Götterbund (German Edition)
Bettdecke, als sie mit angehaltenem Atem wartete. Doch es kam nichts mehr. Nur ein einziger Glockenschlag, der eine offizielle Zeremonie oder Bekanntgabe für morgen früh nach Sonnenaufgang ankündigte.
Malyn knirschte mit den Zähnen. „Was Rajatshas wohl nun schon wieder ausgeheckt hat?“
Yanna entging die sorgenvolle Miene ihres Ratsvorsitzenden nicht. Und sie musste ihm Recht geben. Auch sie hatte kein gutes Gefühl.
Tiefe Sorgenfalten gruben sich in Malyns Stirn, als er das große, alte Haus betrachtete. Eigentlich hatte er einen nächtlichen Waldspaziergang unternehmen wollen. Doch jetzt nahm ihn der Anblick des Hauses so gefangen, dass er den Blick nicht abwenden konnte. In den letzten Tagen war so viel geschehen, das es zu Verdauen galt. Zum Beispiel Ehliyans Gesichtsausdruck, als er ihm heute von seinem Vater, dem Gott Elrioh, erzählt hatte. Thoran hatte die Entscheidung natürlich begrüßt, predigte ihm der alte Mann doch schon seit Jahren, dass es keinen Grund gebe, Geheimnisse vor Ehliyan und Yanna zu haben. Doch Malyn hatte geahnt, was seine Offenbahrung bei Ehliyan auslösen würde. Der junge Mann war wortlos in sein Zimmer gestürmt und hatte sich bis jetzt nicht mehr blicken lassen. Es war auch ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt gewesen. Seit Lyza bei ihnen wohnte, hatte eine seltsame Anspannung von Ehliyan Besitz ergriffen. Wäre es nach Malyn gegangen, hätte er die ehemalige Gardistin nach Yannas Befreiung sofort davongejagt. Doch Thoran hatte sich dagegen gesträubt. Gutmütiger, alter Narr!
Plötzlich sah Malyn, wie die Haustür von innen geöffnet wurde und eine kleine, schmale Gestalt hinaus in die Dunkelheit schlüpfte.
Malyn drängte sich noch tiefer in den Schatten der Bäume, als sich die Gestalt ihm näherte. Er erkannte langes, helles Haar. Yanna.
Plötzlich bog sie ab und schlug den Weg zur Hauptstadt ein.
Als Malyn aus seiner Starre erwachte, konnte er Yanna in der Dunkelheit schon nicht mehr erkennen. Ob er ihr folgen sollte? Der Ratsvorsitzende war schon zwei große Schritte gegangen, da zwang er sich umzukehren. Wenn Yanna ihn dabei erwischte, wie er ihr hinterher spionierte, würden die Streitigkeiten wieder von vorn beginnen. Aber was, bei den Göttern, wollte Yanna um diese Zeit in der Hauptstadt? Er würde sie fragen. Ja, er würde bis morgen früh warten und sie freundlichst um eine Erklärung bitten.
Da kam Malyn plötzlich ein höchst beunruhigender Gedanke. Shaquess! Konnte es sein, dass Yanna sich abermals mit dem Taissin traf? Ausgeschlossen! Sie hatte ihm erklärt, dass sie Shaquess lediglich aufgesucht hatte, um sich bei ihm zu bedanken. Yanna würde nicht so dumm sein, mit einem Taissin – schon gar nicht mit diesem – Freundschaft zu schließen. Oder mehr.
Allein der Gedanke löste Übelkeit in Malyn aus. Aber nein. Unmöglich. Etwas derartiges würde Yanna nicht einmal in den Sinn kommen. Und selbst wenn, würde sie bei Shaquess mit derartigen Ambitionen auf Granit stoßen. Der Taissin vergab seine Sympathie, geschweige denn seine Freundschaft, nicht leichtfertig. Eigentlich wusste Malyn nur von einer einzigen Person, die ganz offen Shaquess’ Zuneigung genoss. Und das war Lyza. Andererseits… er hatte Yanna aus dem Kerker befreit. Und so sehr Malyn sich auch das Hirn zermarterte - ihm wollte nicht einfallen, welchen Vorteil Shaquess daraus gezogen haben könnte. Yannas Erklärung, dass er sich um sie gesorgt hatte, war schlichtweg lächerlich. Es musste mehr dahinter stecken. Malyn kannte den Taissin gut genug, um zu wissen, dass dieser niemals etwas tat, das nicht seinem eigenen Vorteil diente. Niemals.
Malyn ballte die Hände zu Fäusten. Er würde dahinter kommen, was Shaquess im Schilde führte. Und wenn es das letzte war, was er tat!
Noch bevor die Morgendämmerung einsetzte, verließen Yanna und Ehliyan am nächsten Tag das Haus. Schweigend folgten sie dem Weg, der in die Hauptstadt führte.
Yanna zweifelte daran, ob es für sie die richtige Entscheidung war, der heutigen Ankündigung auf dem Palastplatz beizuwohnen. Schließlich würde sie dort Rajatshas wieder sehen. Sie hatte schreckliche Angst, was das in ihr auslösen würde. Andererseits konnte sie sich nicht für den Rest ihres Lebens vor dem, was sie und den König verband, verstecken. Sie musste lernen, damit umzugehen. Egal, wie schmerzhaft das auch sein würde.
Malyn und Thoran hatten ebenfalls versucht, sie davon abzuhalten, sich dem Palast zu nähern. Sie fürchteten,
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