Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goetterdaemmerung - Roman

Goetterdaemmerung - Roman

Titel: Goetterdaemmerung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: El mir Bourges
Vom Netzwerk:
Dienerin», wie er ihn nannte, niemals geliebt, weshalb auch keine Zeit mit Tränen verloren wurde, und nachdem die Totenfeier ausgerichtet und die Dienerschaft mit Trauerkleidung versehen war, war weder von Hans Ulrich noch von Gram länger die Rede. Vielmehr bildete die schreckliche Tragödie einen lächerlichen Gegensatz zu der ihr nachfolgenden Farce.
    An dem Abend nämlich, als Franz von der Beisetzung heimkehrte, bemerkte er, dass Emilia verschwunden war. Er fragte die Kammerfrauen aus; sie sahen sich an und sagten ihm schließlich, es habe viele Tränen und Geschrei gegeben nach der Szene beim Mittagessen …
    «Ja, ja! Weiter!», unterbrach der Graf, der wohl wusste, dass seine neuerliche Weigerung zu heiraten jene Tränenflut ausgelöst hatte …
    Mademoiselle hatte plötzlich nach einem Wagen verlangt und dem Kutscher, so glaubte man, eine Bahnstation genannt. Franz ließ Arcangeli holen, doch der liebe Bruder stellte sich unwissend, als habe er nichts gesehen und gehört.
    «Nun sag schon, Giovan: Wo ist deine Schwester?»
    «Ha! Gütige Jungfrau!» Er versteckte sie ja nicht in seiner Tasche! Nun hielt der Italiener sich nicht länger zurück, verwahrte sich gegen solcherlei Verdächtigungen, beteuerte feierlich sein Unwissen und brach sogar in ziemlich heftige Schmähungen gegen Emilia aus.
    Am nächsten Morgen wurde er allerdings recht gut gelaunt beim Herrn Grafen vorstellig, und nach einer wortreichen Vorrede nannte Arcangeli Saint-Germain als den Ort, an den Emilia geflohen war, was er, so sagte er, eben erst durch ein kurzes Billett erfahren habe.
    Franz brach unverzüglich und ohne viel Federlesen auf, denn sein Herz und sein Verstand waren ganz von dem Wunsch beherrscht, die Geliebte wiederzusehen. Vor Ort wollte er sich an einen seiner engen Freunde wenden, den Husarenleutnant Marquis von Courson, damit er ihm bei seinen Nachforschungen helfe; doch als er aus dem Wagen stieg, befielen ihn Zweifel, ob nicht gerade das Haus des Marquis die Zuflucht seiner Helena sei. Nichts war unmöglich a sproposito 93 , so verwirrend es auch scheinen mochte. Der junge Mann hatte der Italienerin bei vielen Gelegenheiten Gunst und Aufmerksamkeiten erwiesen, die sie gern angenommen hatte; und darüber hinaus hatte möglicherweise der Wunsch, sich von Franz suchen zu lassen und seine Eifersucht anzustacheln, ebenso viel zu Emilias Flucht beigetragen wie dieser große Hungerhaken von Courson mit seinem gelben Teint und seinem mit abstoßenden Pickeln übersäten Gesicht. Darüber sann Franz in der Allée de la Terrasse nach, und die Wahrscheinlichkeit, die er dieser Erklärung beimessen konnte, beschäftigte ihn auf seinem Weg. Dann besuchte er das Schloss, streifte einige Augenblicke vor dem Haus des Marquis umher, fürchtete jedoch eine Szene vor aller Welt, falls Emilia herauskäme, und suchte bald das Weite; nachdem er zu Mittag gegessen hatte, kehrte der Graf fröhlich nach Paris zurück, überzeugt davon, dass man ihn zum Besten halte.
    Er ging früh zu Bett und verbrachte einen unterhaltsamen Abend damit, die Eskapade in aller Offenheit mit Louis, seinem Kammerdiener, durchzusprechen. Als er erwachte, fand er einen Brief der Flüchtigen vor, der die Affäre so weit erhellte, wie noch nötig war, und in seiner Nüchternheit seltsam anmutete, wenn man die Italienerin gut kannte, da dieser Stil ihr und ihren überaus romantischen Handlungen nicht unbedingt entsprach:
    François,
    Sie waren heute hier, um Erkundigungen einzuziehen; Sie hätten nicht umkehren sollen, ohne den Marquis zu treffen, denn ich bin in seinem Palais. Ich bin gekommen, um ihn für einige Tage um Unterschlupf zu bitten – bis Sonntag; wie Sie wissen, will ich nicht Ihre Geliebte bleiben, was die Jungfrau und sämtliche Heiligen beleidigen würde. Doch ist es unnötig, all diese Gründe noch einmal aufzuzählen.
    Wenn Sie sich also nicht dazu entschließen, mich zu ehelichen, werde ich am Sonntag die Geliebte des Marquis sein. Ich schwöre Ihnen auf Knien bei meinem seligen Vater, dass bis jetzt noch nichts geschehen ist.
    Für den Fall, dass Sie mich als Ihre zukünftige Ehefrau zurückweisen, verzichten Sie ab sofort auf alle Beziehungen zu mir. Adieu! Ich erwarte Ihre Antwort. Denken Sie nach, mein Entschluss ist unabänderlich.
    «Tralalala, tralala», trällerte der Graf vor sich hin, und das war alles, was er an Wut über die unverschämte Alternative empfand, vor die Emilia ihn stellte. Seine Heiterkeit nahm weiter zu, als er ein

Weitere Kostenlose Bücher