Götterbund (German Edition)
Augenwinkeln sah, wie Shaquess sein Schwert zog. Mit einem Schmerzensschrei ging der fremde Gardist zu Boden. Blut quoll aus seiner rechten Seite.
„Komm!“ Shaquess griff mit der freien Hand abermals Yannas Arm und zog sie weiter. „Es werden uns noch mehr von ihnen über den Weg laufen. Fühl dich frei, mir dabei zu helfen, sie außer Gefecht zu setzen.“ Er hielt ihr sein Schwert hin.
Yanna nahm es und beobachtete, wie der Taissin mit einer Hand über seine Schulter griff. Erst jetzt fiel ihr auf, dass Shaquess dort zwei Scheiden trug.
Als auch der Taissin wieder ein Schwert in der Hand hielt, rannten sie weiter. Yanna erkannte den Weg. Es war derselbe, den sie als Kind genommen hatte. Der, der zum hinteren Palastausgang führte. Wo damals Thoran auf sie gewartet hatte.
Auch der nächste Gardist, der sich ihnen in den Weg stellte, wurde blitzschnell von Shaquess außer Gefecht gesetzt.
Dann war bereits der Ausgang in Sicht.
Plötzlich hallte Rajatshas’ Stimme durch den Gang. „Sofort stehen bleiben!“
Yanna sah Shaquess an, doch der schüttelte den Kopf, verstärkte seinen Griff um ihre Hand und rannte noch schneller.
In diesem Moment sauste ein Pfeil an Yannas Kopf vorbei.
Shaquess blieb so plötzlich stehen, dass es die junge Frau beinahe von den Füßen gerissen hätte. „Ich habe es mir anders überlegt“, ließ er sie wissen. „Durchlöchert bringt dir deine Freiheit auch nichts.“
Sie wandten sich um.
Rajatshas kam mit schnellen Schritten auf sie zu, gefolgt von zehn Gardisten. Zwei von ihnen hielten große Bogen in den Händen. Sie blieben einige Meter von Yanna und Shaquess entfernt stehen. Rajatshas warf dem Taissin einen hasserfüllten Blick zu. „Das wirst du bereuen“, zischte er.
Shaquess erwiderte nichts.
Rajatshas’ Aufmerksamkeit richtete sich auf Yanna. „Gut für dich, dass du stehen geblieben bist. Sonst hätte ich den Befehl gegeben, auf deine Beine zu zielen.“
Yanna schluckte. Die Flucht war gescheitert. Sie würde zurück in den Kerker kommen und Shaquess… daran wollte sie gar nicht denken.
„Diese Situation kommt mir bekannt vor“, spottete Rajatshas. „Zwar weiß ich jetzt, dass es sich nicht so ereignet hat, doch in meiner Erinnerung habe ich dich damals auch bei deinem Fluchtversuch gestellt.“
„Ich erinnere mich jetzt, was damals wirklich passiert ist.“ Yanna wusste nicht, warum sie gerade jetzt den Drang verspürte, Rajatshas davon zu erzählen. Doch was konnte es schaden? Solange sie redeten, brachte er sie nicht zurück in den Kerker. „Die jetzige Situation hat nichts mit der damaligen gemein. Das letzte Mal hast du mich zur Flucht überredet. Nicht versucht, mich davon abzuhalten.“
Einen Moment lang starrte Rajatshas Yanna nur verständnislos an. „Was?“, fragte er schließlich.
„Du hast mir geholfen. Zwar war es Malyn, der mich aus dem Kerker geholt hat, aber er konnte mich nicht dazu bringen, den Palast zu verlassen. Dann kamst du dazu, so dass ich auf dein Anraten hin schließlich die Flucht wagte.“
„Tatsächlich?“, fragte Rajatshas langsam.
Yanna nickte. „Du wähltest damals unsere Trennung, obwohl es dir sicherlich schwer fiel. Weil… “ Sie schluckte. „Weil du wusstest, dass deine Mutter gefährlich ist und du Angst um mich hattest. Du wolltest, dass es mir gut… “
„Ich bin des Redens müde“, unterbrach Rajatshas. Er hob die Hand als Zeichen für seine Gardisten.
„Willst du mich nicht verstehen?“, schrie Yanna. „Damals lag dir so viel an mir, dass du zu meinem Wohl unsere Trennung gerne in Kauf nahmst. Aber jetzt denkst du nur an dich. Du willst mich zwingen, bei dir zu bleiben, obwohl ich das nicht will!“ Sie trat einen Schritt auf Rajatshas zu. „Wenn du mich wieder in den Kerker sperrst, werde ich irgendwann aufgeben, weil ich es nicht mehr aushalte. Ich werde deine Beraterin werden, aber nur, weil du mich dazu zwingst.“
Rajatshas’ blickte hart und unbeugsam auf sie herab. Doch Yanna spürte den emotionalen Kampf, den er mich sich ausfocht.
„Und ich werde dich dafür hassen“, fügte sie leise hinzu.
Für einen Moment sah sie Emotionen in Rajatshas’ Augen.
„Ich weiß, dass es im Grunde nicht genug für dich ist, wenn ich nur hier bleibe, weil du mir keine andere Wahl lässt.“
Rajatshas sah sie an wie ein Ertrinkender, dem das Rettungsfloss genommen worden war.
Yanna wünschte sich nichts sehnlicher, als seinen Schmerz lindern zu können. Sie wollte ihm klar machen, wie
Weitere Kostenlose Bücher