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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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geheult. Später hat sie das Pferd umarmt und immer noch geheult. Und ganz zum Schluss ist sie noch mal zu dem Baum hingerannt und hat der Puppe, also diesem Strohkerl, einen Kuss gegeben. So zum Abschied, bevor sie ihn angezündet haben.«

40

    Billa wartete auf ihn, genau an der Ecke, wie sie es besprochen hatten. Er sah sie schon von Weitem und ging extra noch etwas langsamer. Denn er wollte doch vorher möglichst etwas Ordnung in seine Gedanken bringen, und er war noch lange nicht so weit. Im Gegenteil – ihm wurde nur immer konfuser im Kopf, je länger er nachdachte.
    Über Billa und Jakob. Billa und ihn selbst. Billa und die Golems. Billa im Bannwald. Billa und die Hexenweiber. Billa und die Brandleiche aus Stroh …
    Es war viel zu viel auf einmal. Er hätte die ganze Nacht über herumlaufen, herumgrübeln können und hätte es doch nicht geschafft, seine Gedanken zu entwirren. Geschweige denn seine Gefühle. Liebe, Zweifel, Angst. Und noch ein paar weitere Gefühlsknäuel dazu. Billa spielte ihm etwas vor, so viel war klar. Aber was und zu welchem Zweck? Das wiederum war so unklar wie nur möglich.
    Ihre brennend blauen Augen. Ihr umwerfendes Lächeln. Ihre heisere Stimme, die heute wieder besonders kratzig klang. Ihre Haarmähne, die sie meistens so aufgetürmt hatte, dass es fast so wacklig wie Klothas Hexenhaus aussah. Aber irgendwie hielt ihre Frisur trotzdem, und genauso war es vielleicht mit allem, was Billa machte und sagte: Scheinbar passte nichts zueinander, und doch musste es irgendeinen gemeinsamen Sinn und Zusammenhang geben.
    Dafür, dass sie ihm hinterherlief, seit er in Croplin war. Dass sie von der Golem-Sache wusste. Dass sie sich von dem Hexentrio einspannen ließ. Dass sie gesagt hatte : Ich hab mich in dich verknallt, Marian Hegendahl.
    Und ich mich in dich, holde Hexenmaid.
    »Hi, Marian.«
    »Oh, hi.« Beinahe wäre er an ihr vorbeigetrabt wie vorhin am Logenhaus. »Laufen wir noch ein bisschen rum?«
    »Nicht, bevor du mich geküsst hast.« Sie legte ihre Arme um seine Mitte und zog ihn zu sich heran.
    »Wo hast du nur immer diese irren Klamotten her?«
    Darauf bekam er keine Antwort. Jedenfalls nicht sofort. Sie machte sich noch etwas länger und gab ihm einen Kuss. »Von Sina«, sagte sie dann, ein wenig außer Atem, und ihre Augen verbrannten ihm das Gesicht. »Du kannst dir bestimmt nicht vorstellen, wie hübsch sie früher mal war.«
    Marian musste schlucken. Nein, das konnte er wirklich nicht. Und er hatte auch nicht die mindeste Lust dazu.
    »Der ganze Dachboden ist voll mit dem Zeug.« Sie ließ ihn wieder los und drehte sich vor ihm im Kreis. Heute trug sie ein dunkelrotes Kleid, knielang, und unter dem Saum schaute ein schwarzer Unterrock hervor. Auf den ersten Blick ein scharfes Teil von altmodischem Glamour. Auf den zweiten allerdings ziemlich verfleckt und mottenzerfressen. Außerdem roch es reichlich nach Alter und Staub.
    Hexenschick, dachte Marian. Billa hatte ihn bei der Hand genommen, und so schlenderten sie die Straße Am Bannwald entlang. Ließen das Logenhaus links liegen und das Gebäude, in dem zu Julians Zeiten der schlaflose Alte gelebt hatte, rechts. Aber Moment mal …
    Marian zog Billa über die Straße. »Hast du eine Ahnung, wer da drin heute wohnt?«
    Sie schüttelte den Kopf, dass ihre Kupfermähne ins Schwanken geriet. »Was soll denn daran so interessant sein?«
    »Vor 333 Jahren hat hier ein gewisser Balthasar Müntzer gelebt«, sagte er und sah sie verstohlen von der Seite her an. »Er hatte Probleme mit dem Einschlafen, aber durch ›Lohenkamm’s Baldrianbalsam‹ hat sich das wieder gegeben.«
    Sie runzelte die Stirn. »Was ist denn mit dir los, Marian – hast du irgendwelches Zeug gekifft?«
    Marian zog sie weiter, ohne ihr eine Antwort zu ge ben. Die Stufen zur Haustür hinauf, die genauso aussah wie damals, mit Schnitzereien verziert und einem eisernen Klopfer mitten drauf. Nur dass das Holz heute alt und rissig, der Klopfer rostfleckig war.
    Rechts neben der Tür stand in die Fassade gemeißelt:

    Hier lebte und wirkte Balthasar Müntzer –
    moorgräflicher Archivar (1594-1679).

    Rasch rechnete Marian nach. »Als Julian ihm die Tiegel gebracht hat«, sagte er, »war Müntzer 82 – und drei Jahre später ist er gestorben.«
    Billa wand ihre Hand aus der seinen. Sie sah wieder ziemlich sauer aus. »Also okay, so weit die Rätselstunde. Sagst du mir jetzt auch noch die Auflösung? Wer dieser Julian ist, woher du das alles weißt und warum du

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