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Goetterdaemmerung - Roman

Goetterdaemmerung - Roman

Titel: Goetterdaemmerung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: El mir Bourges
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wider? Das diffus Brennende, von dem sie plötzlich durch die gewundenen Krümmungen und Finsternisse ihres Herzens spürten, dass es den Finger in ihre Wunde legte, ach!, wussten sie bereits, dass dies Gewissensbisse und Furcht für ihren schuldhaften Frieden waren? Feuerrote Wolken verblassten im Sonnenuntergang; die Vögel zwitscherten nicht mehr, der blass silberne Mond stieg am Himmel auf, und allenthalben verbreitete sich eine außergewöhnliche Heiterkeit. Doch Giulia fuhr fort:
    Annabella
    Du. Du lebst.
    Du hast die Schlacht gewonnen, ohne je
    Zu kämpfen. Lange schon ist dieses Herz
    Gefangen und bereit, wozu du drängst.
    Für jeden Seufzer, der mir galt
    Seufzte ich zehn um dich. Und jede Träne
    Hat sich in meinem Aug verzwanzigfacht.
    Nicht so sehr, weil ich liebte, sondern mehr
    Weil ich’s nicht sagen durfte, nicht mal denken.
    Giovanni
    Lasst die Musik kein Traum sein, meine Götter
    Inständig bitt ich euch!
    Annabella
    Auf meinen Knien. ( Sie kniet. )
    Beschwör ich, Bruder, dich, beim Mutterstaub
    Verrat mich nicht an Häme oder Hass –
    Lieb oder töte mich.
    Giovanni
    Auf meinen Knien. ( Er kniet. )
    Beschwör ich, Schwester, dich, beim
    Mutterstaub
    Verrat mich nicht an Häme oder Hass –
    Lieb oder töte mich.
    Annabella
    Es ist dir also ernst?
    Giovanni
    Ja, wahrlich, ja.
    Ich hoffe, dir doch auch. Sag: Mir ist’s ernst.
    Annabella
    Ich schwöre: Ernst.
    Giovanni
    Mir auch. Bei diesem Kuss –
    Er küsst sie
    Noch mehr; noch mehr …
    Die Belcredi verstummte, ließ ihre Stimme verklingen; ein bisschen Mitleid ergriff sie schließlich bei Christianes Anblick, während Hans Ulrich bleich und kurzatmig auf seinem Stuhl hin und her rückte. Er wollte sprechen … doch ihm versagte die Stimme; ein Tumult aus Tränen, Schluchzern, Schreien brannte in seiner Brust, und er lief davon, um sie zu verbergen … Christiane rückte nicht hin und her, zwei Rinnsale stiller Tränen drangen aus ihren geschlossenen Wimpern; die Dämmerung brach herein und verbarg, wie die Belcredi sich eilig davonstahl.
    Von nun an befreite sie Hans Ulrich und seine Schwester für einige Zeit von der Verpflichtung, sie wiederzusehen. Die Sängerin gab vor, unpässlich zu sein; und das zurückgezogene, ruhige Leben, das inmitten der Belustigungen, die Giulia angeboten wurden, ohne Wollust zu verlaufen schien, als sei sie inmitten der sie umgebenden Reichtümer ohne Ehrgeiz, bildete einen erstaunlichen Kontrast zu dem Wirbel und den Verrücktheiten, mit denen Emilia zur selben Zeit das Haus erfüllte.
    Die in solchen Beziehungen übliche Zeit mit schönen Floskeln und Süßholzgeraspel hatte für Franz nicht lange gedauert. Gegen die ersten Ratschläge, die er äußerte, hatte die Italienerin entschieden aufbegehrt und bei Hüten, Federn und großen Gesten die Extravaganzen noch vermehrt, anstatt sie zu vermindern. Der geduldige Galan zuckte die Schultern und begnügte sich damit zu murmeln: «Was für eine Marfisa!» oder auch: «So eine Bradamante 81 !» , und während er seinen Schnurrbart glättete, gestand er sich ein, dass er nicht gewusst hatte, was er tat, als er sich diese Schlinge um den Hals gelegt hatte.
    Emilia träumte mittlerweile von Heirat und mahnte den jungen Mann an seine Versprechen. Sie hatte sie zunächst nicht ernst genommen, denn Franz hatte sie leicht dahingesagt, doch inzwischen war die Italienerin bereit, sie für verbindlich zu halten, zu schwören, man habe sie missbraucht. Sie wollte vorgeben, schwanger zu sein, vermutlich zählte sie auf die Wirkung väterlicher Gefühle. Es war eine recht lange Komödie der Freude, voll unerschöpflichem Geschwätz über das pausbäckige Kindchen, von dem sie schon vorab feierlich erklärte, es werde die blauen Augen und «den großen Appetit seines Vaters» haben. Da Franz aber ruhig blieb und sich wenig Mühe gab, seine Ungläubigkeit zu verbergen, gelangte die Italienerin schließlich zu der Überzeugung, dass er hierfür nicht empfänglich sei, und nachdem das vorgegaukelte Kind letztlich zu nichts nütze war, verschwand es so schnell wieder, wie es entstanden war.
    Sie wusste nicht, wie sie reagieren, was aus ihr werden oder wohin sie den Blick wenden sollte. Sie erwog, sich hinter frömmlerischen Skrupeln zu verschanzen; Franz wurde verschmäht, behandelt wie ein Sklave, und wenn er bei seiner Mätresse klopfte, blieb die Tür verschlossen; doch durch all die moralischen Reden und die vorgetäuschte Frömmigkeit erlebte die Italienerin plötzlich

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