Götterbund (German Edition)
an der Wand. Sie wollte sich mit der Hand an den Kopf fassen, doch schaffte es nicht. Nur langsam begriff sie, dass ihre Hände hinter ihrem Rücken gefesselt waren.
„Schon wieder wach?“
Yanna kannte diese Stimme. Sie hob den Kopf. Ihr Blick glitt von den langen, schlanken Beinen hoch zu dem emotionslosen Gesicht, welches von sanften Wellen schwarzen Haares umspielt wurde. „Du dachtest nicht, dass du mich wieder sehen würdest, oder?“ Debrana lachte auf.
Yanna Blick erforschte den Rest des Raumes. Sie entdeckte zwei Männer, die an der geschlossenen Eingangstür standen, sowie einen Mann und eine Frau, die hinter Debrana an der Wand lehnten.
„Du bist selbst schuld“, fuhr Shaquess’ Mutter fort. „Hättest du Rajatshas getötet, wie wir es den Rebellen geraten haben, wären wir vielleicht nie an dich herangekommen. Wenn ich so darüber nachdenke, muss ich dir im Grunde dankbar sein. Durch dein Einwirken hat Rajatshas einen Teil der Gardisten entlassen, was für unseren Spion alles so viel einfacher gemacht hat. Und nun werdet ihr beide sterben.“
„Ein Spion?“ Langsam klärte sich Yannas Verstand. Sie starrte in Debranas kühle grüne Augen, die denen von Shaquess’ so ähnlich sahen, doch etwas vollkommen anderes ausstrahlten.
Yanna zermarterte sich den Kopf. Wer wusste von ihrem geheimen Treffpunkt? Shaquess. Nur Shaquess. Aber er konnte unmöglich der Spion sein. Yanna formte die Frage mit den Lippen, doch kein Ton kam aus ihrem Mund.
„Du willst wissen, wer es ist?“ Debrana lachte. „Du willst wissen, wer dich verraten hat?“
Yannas Gedanken drehten sich im Kreis. Niemand war eingeweiht gewesen. Sie hatte niemandem sonst vertraut. Außer… ihr Gespräch mit Georgas! Seine Geschichte über Shaquess hatte alles andere ausgeblendet. Aber Yanna meinte, sich zu erinnern, dass sie ihm davor von dem Haus hier erzählt hatte. Ganz beiläufig, um ihn von der Sicherheit des Treffpunktes zu überzeugen.
Debrana lächelte und nickte. „Ich sehe, dass du dahinter gekommen bist. Er ist ein guter Schauspieler, nicht wahr? Der beste, den ich je kennen gelernt habe. Und das in seinem jungen Alter.“
Ein dicker Kloß hatte sich in Yannas Hals gebildet. Wie dumm und naiv sie doch gewesen war. Hatte einen Jungen in ihr Leben gelassen, den sie nicht kannte. War auf seine offene, kindliche Art hereingefallen, hatte ihm vertraut. So sehr, dass sie ihm verraten hatte, wo und wann sie sich mit den Rebellen traf. Hatte seinen Wunsch, niemandem von seiner Verbindung zu den Fanatikern zu erzählen, respektiert und sein Geheimnis für sich behalten. Jetzt war Yanna klar, wieso er diese Bitte geäußert hatte: Shaquess musste Georgas von früher kennen. Er hätte ihr sagen können, dass er keineswegs eine ähnliche Gesinnung wie der Taissin vertrat. Der Junge hatte sie belogen, von Anfang an. Mit dem Ziel, sie und Rajatshas zu töten. Yanna schluckte den Schmerz des Verrats hinunter und blickte Debrana fest in die Augen. „Wo ist Rajatshas?“
„Wenn ich es mir recht überlege… “ Nachdenklich richtete sie ihre Augen gen Decke. „ … müsste er bereits tot sein.“
Eiskalter Schrecken durchfuhr Yanna, doch nur für einen Moment. Rajatshas war nicht tot. Sie spürte ihn deutlich, fühlte das Band, welches stärker denn je pulsierte. Wenn er noch lebte, aber Debrana davon ausging, dass er tot war… konnte das nur bedeuten, dass etwas schief gelaufen war.
„Genug der Plauderei“, entschied Debrana plötzlich. Sie wandte sich zur Tür. „Dein Rebellenfreund verspätet sich“
Deutlich hörte Yanna den irritierten Unterton heraus. Debrana war beunruhigt. Zu Recht. Yanna wusste nicht, wie lange sie bewusstlos gewesen war. Doch selbst, wenn sie nur wenige Minuten verpasst hatte, war Ehliyan ungewöhnlich spät dran. Etwas stimmte ganz und gar nicht.
Das schien auch Debrana klar geworden zu sein. Sie zog einen Dolch aus ihrem Gürtel. „Du verstehst sicher, dass wir nicht länger warten können. Vielleicht hat dein Freund dich ja versetzt.“ Sie winkte den Mann und die Frau heran, die hinter ihr gestanden hatten. „Richtet sie auf.“
Im nächsten Moment standen die beiden neben Yanna, packte sie an den Armen und zerrten sie auf die Beine.
Mit einem zufriedenen Lächeln richtete Debrana die Spitze ihres Dolches auf Yannas Brust. „Bete zu deinen Göttern, dass ich das Herz treffe und es schnell geht.“
Noch während Debrana sprach, lehnte Yanna ihren Oberkörper nach hinten und trat mit dem
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