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Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)

Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)

Titel: Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Köstering
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…«
    »Natürlich,
gerne.«
    »Sorry
wegen der Adresse hier. Am Großen Hirschgraben. Habe vorhin gar nicht dran
gedacht, dass ja direkt gegenüber das Goethehaus ist …«
    »Kein
Problem. Möchten Sie auch etwas essen, Steffi, ich lade Sie ein!«
    »Echt?«
    »Ja,
echt!«
    »Das
ist ja … ich meine, toll, danke!« Sie bestellte ein großes Frühstück mit
Spiegeleiern und Schinken, ich nahm ein Sandwich und einen Espresso.
    »Ich
möchte nicht lange um den heißen Brei herumreden …«, begann ich. »Um Sie zu
kontaktieren, musste ich in Ihrem Telefonregister blättern.«
    »Ooch,
das macht nichts.«
    »Dabei
fand ich zufällig den Namen Reinhardt Liebrich.«
    Schlagartig
veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. Die Tasse zitterte in ihrer Hand. »Was
ist denn mit dem …?«
    Die
Art, wie sie das Wort ›dem‹ aussprach, ließ keinen Zweifel daran, dass sie
Reinhardt Liebrich am Liebsten auf den Mond wünschte.
    »Entschuldigen
Sie bitte, dass ich Ihre Privatsphäre berühren muss, aber es ist wichtig. Ich
gehöre zu einem Team, das versucht, in Weimar einen Kriminalfall aufzuklären.«
Ich wunderte mich selbst, wie locker mir diese Worte über die Lippen kamen.
    »Einen
Kriminalfall? Und Liebrich ist der Verdächtige?«
    Sofort
fiel mir Richards Ermahnung ein. »Tut mir leid, Steffi, aber das darf ich Ihnen
nicht sagen, laufende Ermittlungen.«
    »Ja,
verstehe …«
    Mein
Sandwich kam, direkt danach ihr Frühstück. Das gab uns beiden Gelegenheit, über
das Gesagte nachzudenken.
    »Sie
mögen Liebrich nicht?«, fragte ich.
    »Ich
hasse ihn!«
    »Oh …
könnten Sie mir bitte erzählen, wie es dazu kam?«
    »Herr
Dr. Wilmut …«
    »Lassen
Sie den Doktor bitte weg, das machen alle so.«
    »Gut,
Herr Wilmut, es ist so, äh … ich spreche eigentlich mit niemandem darüber, noch
nicht einmal mit meinen Eltern. Nur mit Jan.«
    Ich
ließ ihr Zeit.
    »Herr
Liebrich war Intendant am Schauspiel, als ich dort ein Praktikum machte. Ich
kam in die Dramaturgie, der Chefdramaturg war ein netter Typ. Aber Herr
Liebrich hat immer nach mir gefragt.« Es entstand eine Pause.
    »Entschuldigen
Sie bitte, ich muss Sie das fragen: Hat er Sie belästigt?«
    »Sie
meinen angegrabscht oder so?«
    »Ja.«
    »Nein,
nein, der hat nichts für Frauen übrig, wahrscheinlich für keinen anderen
Menschen, nur für sich selbst. Nein, es ging um etwas ganz anderes. Er hat es
mit seinem bühnenreifen Gequatsche geschafft, Leute für sich einzunehmen, an
sich zu binden. Leider …« Sie zögerte.
    »…
leider auch Sie?«
    Offensichtlich
kam ihr ein klares Ja nicht über die Lippen. Noch nicht. Sie nickte betreten.
Die Bedienung kam, ich bestellte einen weiteren Espresso und einen Orangensaft
für Steffi.
    »Ich
nehme an, es war Ihnen peinlich, Ihren Eltern davon zu erzählen?«, fragte ich
vorsichtig nach. »Besonders Ihrem Vater?«
    »Herr
Liebrich hat dauernd in unser Büro geschaut, nur um zu sehen, ob ich da bin,
dann hat er mich mitgenommen zu den Proben, was ich am Anfang natürlich cool
fand. Er hat mir Dinge erklärt, faszinierende Zusammenhänge, interessant, oft
auch amüsant. Danach sollte ich jedes Mal ein paar Aufgaben erledigen, kleine
Sachen, etwas auswendig lernen oder so ’n Kram, dann größere Dinge, aufwendig,
langwierig, unsinnig. Ich habe ihm mehrmals Verbesserungsvorschläge gemacht,
sodass ich auch selbstständiger hätte arbeiten können, aber die hat er komplett
abgelehnt. Der Kernpunkt war: Er persönlich wollte alles unter Kontrolle
halten. Wissen Sie, Herr Wilmut, es ist schwer, so etwas zuzugeben, aber ich
muss es irgendwann einmal sagen: Er hatte eine gewisse Macht über mich. Und
zwar so, dass ich es zunächst gar nicht realisiert habe. Später … wie soll ich
es sagen … konnte ich mich dem gar nicht mehr entziehen.«
    Ich war
beeindruckt. »Es ist gut, dass Sie mir das sagen, Steffi. Gut für unser
Ermittlungsteam und gut für Sie selbst.«
    Sie sah
mich offen an. »Ja, das stimmt, da haben Sie recht, ich … fühle mich echt schon
besser.«
    »Wie
sind Sie von ihm losgekommen?«
    »Jan.
Er hat mir klargemacht, dass Herr Liebrich mich gar nicht unterstützte, sondern
nur ausnutzte.«
    »Das
hat er gut gemacht, der Jan, grüßen Sie ihn bitte von mir.«
    Sie
warf mir einen dankbaren Blick zu.
    »Noch
eine letzte Frage: Wann hat sich das Ganze zugetragen?«
    »2004.
Das weiß ich noch genau. Im Sommer hatte ich mein Praktikum verlängert. Weil
Herr Liebrich es so wollte. Später habe ich es dann abgebrochen, am

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