Götter der Nacht
Vergnügen der Zuschauer.
Der Verurteilte heulte vor Entsetzen auf und versuchte sich vergeblich am Rand der Arena in Sicherheit zu bringen. Fünfzehn blutdürstige Ratten hetzten ihm hinterher und stürzten sich auf ihn. Der Mann schlug um sich, kreischte und trat, konnte sich kurz befreien, wurde wieder angegriffen, stolperte und brüllte vor Schmerzen. Die Wallatten, Sadraken, Solener, Tuzeener und Grelitten im Publikum lachten gehässig, während die Sklaven voller Verzweiflung den Blick abwandten.
Doch die Ratten waren erst der Anfang, gewissermaßen die Eröffnung. Bald erstarb das Gelächter, und die Farikii ketteten die Tiere wieder an, während sie den Sterbenden am Boden liegen ließen. Sein Körper war mit unzähligen Wunden übersät, und die Ratten hatten fast all sein Blut ausgesogen.
In diesem Augenblick erklomm Saat die Rednertribüne und hielt eine kurze Ansprache. Zamerine waren die Worte wohlbekannt: Es ging wie immer darum, die Männer
mit der Aussicht auf Eroberungen, Reichtümer und Macht zum Kampf anzustacheln. Wie gewohnt schlugen Saats Redekünste die einfältigen Wüstlinge in den Bann, und seine Worte wurden vom Klirren von vierhundert Klingen begleitet, die gegen Metallrüstungen schlugen. Zamerine, dem die Kunst der Demagogie vertraut war, langweilte sich ein wenig. Doch dann geschah etwas Überraschendes.
Saat winkte Chebree hoch zu sich auf die Tribüne, und die Emaz gehorchte bereitwillig. Das war nicht vorgesehen. Eigentlich sollte sie erst am Ende der Zeremonie das Wort ergreifen. Hatten die beiden ihre Pläne geändert, ohne ihm Bescheid zu geben?
Zamerine hatte nicht die Absicht, die Verehrung Sombres zu verbreiten, denn er gedachte, Zuïa treu zu bleiben. Daher behielt er Chebree stets im Auge und verfolgte genau, was sie mit den Sklaven oder der Armee vorhatte. Er gehörte nicht zu den Anhängern des neuen Gottes. Aber war das ein Grund, ihn von wichtigen Entscheidungen auszuschließen?
»Heute ist ein großer Tag«, verkündete Chebree feierlich. »Heute beginnt die Herrschaft des Bezwingers auf Erden!«
Tosender Applaus setzte ein, obwohl sie eigentlich noch nicht viel gesagt hatte. Ihre nächsten Worte wurden mit noch größerem Jubel aufgenommen.
»Heute wird Sombre vor uns erscheinen! Hier in dieser Arena! Und er wird die Ungläubigen bestrafen, die sich seinen Verkündern widersetzen!«
Zamerine sah mit Befremden, wie die Krieger dumpfe Freudenschreie ausstießen. Ein Gott? Ein Gott würde zu ihnen kommen, heraufbeschworen von einer Barbarin, die vor einem Jahr nicht einmal seinen Namen gekannt hatte?
Das seltsame Paar nahm wieder Platz, und der Zü gab das Zeichen, mit der Zeremonie fortzufahren. Er sah dem Ereignis mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Ungeduld entgegen.
Die beiden Männer, die nun den Kampfplatz betraten, wurden mit lauten Hochrufen begrüßt. Der Jubel galt vermutlich eher Gors dem Zimperlichen, Saats Heerführer, als Dyree, dem Henker. Denn während Gors der Menge mit stolzgeschwellter Brust zuwinkte, stand der Zü nur reglos da und wartete darauf, dass man ihm die Verurteilten schickte.
Prompt wurden acht von ihnen in die Arena gestoßen. Sie waren ausgehungert, erschöpft und verzweifelt. Gors beschimpfte sie in allen Sprachen des Ostens, und das Publikum fiel mit Feuereifer ein. Die Zuschauer waren außer Rand und Band.
Einer der Verurteilten beschloss, die Sache schnell hinter sich zu bringen, und näherte sich den beiden Scharfrichtern. Der Heerführer stürzte sich auf den Mann, als er nur noch wenige Schritte von ihm entfernt war, und streckte ihn mit einem gewaltigen Fausthieb nieder. Als sein Opfer am Boden liegen blieb, versetzte Gors ihm mehrere Fußtritte, bevor er es hochhob und ihm mit einem lauten Knacken das Genick brach.
Die Barbaren applaudierten, und Gors der Zimperliche dankte ihnen mit erhobener Hand, offenkundig stolz auf seine Tat. Die übrigen Verurteilten berieten sich, und nach einer Weile gingen fünf von ihnen langsam auf die Scharfrichter zu. Diese fünf wollten um ihr Leben kämpfen.
Mit einem grausamen Lächeln nahm der wallattische Koloss seine zweischneidige Axt zur Hand. Dyree wirkte hingegen gelangweilt. Er zog einen gewöhnlichen Dolch, ließ
seinen Hati jedoch in der Scheide stecken. Unvermittelt warf er die Waffe zwei Sklaven vor die Füße, die unschlüssig herumstanden, weil sie zu feige oder zu klug waren, die Scharfrichter anzugreifen. Der Zü bevorzugte einen Feind, der Gegenwehr
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