Goetterdaemmerung - Roman
läuten hörte. «Herr Romero muss den Rest des gewonnenen Geldes einem Komplizen übergeben haben. Meine Herren, Sie sind doch alle einverstanden, sich durchsuchen zu lassen, nicht wahr?»
«Gewiss … gewiss …», lautete die Antwort.
Daraufhin näherten sich Feuillade und Lussan, nachdem sie selbst ihre Weste geöffnet und ihre Taschen geleert hatten, dem alten Marquis von Vivarens, der es ihnen bereitwillig nachtat. Die übrige Gesellschaft zeigte sich nicht weniger bemüht. Und während sie die Zeremonie vollzogen, ihre Weste und Taschen umzukehren, scherzten die jungen Leute, dass man auch die Damen zwingen solle, sich durchsuchen zu lassen, und insbesondere Flora, da diese sehr füllig war, als man plötzlich eine wütende Stimme hörte. «Niemals! Niemals! …», rief Graf Franz. Man bemühte sich, ihn zu beruhigen, doch er war ganz blass geworden, und die Augen traten ihm aus dem Kopf, als er schrie: «Nie könnte ich ertragen, dass man mir eine solche Schmach antäte!»
«Da ich die Untersuchung habe über mich ergehen lassen», sagte in pikiertem Ton der alte Vivarens, «könnt Ihr das wohl auch.»
«Ich habe meine Brieftasche hergezeigt», rief Franz, «das ist alles, was ich habe, absolut alles.»
Man scharte sich, eine Traube bildend, um den Grafen, um ihn zu ermahnen, während dieser verstörte Blicke über die Anwesenden gleiten ließ und beständig wiederholte: «Niemals! Niemals!» Als man endlich ein wenig von ihm abrückte, entdeckte man mit einem Mal ein Bündel Banknoten zu seinen Füßen.
«Hier sind Banknoten», sagte der Herzog, während er sie aufhob, «die zu Euren Füßen herausgefallen sind; nehmt sie, sie gehören Euch.»
«Sie gehören mir nicht, Ihr könnt sie behalten», erwiderte Franz, der sie wegstieß, und er wechselte gänzlich die Farbe.
Nachdem diese zwanzigtausend Franc gezählt waren, fehlten nur noch dreißigtausend zur kompletten Summe, und wenige Augenblicke später entdeckte Herr von Poix, der den kleinen Salon durchstreifte, sie hinter einem Sessel. Daraufhin ergriff Courson eine Feder und erstellte ein Verzeichnis der Verluste. Man erstattete Villalba zusätzlich zu den tausend Louisdor, die ihm geblieben waren, ungefähr achtzigtausend Franc, Poix erhielt siebentausendfünfhundert Franc, Constance Meyer hundertfünfzig Louisdor und Herr Romero schließlich knapp fünfundzwanzigtausend Franc. Der Spanier versuchte den Anwesenden ein letztes Mal das Versprechen abzunehmen, über die Affäre nichts nach außen dringen zu lassen, doch jeder kehrte ihm den Rücken, und alle brachen auf.
Im Vorzimmer stieß Graf Franz auf einen Lakaien des Hôtel Beaujon, der schon seit geraumer Zeit auf ihn wartete, ohne zu ihm vordringen zu können, da Lyonnette gleich zu Beginn des Vorfalls die Türen hatte verschließen lassen, und der ihm nun die Nachricht von der Niederkunft überbrachte. Der Lakai bemerkte, dass Franz verstört wirkte und mit sich selbst sprach, als er zu seinem Wagen ging. Man sah ihn für einen Augenblick in der Rue Taitbout, wo er sich zweifellos mit ein paar ordentlichen Schmuckschatullen und Geldkatzen versah … Und von dort verschwand er weiß der Teufel wohin, vermutlich nach Belgien, doch niemand hat ihn je wieder auf dem Trottoir der Boulevards gesehen. In der Tat hätte eine Rückkehr nach Paris bedeutet, sich die Schlinge um den Hals zu legen, denn Romero, über den man vierzehn Tage später zu Gericht saß, wurde zu fünf Jahren Gefängnis und tausend Franc Geldstrafe verurteilt und Graf Franz als Komplize per Versäumnisurteil 156 zu dreizehn Monaten.
Der Herzog erfuhr von dem Ereignis erst bei seinem Erwachen am Freitag, dem 13. Juni. Er hatte am Vortag und die ganze Nacht an Fieber mit Schüttelfrost gelitten, und als er die schöne Meldung las, die in sämtlichen Zeitungen stand, überfiel ihn eine Ohnmacht, die ihn aufs Kissen zurückwarf. Der ganze Tag verging in Ungewissheit und Unruhe. Obwohl er wegen heftiger Schmerzen am Hals und der dort aufgetretenen Entzündung bereits einen starken Verdacht auf einen Karbunkel hatte, sprachen die Ärzte am ersten Tag nur von einer schlichten Pustel. Doch verlief die Nacht sehr schlecht, und am folgenden Tag musste man offen bekennen, wie ernst es um Karl von Este stand.
Man legte ihm einen Verband an. Kurz darauf zeigte sich der Karbunkel, und die arme Hoheit musste ein erstes Aufschneiden erdulden. Er selbst fühlte sich so schlecht und so benommen, dass er das Schlimmste befürchtete. Und so
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