Götterbund (German Edition)
wüsste oder gesehen hätte.“
Rajatshas ignorierte den Taissin. Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, trat der König einen Schritt zurück. Er drehte beide Handflächen nach oben. „Sieh genau hin“, flüsterte er und schloss die Augen.
Yanna starrte gebannt auf seine Hände. Erst geschah nichts, doch dann flackerte plötzlich eine Flamme in Rajatshas’ Handflächen auf. Yanna stolperte rückwärts. Entsetzt starrte sie auf das Feuer, erwartete jeden Moment Schmerzensschreie von Rajatshas.
Doch der König lachte nur.
Mit klopfendem Herzen sah Yanna genauer hin und bemerkte, dass die Flamme Rajatshas’ Haut gar nicht berührte. Sie schwebte vielmehr über seinen Händen. „Was… “, keuchte sie.
„Hast du dich nie gefragt, warum das Symbol der Königsfamilie eine Flamme ist? Dank des Götterbundes beherrschen wir das Feuer. Du kannst das auch.“
Yanna schüttelte den Kopf. „Du irrst dich.“ Doch sie konnte die Augen nicht von dem Feuer abwenden.
Rajatshas schlug seine Handflächen aneinander und erstickte die Flamme. „Nur weil du es noch nie getan hast, bedeutet das nicht, dass du es nicht kannst. Versuche es.“
„Ich bin die Falsche!“
Rajatshas packte sie an den Schultern. „Wie viele Beweise brauchst du noch, Dashamien? Wir haben die gleiche Augenfarbe, ein besonderes Merkmal unserer Familie!“
Eine Erinnerung wurde in Yanna wach gerüttelt. Ihr Blick fiel auf Shaquess.
Ein bedeutungsschweres Lächeln lag auf den Lippen des Taissin. Auch er hatte bei ihrem ersten Treffen auf ihre angeblich außergewöhnlichen Augen hingewiesen.
„Bitte, Dashamien“, flehte Rajatshas. „Rufe das Feuer herbei.“
Yanna starrte in die grauen Augen. „Wie?“
„Konzentriere dich. Stelle dir eine Flamme vor, male dir aus, wie sie in dir entsteht, wie du sie erschaffst. Dann rufe sie herbei.“
Yanna presste die Lider aufeinander. Sie musste endlich die Wahrheit wissen. Im Geiste stellte sie sich eine lodernde Flamme vor. Sie dachte an ihre blendend helle Farbe und an die Hitze, die sie ausstrahlte. Yanna schüttelte den Kopf. Was für ein Unsinn! Dann spürte sie plötzlich, wie ihr warm wurde.
„Strecke die Hand aus, Dashamien“, flüsterte Rajatshas’ Stimme an ihrem Ohr.
Sie rührte sich nicht. Da packte eine Hand ihre eigene und drehte sie so, dass die Handfläche nach oben zeigte.
„Sieh nur.“
Langsam öffnete Yanna die Augen. Über ihrer rechten Handfläche schwebte eine kleine aber kräftige Flamme. Seltsamerweise erfüllte sie ihr Anblick nicht mit Furcht. Im Gegenteil: Wohlige Zufriedenheit breitete sich in Yanna aus, während sie das Feuer betrachtete, das sie erschaffen hatte.
„Willkommen zurück, liebste Cousine.“
Yanna ballte die Hand zur Faust und die Flamme verschwand. Keuchend wich sie zurück, bis sie mit dem Rücken gegen die Wand stieß. Dankbar lehnte sie sich gegen die Stütze.
„Glaubst du mir nun?“, fragte Rajatshas sanft.
Yanna nickte. Sie hatte allein mit ihren Gedanken Feuer erschaffen. Und plötzlich, da sie sich auf die Wahrheit einließ, machte vieles einen Sinn. Doch es taten sich mindestens ebenso viele neue Fragen auf. „Mein Großvater… ist gar nicht mein Großvater“, flüsterte sie mehr zu sich selbst. „Meine Eltern waren keine Rebellen. Alles Lügen.“
„Nicht ganz“, widersprach Rajatshas. „Unser Großvater unterstützte deinen Vater bei dem Versuch, meine Mutter zu töten. Ihm gelang als Einzigem die Flucht. Schelash konnte seinen Aufenthaltsort nie ausfindig machen. Doch sie vermutete, dass er etwas mit der Gründung der Rebellenorganisation zu tun hatte.“
Konnte es sein? Yanna wünschte sich in diesem Moment nichts mehr, als dass zumindest dieser winzige Teil ihres Lebens keine Lüge war.
Rajatshas lachte auf. „Ist das nicht unglaublich? Du hast all die Jahre bei den Rebellen gelebt, hast Menschen für deine Familie gehalten, die in Wirklichkeit darauf aus waren, deine Familie zu zerstören.“
„Die Rebellen haben mich aufgenommen und sich um mich gekümmert, nachdem deine Mutter versucht hat, mich zu töten“, wies Yanna Rajatshas scharf zurecht.
Der König sah sie einen Moment lang überrascht an, dann machte er eine wegwerfende Handbewegung. „Wie dem auch sei… Was in der Vergangenheit vorgefallen ist, hat nun keine Bedeutung mehr. Wichtig ist allein, dass wir endlich zusammen sind. Dass du deinen rechtmäßigen Platz als meine Beraterin einnehmen kannst, so wie es in unserer Familie Brauch
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