Götterbund (German Edition)
mehr gesagt als mir.“ Einmal mehr schien Shaquess ihre Gedanken zu erraten.
Yanna nahm einen Schluck von der Brühe. Es schmeckte köstlich. „Du hast doch sicher eine Vermutung, was die Beweggründe des Attentäters angeht, oder?“
„Es gibt nicht viele, die ein Motiv hätten, dich zu töten.“
Yanna begriff. „Du meinst die Fanatiker?“
Der Taissin nickte.
Das machte Sinn. Sie waren tatsächlich die Einzigen, die einen Grund hätten. Sie wollten schließlich alle Mitglieder der Königsfamilie loswerden. Egal, ob sie regierten oder im Kerker saßen. Und sie war natürlich ein viel leichteres Ziel als Rajatshas.
„Ich hätte wirklich gerne die Möglichkeit gehabt, mit ihm zu reden.“
„Wahrscheinlich hätte Rajatshas es ohnehin nicht erlaubt. Er war ziemlich besorgt um dich.“
Yanna schwieg. Sie musterte Shaquess’ Gesicht. Die blitzenden Augen, das dunkle Haar, sein undurchsichtige Lächeln. Er hatte ihr mit seiner schnellen Reaktion das Leben gerettet.
Während sie ihn anstarrte, war Shaquess’ Lächeln immer breiter geworden. Schnell wandte Yanna sich ab und nahm noch einen Löffel von der Suppe. „Danke“, murmelte sie.
„Es war mir eine Ehre, der Prinzessin von Fativa zu Diensten sein zu dürfen.“
Yanna warf ihm einen bösen Blick zu. „Hast du als Taissin eigentlich nichts Besseres zu tun, als deine Zeit bei mir abzusitzen? Warst du etwa die ganze Nacht hier?“
„Nicht die ganze Nacht, nein. Ich hatte etwas zu erledigen.“
Etwas an der Art, wie der Taissin das sagte, weckte Yannas Neugier. „Hat Rajatshas dir einen wichtigen Auftrag erteilt?“
„Nein. Wenn Rajatshas wüsste, wo ich letzte Nacht war, säße ich jetzt wie du im Kerker.“
„Machst du es absichtlich so spannend?“
„Ja.“
„Also gut: Wo bist du letzte Nacht gewesen?“
„Ich habe mich mit Ehliyan getroffen. Übrigens das zweite Mal in ebenso vielen Tagen.“
„Mit Ehliyan?“ Yanna glaubte, sich verhört zu haben.
Der Taissin nickte. „Er suchte mich gestern auf, weil er ein Anliegen hatte. Leider konnte ich diesem nicht entsprechen. Doch ich habe meine Meinung geändert, weshalb ich mich letzte Nacht erneut mit ihm traf.“
„Was für ein Anliegen?“
In diesem Moment ging die Kerkertür auf und ein Gardist, den Yanna nicht kannte, trat ein. Als er Shaquess erblickte, blieb er zögernd in der Tür stehen. „Ich wusste nicht, dass du hier Wache hältst. Meine Schicht beginnt jetzt.“
Der Taissin bedeutete dem Gardisten, einzutreten. „Ich habe sowieso noch etwas zu tun.“ Er zwinkerte Yanna zu. „Ich erzähle dir diese Geschichte ein andermal zu Ende. Heute Abend vielleicht?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, stand er auf.
„Warte!“
Shaquess lächelte nur entschuldigend. „Wie gesagt: Ich habe noch etwas zu erledigen. Aber ich komme wieder.“ Damit verließ er den Kerker.
Yanna schätzte, dass es schon später Abend war, als Shaquess sein Versprechen wahr machte und erneut im Kerker auftauchte. „Der König will dich sehen. Sofort!“, raunte er den Gardisten an, der seit seinem Weggang bei Yanna Wache hielt.
Was der arme Mann wohl ausgefressen hatte? Dieser schien dasselbe zu denken, denn er flüchtete mit sorgenvoller Miene aus dem Kerker. Kaum war er draußen, stand Shaquess plötzlich an der Gittertür und schloss sie auf.
„Was soll das werden?“
„Du startest einen Fluchtversuch.“
Kapitel 7
„Was?“ Yanna starrte den Taissin ungläubig an, doch erhob sich automatisch von der Pritsche.
„Ein bisschen schneller, falls es nicht zu große Umstände macht, Prinzessin“, bat Shaquess grinsend und griff nach Yannas Hand. Eilig zog er sie aus ihrer Zelle und durch den Vorraum in den Gang hinaus.
„Müssten hier nicht noch mehr Gardisten Wache halten?“ Noch immer konnte Yannas Gehirn die Situation nicht ganz erfassen.
„Doch. Aber die wurden auch ganz dringend von Rajatshas gerufen.“
Gerade wollte Shaquess sie die Treppe hinauf schieben, da stemmte sich Yanna gegen ihn und brachte sie beide zum Stehen. „Sie werden wissen, dass du mir geholfen hast!“
„Wirklich?“, fragte der Taissin gespielt überrascht. „Lass das meine Sorge sein. Wir haben jetzt keine Zeit für tiefgründige Gespräche.“ Er schob Yanna die Treppe hoch und stieß die Tür mit dem Fuß auf.
„Wohin bringst du die Gefangene?“, fragte plötzlich eine scharfe Stimme. Ein Gardist kam mit schnellen Schritten auf sie zugelaufen. Yanna duckte sich, als sie aus den
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