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Goethe

Goethe

Titel: Goethe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert von Trentini
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Mann.
    »Sagen Sie! Gestehen Sie: Wissen Sie's anders?«
    Mit einem Ruck riß der Mann das Haupt empor. »Besuchen Sie mich einmal. Ich will Ihnen dann etwas zeigen. Es steht ein kleines Häuschen auf dem Hang des Monte Mario, gegen Sankt Peter hinab. Darin wohne ich. Sie finden es leicht. Es trägt ein Rundrelief, eine Madonna mit dem Kind, überm Tor. – Auf Wiedersehen!« Und schritt ohne weiteres davon.
    Wie betäubt, als schon die Finsternis über dem Walde und dem entsunkenen Bilde der Göttin gondelte, wankte Goethe nach Hause.
    * * *
    »Professor Moritz« stellte sich ihm sehr verlegen und ungeschickt ein Mann vor, als er in Tischbeins Studio eintrat. Die züngelnde Ölflamme, vom hohen Messingschaft her, beleuchtete den Tisch, um den dieser Mann und die anderen Freunde erwartungsvoll aufgesprungen waren.
    »Der Herr Professor ist heute angekommen,« strebte Tischbein artig zu Hilfe, weil den linkischen Worten ein linkisches Schweigen gefolgt war. »Er wird einige Zeit hier verweilen.«
    Aber völlig ungerührt ließ Goethe die Pause anwachsen. Erst als sie zu trippeln begannen alle Viere, weil sie nicht mehr wußten, wie sie sich helfen sollten, schlich er an Moritz vorbei in das Nebengemach, wo vor Tischbeins immer noch nicht fertigem »Paris« zwei Kerzen auf Flechtstühlen standen. »Nichts gemacht heute?« hörte man ihn gleich darauf rufen.
    Eilig ging Tischbein ihm nach.
    »Er ist sonst einfach entzückend!« tröstete Bury den verängstigten Moritz.
    »Und uns zweimal heut durchgebrannt!« blinzelte Schütz mit pfiffigem Lächeln. »Und geniert sich jetzt. Er hat nämlich, müssen Sie wissen, das Gemüt einer Jungfrau.«
    »Hab ich's nicht gesagt?« Im Triumph schoß Bury auf: die ganze bunte Flut dieses Tages auf dem Antlitz, kam Goethe zurück. Und ein Lächeln, – dann streifte die straffe Gestalt den Tabarro ab. »Sühnegeschenke entsteigen den Falten.«
    »Engel, Sie!« flog ihm Bury um den Hals, das Pfund Johannisbrot in den begeisterten Fingern.
    »Ich bin nämlich auch aus Frankfurt,« erklärte Schütz Moritzen, den Fiasco Chianti am Busen.
    Wortloser Liebender hingegen, Glanz um den Mund, drückte Tischbein die verborgene Hand; er hatte die äsopschen Fabeln mit Stichen bekommen.
    »Sie sind der Verfasser des ›Anton Reiser‹, Herr Professor, nicht wahr?«
    Wie ein Soldat, den der König anredet, reckte sich Moritzens zusammengefallene Gestalt in die Höhe. »Zu dienen, Exzellenz!«
    Lange, aufmerksam sah Goethe ihn an. Schmerz und Ruhelosigkeit standen in diesem verzehrten Gesichte. Zerrissenes Leben in den eckigen Formen des schlecht gekleideten Körpers. »Ich schätze dieses Buch außerordentlich,« sagte er endlich, scharf betonend, die Hände auf dem Rücken. »Es hat viel Verdienst. Übrigens . .« – und mit einer unvermittelten Verbeugung gegen den hochrot Gewordenen hin wich er an die Tür zurück – »wollen Sie mich nicht ohne Titel nennen?«
    »Er ist jeden Tag anders!« lächelte Tischbein, als sie mit Moritzen, ohne Goethe, beim Abendmahl um den Tisch saßen.
    »Aber mit jedem himmlischer!« Die Augen verzückt in der Höhe, hob Bury sein Glas. » Tibi, Jupiter! «
    »Er hat eine Liebschaft!« schwor Schütz; mit der Zunge schnalzte er. Und ein viel größeres Glas, als Burys Jünglingsgurgel leerte, trank die viellebende Männerkehle. »Ich wette meinen Schädel! Er hat eine!«
    »Blödsinn!«
    »Bei dem ist nichts Blödsinn!«
    »Ich bewundere nur,« – unbehaglich rückte Moritz den Sessel – »wie Sie es zustande brachten, ihn so . . . zahm zu machen, möchte ich sagen. In Deutschland gilt er als völlig unnahbar.«
    »Weil wir keine Philister sind!« protzte Bury sehr frech.
    »Weil wir ihn lieben.« Den dritten Weihebecher goß Schütz hinab.
    »Er ist der vollendete Kenner der Menschen!« sagte Tischbein besonnen. »Er sieht, daß wir dankbar und glücklich sind, ihn da haben zu dürfen, im übrigen aber nichts von ihm begehren. Das macht ihm Vertrauen.«
    »Und was tut er jetzt? Bleibt er allein?«
    »Wir üben die vollste Freiheit.«
    »Und – schweigt er auch hier so viel, wie in Weimar?«
    »Ich habe nie einen Menschen getroffen«, antwortete Tischbein, sehr ernst, »der mehr Auge als er ist. Er schaut von Morgen bis Abend. Da erübrigt sich denn das Reden. In Rom.«
    Aber am nächsten Morgen war nichts davon wahr. Hatte den aufgepeitschten Neuling keine Absicht, keine Spur auf das Kapitol hinaufgetrieben? Im Rundbogen des Südtors, gegen den Campo

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