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Goethe war’s nicht

Goethe war’s nicht

Titel: Goethe war’s nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Fornet wird sich freuen.“
    „Mit Vergnügen.“ Behände und unübersehbar diensteifrig verließ der Oberkommissar den Wagen.
    Zwanzig Minuten später hielt ein Polizeiauto im Anton-Burger-Weg, der nach einem in Frankfurt geborenen Maler benannt wurde und nicht mit dem gleichnamigen Lagerkommandanten des Ghettos in Theresienstadt verwechselt werden sollte. Das würde der Maler gar nicht mögen, auch wenn er schon tot war und es ihm eigentlich egal sein könnte.
    In Tränen aufgelöst stürzte Fabiana nach draußen, kaum dass der Wagen zum Stehen gekommen war. Unvorstellbare Szenen der Wiedersehensfreude spielten sich ab.
    Herr Schweitzer beobachtete dies durch die Scheibe, durch die man nur einseitig gucken konnte. Da klingelte sein Handy. Lauras Name erschien auf dem Display. Um diese Uhrzeit hatte seine Mitbewohnerin ihn noch nie angerufen. Es musste also wichtig sein, drum ging er ran.
    „Hallo, Simon, bist du bei Maria oder noch im Weinfaß? Bin vor zwei Stunden gelandet. War echt supi. Wetter, tolle Leute, Korsika ist echt ne Wucht. Und essen kannst du da, richtig gourmetmäßig. Und dann hab ich da noch so ne Type kennen gelernt, aus Potsdam, weißt du, ist Lehrer für Geschichte und Sport und so. Hör mal, warum ich anrufe …“
    Sollte er, Herr Schweitzer, jetzt zuerst die Fragen nach seinem derzeitigen Aufenthaltsort beantworten, sich mit Laura über den tollen Urlaub freuen oder nachfragen, wann die Blitzhochzeit mit der Type aus Potsdam gewesen sei und ob sie sich damit jetzt endlich ihren Traummann geangelt habe. „Äh, ja.“
    „Unsere Wohnung! Ist ja echt krass, Mann!“
    Herr Schweitzer verstand kein Wort, d.h., er verstand sie schon, die Worte, einzeln, aber im großen Zusammenhang doch eher nicht. Was war mit ihrer Wohnung? War sie abgefackelt? Hatte jemand eingebrochen? Ein Einbrecher gar? – denen ist grundsätzlich alles zuzutrauen. Oder hatte sich in seiner Abwesenheit ein Mietnomade dort niedergelassen?
    „Klasse, Simon, sieht richtig picobello aus. Sogar der Backofen ist geschrubbt.“
    Beim Backofen fiel der Groschen. Herr Schweitzer erinnerte sich dunkel an einen Putzfimmel seinerseits. Ihm war, als sei das alles in einer anderen Epoche gewesen. Renaissance? Klassizismus? Barock? Außerdem wollte er unbedingt aus dem Wagen raus, dabei sein, wenn Gil von seiner Tortur berichtete. Mögliche Anhaltspunkte aufschnappen. Das Detektivblut in ihm wallte. „Äh, du, Laura, ist gerade ziemlich …“
    „Wo hast du sie aufgetrieben?“
    „Wo hab ich wen aufgetrieben?“
    „Na, die tolle Putzfrau. Ist echt ein Goldstück. So ne Rarität findet man doch nicht auf der Straße oder hast du ne Anzeige aufgegeben?“
    Ein Ende des Telefonats schien nicht in Sicht. Wenn Laura so drauf war wie im Moment, waren alle Versuche, ihren Redeschwall zu unterbinden, von vornherein zum Scheitern verurteilt, schließlich teilten sie schon seit mehr als zehn Jahren die Wohnung miteinander. Herr Schweitzer kannte seine Laura bestens. Ergeben fügte er sich in sein Schicksal. Trotz der scheinbaren Belanglosigkeit des Gesprächs, hatte sich eine Falle aufgetan, die Herr Schweitzer mit seinem feinen Spürnäschen schnell witterte. Was Ordnung und Sauberkeit anging, war er nämlich schlecht als Preziose des männlichen Geschlechts zu klassifizieren, das nun wirklich nicht. Seine Ordnungsliebe war mehr so oberflächlich, nicht gerade porenrein. Aber nun musste der Ball sehr flach gehalten werden, ansonsten Laura noch auf die Idee kommen könnte, sein einmaliger Putzfimmel – eigentlich mehr so eine kleine Spinnerei von ihm – hätte sich zu einem notorischen entwickelt. „Ach, die Putzfrau, ja, ja. War eine Empfehlung von einem Freund.“ Damit hatte Herr Schweitzer erst einmal Zeit gewonnen. Um einen Ausweg aus dem Dilemma würde er sich später kümmern.
    „Supi, die nehmen wir. Ich zahl die Hälfte. Alle zwei Wochen, wär das okay für dich?“
    „So machen wir das.“
    „Du, Simon, ich geh noch mal los. Bin noch total aufgedreht.“
    Ach!, dachte Herr Schweitzer, merkt man gar nicht.
    „Wann sehen wir uns? Wollen wir mal wieder zusammen kochen? Ich muss dir unbedingt von Stephan erzählen.“
    Die Type aus Potsdam? Wahrscheinlich. „Am Wochenende? Vorher geht’s, glaube ich, nicht.“
    „Gut, Simon. Und, die Putzfrau, ich bin stolz auf dich. Tschüssi.“
    „Ciao, Laura.“ Herr Schweitzer fragte sich, wie stolz sie wohl erst auf ihn gewesen wäre, wenn er die Wahrheit erzählt hätte. Aber so ist

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