Götterbund (German Edition)
Menschen fielen sich gegenseitig in die Arme oder klopften ihren Freunden und Familienmitgliedern auf die Schultern.
Shaquess lächelte. Niemals hätte er für möglich gehalten, dass Yanna es schaffen würde, so schnell guten Einfluss auf Rajatshas auszuüben. Der König hatte sich in den letzten Monaten sehr zu seinem Vorteil verändert. Und Shaquess ertappte sich immer häufiger bei der Vorstellung, dass er irgendwann tatsächlich der oberste Taissin eines guten Herrschers sein würde. Da er kein besonders optimistischer Mensch war, wollte er nicht zu viel hoffen. Doch er musste zugeben, dass diese Aussicht zumindest nicht mehr unmöglich schien.
„Ruhe!“, befahl Rajatshas, doch man hörte seiner Stimme an, dass er lächelte. „Ich habe eine weitere Ankündigung zu machen.“
Sofort wurde es auf dem Platz wieder still.
„Es betrifft die Liste der Gesuchten.“
Shaquess horchte auf. Davon hatte Yanna ihm nichts erzählt.
„Mit sofortiger Wirkung werden Lyza Levira und Ehliyan Avataras von der Liste der Gesuchten gestrichen. Ich gebe zu, dass es ein Fehler war, der dazu führte, dass diese beiden Personen auf die Liste gesetzt wurde.“
Shaquess fixierte Yannas Hinterkopf. Sie schien seinen Blick zu spüren, denn sie wandte sich zu ihm um. Das Lächeln auf ihren Lippen konnte ihn nicht über den ernsten Ausdruck in ihren Augen hinweg täuschen. Er kannte diesen Ausdruck. Es war Schuld.
Die Prinzessin wandte sich wieder dem Volk zu.
„Die Ankündigung ist hiermit beendet“, sagte Rajatshas. Er wandte sich um und Yanna tat es ihm gleich. Seite an Seite verschwanden sie zurück in den Palast.
Shaquess wusste, warum Yanna ihm nichts von Rajatshas’ Vorhaben, Ehliyan und Lyza von der Liste der Gesuchten zu nehmen, erzählt hatte. Rajatshas hatte zehn Prozent der Gardisten entlassen, weil es das Richtige war. Doch Ehliyan und Lyza hatte er die Freiheit geschenkt, weil Yanna sich das wünschte. Er hatte es für sie getan, nur für sie. Diese Geste musste Yannas schlechtes Gewissen gegenüber Rajatshas ins Unermessliche steigern. Egal, wie oft Shaquess ihr versichert hatte, dass sie das Richtige tat: Er wusste, dass er ihre Schuldgefühle nicht lindern konnte. Und zumindest in einem musste er der jungen Frauen zustimmen: Sollte Rajatshas jemals erfahren, dass sie auf die Bitte ihres Rebellenrates hin in den Palast zurückgekehrt war, wäre nicht vorherzusehen, wie er reagieren würde.
Sie hatte es tatsächlich geschafft! Malyn wusste nicht, ob er jemals in seinem Leben auf irgendjemanden so stolz gewesen war.
„Du hättest sie sehen müssen“, schwärmte Thoran mit leuchtenden Augen. „Wie sie dort oben nebeneinander standen. Sie schienen vollkommen im Einklang mit sich selbst und miteinander zu sein.“
Malyns Grinsen wurde noch breiter, als er bei genauerem Hinsehen Tränen in den Augen des alten Mannes entdeckte. Auch, wenn Thoran es nicht laut geäußert hatte: Malyn wusste, wie viel ihm daran gelegen hatte, dass er nach seiner Tochter nicht auch noch seinen Enkel verlor. Und nun schien es tatsächlich, als gebe es Hoffnung für Rajatshas.
„Dann kann ich mir ja endlich wieder eine eigene Unterkunft suchen.“ Lyza grinste in die Runde. „Ich gehe und packe meine Sachen zusammen. Wer weiß, vielleicht ziehe ich ja in die Bruchbude, die ich dir früher als mein Haus verkauft habe.“ Mit einem letzten Zwinkern in Ehliyans Richtung drehte sie sich um und verschwand nach oben.
Malyn entging nicht der gequälte Blick, den Ehliyan der ehemaligen Gardistin hinterher warf. Im selben Moment wurde er von Thoran in die Rippen gestoßen. „Du musst mit ihr reden“, zischte er ihm zu. Malyn seufzte innerlich. Von Anfang an hatte Thoran ihm zu erklären versucht, dass Ehliyan Gefühle für Lyza hegte. Und von Anfang an hatte er sich gegen den Gedanken gewehrt. Umso mehr, seit er von der Beziehung zwischen Yanna und Shaquess wusste. Was hatte er falsch gemacht, dass sich all jene, die ihm etwas bedeuteten, plötzlich in Taissins und ehemalige Gardistinnen verliebten?
„Du wolltest dich doch heute mit Yanna treffen, oder?“ Fragend blickte Ehliyan Thoran an.
Der alte Mann nickte.
„Lass mich gehen, ja? Ich muss mich bei ihr bedanken.“
„Natürlich.“ Thoran beugte sich abermals zu Malyn und wisperte: „Währendessen hast du genug Zeit um mit Lyza zu reden.“
Der Ratsvorsitzende nickte geschlagen.
Als Ehliyan in das verwitterte, verlassene Haus schlüpfte, das Yanna und Thoran für
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