S0 + ( SS0 + SSS0 ))
(( S0 + SS0 ) + SSS0 )
    Der nächste Begriff, für den wir ein Symbol brauchen, ist gleich. Das ist ganz einfach: wir verwenden „=“. Der Vorteil bei der Übernahme der in N (der nicht formalen Zahlentheorie) verwendeten Symbole liegt auf der Hand: gute Lesbarkeit. Der Nachteil ist sehr ähnlich dem beim Gebrauch der Wörter „Punkt“ und „Gerade“ in einer formalen Darstellung der Geometrie: Wenn man nicht sehr gewissenhaft und vorsichtig vorgeht, kann man den Unterschied zwischen der bekannten Bedeutung und dem strikten, von Regeln beherrschten Verhalten des formalen Symbols verwischen. In den Ausführungen zur Geometrie unterschied ich zwischen dem umgangssprachlichen Wort und dem formalen Ausdruck, indem ich diesen in Großbuchstaben wiedergab: So war in der elliptischen Geometrie ein P UNKT das Zusammenfallen zweier gewöhnlicher Punkte. Hier gibt es keine solche Unterscheidung, deshalb bedarf es denkerischer Bemühung, will man das Symbol nicht mit all den Assoziationen verwechseln, mit denen es beladen ist. Wie schon früher im Hinblick auf das pg-System gesagt, ist die Kette −−− nicht die Zahl 3, wohl aber isomorph zu 3, zumindest im Kontext der Addition. Ähnliches gilt für die Kette SSS0 .
Atome und aussagenlogische Symbole
    Alle Symbole der Aussagenlogik mit Ausnahme der Buchstaben, die für Atome verwendet werden ( P , Q und R ) werden wir auch in TNT verwenden, und sie behalten ihre Interpretation bei. Die Rolle der Atome spielen die Ketten, die, interpretiert, Gleichheitsaussagen sind, etwa S0 = SS0 oder ( S0·S0 )= S0 . Wir sind nun im Besitz der Ausrüstung zur Übersetzung einer ganzen Anzahl von einfachen Aussagen in die TNT-Notation:
2 plus 3 gleich 4:
( SS0 + SSS0 )= SSSS0
2 plus 2 ist nicht gleich 3:
~( SS0 + SS0 )= SSS0
Wenn 1 gleich 0, dann 0 gleich 1:
< S0 = 0 ⊃ 0 = S0 >
    Die erste dieser Ketten ist ein Atom, das übrige sind zusammengesetzte Formeln. (Warnung: Das „und“ im Ausdruck „1 und 1 gleich 2“ ist einfach ein anderes Wort für „plus“ und muß durch „+“ (und die nötigen Klammern) dargestellt werden.)
Freie Variablen und Quantoren
    Alle die obigen wohlgeformten Formeln haben die Eigenschaft, daß sie Interpretationen von Aussagen sind, die entweder wahr oder falsch sind. Es gibt jedoch auch wohlgeformte Formeln, die nicht diese Eigenschaft haben, wie
    ( b + S0 )= SS0
    Die Interpretation lautet „ b plus 1 gleich 2“. Da b unspezifiziert ist, gibt es keine Methode, dieser Behauptung einen Wahrheitswert zuzuschreiben. Es ist wie bei einer kontextfreien Behauptung mit einem Pronomen, wie etwa „sie ist ungeschickt“. Das ist weder falsch noch wahr, sondern wartet darauf, daß man es in einen Kontext einführt. Da sie weder falsch noch wahr ist, nennt man eine solche Formel offen; die Variable b nennt man freie Variable.
    Eine Methode, eine offene Formel in eine geschlossene Formel

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