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Goethe

Goethe

Titel: Goethe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert von Trentini
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für jeden Geschmack und für jede Konstitution genießbar . . .«
    »Und das sagt ein Goethe!« schüttelte sich der Herzog vor Lachen, kaum daß der verdutzte Hofstaat die Erzherzogin wieder entführt hatte, und rang die Hände: »sagt mein Goethe!«
    »Sie werden nie anders!«
    » Du hast mich abgekanzelt!«
    »Sie haben es provoziert!«
    »Wie das arme Ding rot wurde! Ist sie jung? Ist sie alt? Bei den Habsburgern bringt kein Mensch mehr heraus, als: daß sie Habsburger sind. Ihr Land ist sympathisch. Aber sie? Übrigens vermute ich, daß ihnen Fritzens Tod wie ein Praterfest mit laufenden Backhendeln kam. Sage?« Aber Goethe – »Da schauen Sie her!« rief er begeistert, stand weit weg schon von Habsburg mit gespreizten Beinen in der gerölligen Halde, krallte mit eiligen Händen einen verwitterten Klumpen aus dem sandigen Gries, bröckelte den Schutt um den Kern herum ab; sprang zurück. »Sehen Sie den Kristall? Feldspat! Rhombischer! Wie er hier überall im Granit vorkommt. Das heißt: nur im grobkörnigen.« Atemlos, einen Strich unbändigen Glücks im Zug von den Wangen zum Kinn, klopfte er mit dem Taschenmesser den Kristall frei. »Ist das nicht köstlich? Ein vollkommen ausgebildeter Doppelkristall aus zwei Kristallen, die ineinander und übereinander greifen. Den einen ohne den andern könnte man gar nicht denken. So ein Kerl! Ich habe bisher keinen größeren und schöneren gesehen. Auch in der Müllerschen Sammlung steckt kein so frappanter. Unglaublich!«
    »Stein ist Stein,« sagte der Herzog.
    »Da heroben hat die Verwitterung schon begonnen. Sehen Sie? Weiße Porzellanerde. Aber abwärts, – die Farbe ist doch prächtig! Haben Sie nie die Trittsteine vor den Häusern in Karlsbad betrachtet, wenn sie vom Regen abgespült sind? Ihr porphyrartiges Ansehen haben sie nur von diesem Feldspat.«
    »Du nimmst doch den Felsen nicht mit?«
    Den Fund wie einen lebendigen Schatz an die Brust gedrückt, lächelte Goethe glückselig. Alles böse Gewissen, jeder hindernde Zweifel, jeder innere Streit war jetzt völlig gebannt. Leuchtend stand es im Herzen und in Himmel und Erde: ich geh nach Italien! »Die Welt gibt uns überall«, sprach er wie im Triumph aus, »die Ahnung eines Zentrums, aus dem ihre Wesenheiten geschaffen sind und sich weiterbilden. Diese Ahnung herzhaft erfaßt, den Gegenstand, der sie wachruft, das Gesetz, auf das sie deutet, vertrauensvoll betrachtet und mit Folge fortgeführt, – und der Geist hat es leicht, Kreis um Kreis zu bilden, die einzelnen Erscheinungen zu ordnen, und langsam aus allen die eine, allen einzelnen übergeordnete nachschaffend zu formen. – Ich sage das nicht«, fuhr er nach innigster Pause fort, »um meine Leidenschaft für den Granit als das Höchste und Tiefste im Erdbau zu rechtfertigen. Aber: alle natürlichen Dinge stehen in genauem Zusammenhang. Es hat mich mehr, als ich zeigte, beruhigt und erfreut, als Sie mir vorhin verrieten, daß Ihnen Iphigenie den Wert einer edlen Frauenseele als auch eines Zentrums inneren und äußeren Manneslebens empfinden ließ. Denn ich erblicke darin Ihr Verlangen nach Sammlung. Und Sammlung im Zentrum ist alles, aber auch das Einzige, wessen Sie noch bedürfen!« Geradezu gleichgewichtslos war er vor zwei Stunden dem frisch und blank daherstürmenden Fürsten in die lebenslustigen Arme geraten. Nun sah er nicht gemessen wie der Hofmann, nicht wichtig wie der Staatsmann, nicht dunkel und unberechenbar wie der Dichter, sondern sicher väterlich aus, auf der Mitte eines Lebens stehend, das unermüdete Fürsorge für die Seele des Anvertraut-Gewählten golden und inhaltecht gereift hatte. Während Karl August, als strahlte diese Wandlung auf ihn über, sinnend ging, die Hände auf dem Rücken, gewillt zu lauschen, und überzeugt, daß es gut wäre, zu gehorchen. »Ich darf wissen«, begann Goethe entschlossen von neuem, »Ihnen den Glauben an meine Liebe niemals durch Schmeichelei eingeimpft zu haben. Ich bin unabhängig und selbständig. Ich verhehle Ihnen nicht, daß mir der Hof nie Freude gibt, sondern nur Freude nimmt. Anderseits begreifen gerade Sie, daß bei meinem Dienste der Mensch gewinnt, was der Poet verliert. Sie aber glücklich zu machen im Bewußtsein, daß Sie ein Land glücklich machen, das Sauerteig sein kann im Mehl von Deutschland, ist nicht ein Bestreben aus dem Schaffenstrieb meines Geistes, sondern aus meinem Herzen. Sie sind ein ganzer Fürst, und werden ein immer richtigerer, je mehr Sie den Menschen in

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