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Goethe war’s nicht

Goethe war’s nicht

Titel: Goethe war’s nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Mal gucke, ob’s was Neues gibt.“
    Dort war aber auch alles beim Alten. Wenn man mal davon absah, dass Wagner und Schmidt-Schmitt in der Küche ihre Köpfe über eine Landkarte gebeugt hatten.
    „Was macht ihr da?“, fragte Herr Schweitzer.
    „Wir versuchen gerade den Radius zu ermitteln“, erläuterte ihm sein Kumpel, „in dem die Entführer sich aufhalten könnten. Maximal 70 Minuten Landstraße, wenn sie spätestens die zweite Ausfahrt genommen haben.“
    „Logo.“ Herr Schweitzer gab aber noch zu bedenken: „Wenn sie nicht im Kreis oder zickzack gefahren sind.“
    Dieter Wagner: „Ja, das mal vorausgesetzt. Wundern würde es mich nicht.“
    „Mich auch nicht“, stimmte Schmidt-Schmitt zu.
    „Ach, und“, fast hätte er es vergessen, „kann sein, der Linus Stranz hat vielleicht doch ein Handy, ein neues.“
    „Danke, wir überprüfen das“, sagte der BKA-Leiter nachdenklich.
    „Ich geh mal zum Sofa. Brauch ein bisschen Ruhe. Holt mich, wenn’s spannend wird.“
    Herr Schweitzer brauchte in der Tat eine Auszeit. Zu viele Informationen hatten sich seit dem Auftauchen vom BKA in seinem Hirn zu einem wabernden Nebel verdichtet. Er zog die Schuhe aus und schnappte sich die beiden taubenblauen Sofakissen. Das Licht ließ er eingeschaltet.
    Schon komisch, begannen seine Gedanken, erst fordern die Entführer ausdrücklich, keine Polizei einzuschalten, dann nehmen sie’s scheinbar auf die leichte Schulter.
Der dicke Bulle
– Deppen! Und dann die neuerliche Entführung samt der horrenden 5-Millionen-Forderung. Das schreit doch förmlich nach Polizei. Herr Schweitzer wurde das Gefühl nicht los, dass es denen völlig schnuppe war, wie viele Beamten nun in die aufreibende Angelegenheit involviert waren. Obendrein wohnte so einer Entführung ja naturgemäß ein gewisses Risiko inne. Zwei Entführungen gleich doppeltes Risiko. Wie sollte man sich denn darauf einen Reim machen? Wer machte so etwas? Die hätten doch gleich den Alten kidnappen und fünfeinhalb Millionen verlangen können. Er schätzte mal so grob, ein solch hanebüchenes Verbrechen dürfte weltweit einmalig sein. Und die zumindest scheinbare Gelassenheit, mit der Gilberto seine Entführung hinnahm, ließ sich ja mit dessen Suizidversuch erklären. Er selbst, Herr Schweitzer, hatte zwar noch keinen unternommen – wozu auch?, Grüne Soße und Ebbelwei gehörten ja nicht zu den gefährdeten Lebensmitteln –, doch konnte er sich durchaus vorstellen, dass potentielle Selbstmörder Gefahren grundsätzlich relativierend gegenüberstanden. Ihr wollt mich umbringen? Nur zu, hab ich Arbeit gespart – nach diesem Motto etwa. Und als sei der ganze Wirrwarr nicht schon nebulös genug, nein, es waren die Entführer, die nichts, aber auch rein gar nichts forcierten. Die Bullen brauchten nicht mal auf Zeit zu spielen, wie in solchen Fällen üblich. Wenn ich Verbrecher wäre, so schlussfolgerte Herr Schweitzer, dann sehe ich doch zu, dass ich flink meine Kohle bekomme, und dann nix wie ab ins Paradies. Und was machen die, hä? Möglicherweise sind das Psychopathen, die Gefallen am Spiel gefunden haben. Unmerklich nickte er mit dem Kopf. Ja, genau, Psychopathen! Bei der nächsten Geldübergabe nehmen die dann den nächsten Geldboten in Gefangenschaft und fordern 100 Millionen. Ihn selbst? Weiß der Geier, wie die ticken. Richtig jedenfalls nicht, so viel ist mal klar. Außerdem geisterte noch die nicht ganz von der Hand zu weisende Frage in seinem Kopf herum, inwiefern die Stranzens oder Kretschmers Dreck am Stecken hatten. Würden sie tatsächlich so weit gehen, auf diese Art und Weise ihre finanziellen Probleme auf einen Schlag zu lösen? Waren all dies nur haltlose Spekulationen und sollte er endlich mal aufhören, in althergebrachten Schablonen zu denken und sich wieder als Querdenker profilieren? Letzteres war eigentlich seine ganz große Stärke, doch nicht mal eine halbwegs obskure Idee als zartes Pflänzchen offenbarte sich ihm.
    Kurz darauf wurde es noch nebulöser. Herr Schweitzer nickte ein.

Das Chaos nimmt zu
    Ein neuer grauverhangener Tag hatte seine Schwingen über die Finanzmetropole Frankfurt ausgebreitet, als sich mächtiger Radau in Herrn Schweitzers Traum von einem opulenten Rumpsteak mischte. Zuerst interpretierte er ihn dahingehend, dass ein Streit zwischen Bedienung und Wirt vom Zaun gebrochen war, für welchen Gast denn nun das Steak bestimmt sei, doch langsam gewann die Realität die Oberhand. Blinzelnd öffnete er erst sein

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