Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)
sich auf Plastikstühlen rund um den Erfrischungsstand bequem gemacht und tranken Espresso mit Wasser. Roberta Ortega saß ein wenig abseits und wirkte mit ihrem ungebändigten Haarschopf und der khakifarbenen Segeltuchjacke wie eine in die Jahre gekommene Rucksack-Touristin. Von Farrs Eintreffen nahm sie erst Notiz, als er das mitgebrachte Bier auf dem Tisch abstellte und aufseufzend neben ihr Platz nahm.»War es schwierig?«, erkundigte sie sich, nachdem sie getrunken hatte.
»Das war vorauszusehen«, antwortete Farr achselzuckend. »Vermutlich wäre es dem alten Mann lieber gewesen, er hätte nie wieder etwas von uns gehört.«
»Aber er wird dir helfen?«
»Ja, schließlich hat er es ja selbst angeboten. Unter Zeugen. Was er inzwischen wohl bereut.«
»Es interessiert ihn also überhaupt nicht, was aus Miriam und der Nemesis geworden ist? Ich dachte, er hätte noch eine Rechnung mit den Goleanern offen?«
»Ich hatte eher den Eindruck, dass Leandros nichts mehr mit all dem zu tun haben will. Und Dr. Procturro, der ihn wohl in geschäftlichen Dingen berät, hat mir das auch durch die Blume zu verstehen gegeben, als er mir die Bankvollmacht ausgestellt hat.«
»Eine Vollmacht – bis zu welcher Summe?«
»Unbegrenzt. Alles andere ist wohl unter seiner Würde.«
»Das spricht für seine Menschenkenntnis«, bemerkte die Frau gleichmütig. »Er weiß, dass du sein Geld nicht auf Hedonia oder anderswo verjubeln wirst.«
»Was vermutlich klüger wäre, als einem Phantom nachzujagen.«
»Angenehmer vielleicht, aber bestimmt nicht klüger. Es würde dir keinen Tag lang Ruhe lassen.«
»Nein, auch wenn ich manchmal denke, dass es besser wäre, die Dinge auf sich beruhen zu lassen.«
»Ich dachte, das hätten wir geklärt?« Die Frau lächelte.
»Du meinst nicht, dass ich mich zum Narren mache?«
»Nein, das glaube ich nicht, selbst wenn du dich in Miriam getäuscht haben solltest. Außerdem bleibt dir sowieso keine andere Wahl. Also kümmere dich nicht darum, was andere vielleicht denken könnten.«
»Darum geht es doch gar nicht«, wehrte Farr ab. »Eigentlich wollte ich dich auch etwas anderes fragen …« Er hatte den Blick gesenkt und fixierte mit ausdrucksloser Miene die Beschaffenheit der Tischplatte.
»Doch nicht etwa, ob ich mitkommen will?« Die Frau lachte hell auf.
»Was ist daran so lustig?« Farr spürte, wie ihm die Hitze ins Gesicht stieg.
»Nichts.« Roberta Ortega bemühte sich, das Zucken in ihren Mundwinkeln zu unterdrücken. »Wenn man einmal davon absieht, dass wir jetzt seit knapp zwei Wochen unterwegs sind und du die ganze Zeit über nicht auf die Idee gekommen bist, das Thema anzusprechen. Es muss dich ziemlich erwischt haben …«
»Tut mir leid«, erwiderte der Mann zerknirscht. »Aber es hat sich einfach nicht ergeben.«
»War das nun die Frage?« Sie genoss seine Verlegenheit sichtlich.
Farr nickte.
»Natürlich komme ich mit, Commander Farr. Im Übrigen bist du ja nicht der Einzige, der durch das Verschwinden der Nemesis einen Verlust erlitten hat.«
»Du meinst Bobby, den Zwerg?« Die Miene des Mannes hellte sich auf, und er riskierte ein Lächeln. »Ich dachte, das müsste sich verkraften lassen …«
»Natürlich ist Bobby ein Miststück, aber er hat auch seine Qualitäten.«
»Die wage ich mir jetzt nicht vorzustellen«, grinste Farr, sichtlich erleichtert über den Themenwechsel.
» Fachliche Qualitäten«, präzisierte die dunkelhaarige Frau, während ein Hauch von Rot ihre Wangen färbte. »Nicht nur als Pilot, sondern auch als Navigator. Es würde mich nicht wundern, wenn er etwas mit dem Verschwinden der Nemesis zu tun hätte.«
»Du meinst, gegen den Willen der Kommandantin?«
»Insubordination ist so etwas wie sein Hobby«, bestätigte Roberta Ortega.
»Das glaube ich nicht«, widersprach Farr. »Miriam hätte ihm den Hals umgedreht, schon beim leisesten Versuch.«
»Tatsächlich?« Sie wartete vergeblich auf ein Lächeln.
»Wenn ich es sage.« Farr erinnerte sich nur zu gut an Miriams Gesichtsausdruck, als er damals in ihr Apartment eingedrungen war. Ich könnte dich töten … Viel hatte nicht gefehlt.
»Interessant«, murmelte die Spanierin leicht irritiert, fand ihre gute Laune aber sofort wieder. »Ich bin trotzdem mit dabei – unter einer Bedingung …«
»Und die wäre?«
»Ich darf bei der Zusammenstellung der Crew ein Wörtchen mitreden.«
»Aus rein fachlichen Gründen, nehme ich an?«, erkundigte sich Farr amüsiert.
»Natürlich, bei
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