Goethe war’s nicht

Titel: Goethe war’s nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant

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sehen?“
    „Nein.“
    „Und dann?“
    „Ich hatte das Gefühl, der, der am Steuer saß, hatte vorher noch nie in einem Käfer gesessen. Jedenfalls hat er den Gang nicht reinbekommen. Ich dachte schon, das Getriebe knallt uns gleich um die Ohren. Dann ging’s aber und wir sind losgefahren.“
    „Wie lange waren sie unterwegs?“
    „Pff, keine Ahnung. Vielleicht eine Stunde, vielleicht eine halbe mehr.“
    „Die ungefähre Richtung, was war Ihr Gefühl?“
    „Auf jeden Fall auf die Autobahn, über die Babenhäuser Landstraße. Ist ja nicht weit. Auf keinen Fall über die Uferstraße, das hätte ich gemerkt. Nein, es ging ganz schnell.“
    „Haben die unterwegs geredet?“
    „Nein, äh, nein, ganz sicher nicht. Ich hab noch gefragt, was die Scheiße soll. Der eine hat mir dann die Pistole in die Seite gedrückt, da hab ich meine Klappe gehalten. Ich wusste ja noch gar nicht, was die von mir wollten.“
    „Und sie sind immer geradeaus gefahren, auf der Autobahn, meine ich?“
    „Nein, vielleicht so fünf Minuten, höchstens zehn. Ich glaube Richtung Langen, aber ganz sicher bin ich mir nicht. Dann haben sie eine Abfahrt genommen und ich habe die Orientierung verloren. Irgendwann waren wir da und ich musste aussteigen.“
    „Gut. Jetzt konzentrieren Sie sich bitte, es könnte wichtig sein. Als Sie ausstiegen, war da Asphalt oder ein Waldweg oder so?“
    „Asphalt. Vielleicht Beton, jedenfalls ein harter Untergrund.“
    „Geräusche? Verkehrslärm, andere Stimmen? Haben Sie Bäume rascheln hören? Fluglärm? Eisenbahn?“
    Gilberto Fornet zog die Stirn kraus, überlegte. Nach etwa zehn Sekunden: „Nein, nichts. Es war schweinekalt.“
    Herrn Schweitzer fiel auf, dass sich Dieter Wagner nur kurze Notizen machte.
    „Okay, weiter!“
    „Dann gingen wir so zwanzig Meter, höchstens, und ich hörte ein Schlüsselbund klimpern. Als die Tür auf war, haben sie Licht angemacht. Das habe ich durch den Sack sehen können. Dann musste ich in den Keller. Die Stufen waren sehr steil. Beide haben mich gehalten und geführt. Einer vorne, einer hinten. Unten war es nicht mehr kalt. Der Raum war beheizt. Es roch modrig. Sie haben mich auf ein Sofa gesetzt und meine Hände an den Lehnen angebunden. Außerdem meine Füße, ein Klebeband. Dann haben sie das Licht wieder ausgeschaltet. Als sie mir den Sack abgenommen und mir die Augen mit einem Stück Tuch zugebunden haben, konnte ich kurz den Keller sehen. Von oben kam ja noch Licht. Der Keller war bis auf das Sofa und einen Wasserkasten leer.“
    „Wie groß war der Keller?“
    „Klein. Vier mal vier Meter, ungefähr. Es gab nur die eine Tür. Aber ganz oben, fast an der Decke, war ein kleines, von innen vergittertes Fenster. Mehr so eine kleine Luke. Dann hat der eine doch noch gesprochen. Sagte, wenn ich keine Scherereien mache, bin ich bald wieder frei. Wenn das Lösegeld bezahlt ist. Da wusste ich, dass sie Vater erpressen.“
    „Haben sie gesagt, wie hoch die Lösegeldforderung ist?“
    „Nein.“
    „Irgendein Akzent. Hessisch? Ausländer?“
    „Pff, nein, keine Ausländer. Oder sie haben perfekt Hochdeutsch gesprochen. Der eine wenigstens. Der andere hat nie gesprochen. Dann sind sie raus, haben aber die Tür abgeschlossen. Ich glaube, die haben sogar noch von außen einen Riegel vorgeschoben.“
    „Sie waren die ganze Zeit bis zu Ihrer Freilassung dort unten?“
    „Ja, nur wenn ich mal musste, haben sie mich nach oben gebracht. Ich konnte aber nichts sehen, die Augen waren ja verbunden. Selbst beim Essen und Trinken – sie haben mich gefüttert.“
    „Was gab’s?“
    Es war das erste Mal, dass Gilberto lachen musste. „Ich fress den Scheiß normalerweise ja nicht. Aber es gab Hamburger mit Pommes. Zwei Mal. Wenn ich mich festlegen müsste, würde ich auf McDonald’s tippen.“
    „Krause!“
    „Ja, Chef?“
    „Runterfahren, zum Südbahnhof, McDonald’s. Vielleicht gibt’s da ja Überwachungskameras. Und wenn, das Material sofort hierher bringen.“
    „Bin schon unterwegs.“
    „Bei Ihrer Freilassung, den Käfer haben sie dann ja nicht mehr benutzt.“
    „Nein, ich glaube, es war so ein kleiner Kastenwagen. Für Handwerker, die winzigen. Ich musste von hinten einsteigen und mich ducken. Die Decke war höchstens so.“ Gilberto deutete auf seine Brust.
    „Könnte es auch ein Kombi gewesen sein?“
    „Pff, eher nicht. Aber auch kein Sprinter, das weiß ich sicher. Bin mal mit so nem Ding mitgefahren. Da kann man ja fast gerade stehen, auf der