Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus
dass ich den Zorn des Königs auf mich gezogen habe.«
»Er will also nicht auf Euch hören?«
»Er allein herrscht. Und er hat mir befohlen, nach Griechenland zurückzukehren.«
»Das tut mir sehr leid. Ich wollte Euch nicht in Mitleidenschaft ziehen.«
»Meine Abreise stand ohnehin fest. Solltest du mich nicht begleiten, Kel? Deine Lage hier ist ziemlich aussichtslos. Gemeinsam könnten wir eine Bruderschaft gründen und versuchen, die Griechen dazu zu bringen, nicht immer nur an Gewinn und Nutzen zu denken.«
»Ich könnte es niemals ertragen, Ägypten zu verlassen. Außerdem will ich meine Unschuld beweisen.«
»Mögen die Götter dich schützen.«
Henat verneigte sich ehrerbietig vor dem König, der außer sich vor Zorn war.
»Ich wünsche eine Erklärung!«
»Wozu, Majestät?«
»Weißt du das etwa wirklich nicht?«
»Wir konnten diesen verfluchten Schreiber noch immer nicht festnehmen, und keiner bedauert das mehr als ich. Aber Richter Gem und ich unternehmen weiterhin alle Anstrengungen. Der Mörder hat offenbar mehr Durchhaltevermögen als erwartet.«
Amasis winkte verächtlich ab.
»Ich hatte eine andere, mindestens ebenso schwerwiegende Sache im Sinn!«
Henat schien nicht zu wissen, worum es ging. »Klärt mich auf, Majestät.«
»Pythagoras hat von einer Verschwörung erfahren, die einige Griechen in Naukratis angezettelt haben sollen. Und Menk hat mir noch eine wichtige Einzelheit berichtet: Händler aus Naukratis sollen heimlich Waffen eingeführt haben. Wenn nicht einmal du etwas davon weißt, was soll dann aus diesem Land werden? Schon morgen könnte sich ein Thronräuber meinen Helm aufsetzen, dann wären die Zwei Länder dem Untergang geweiht!«
»Ich weiß Bescheid.«
Der König sah Henat überrascht an.
»Was hast du gesagt?«
»Ich habe diese Waffen einführen lassen.«
Amasis war so verdutzt, dass er einen ganzen Becher Weißwein auf einen Zug leerte.
»Dann belügst und betrügst du mich also!«
»Nein, durchaus nicht, Majestät.«
»Erklär mir das.«
»Oberbefehlshaber Phanes von Halikarnassos verlangt schon seit Monaten nach mehr Ausrüstung, und zwar vor allem nach einer besseren Bewaffnung der Sondereinheiten. Seit Kambyses an der Macht ist, weist er immer wieder auf die drohende Gefahr eines persischen Überfalls hin. Deshalb habe ich einen neuen Handel zwischen Griechenland und Ägypten in die Wege geleitet, der ausschließlich für die Lieferung hochwertiger Waffen bestimmt ist. Es dauert nicht mehr lange, und unsere Ausrüstung ist der der Perser weitaus überlegen. Da es dabei um unsere Verteidigung ging, war dieses Unternehmen streng geheim.«
»Ich bin schließlich der Pharao und sollte auf dem Laufenden gehalten werden!«
»Das wart Ihr auch, Majestät.«
»Wie denn, wenn ich fragen darf?«
»Ich habe den Vorgang und die erforderliche Geheimhaltung in zwei Berichten genau erläutert.«
»Berichte, immer wieder Berichte! Ich habe nicht die Zeit, diese ganzen Sachen zu lesen, dieser Schreibkram macht mich noch ganz krank. In meinem Alter darf man nicht mehr zu viel arbeiten. Und wenn ich mir nicht ausreichend Zeit dafür nehme, mache ich auch noch Denkfehler.«
Amasis leerte einen zweiten Becher Wein.
»So ist es mir aber lieber, Henat. Ich hatte schon befürchtet, in Naukratis würde eine griechische Bande eine Verschwörung gegen mich anzetteln. Ausgerechnet die Griechen, denen ich so viele Vorrechte einräume, weil sie die Zukunft sind!«
»Die Waffenlieferungen werden strengstens bewacht, Majestät«, fuhr Henat fort. »Nicht ein einziges Schwert entgeht seiner Bestimmung.«
»Ich weiß schon, woher diese Gerüchte stammen – ganz bestimmt vom Hohepriester der Neith. Der mächtige Wahibra erträgt es nicht, erniedrigt worden zu sein, und will weiterhin eine wichtige Rolle spielen, indem er üble Gerüchte verbreitet. Er kann sich auf etwas gefasst machen!«
»Majestät, es steht über alle Zweifel …«
»Ich weiß, was ich zu tun habe, Henat. Schreibe du nur weiter deine ausführlichen Berichte.«
61
M ir scheint, Ihr seid verstimmt«, bemerkte Königin Tanit. »Schmecken Euch das geschmorte Rindfleisch und der Wein aus den Oasen nicht?«
»Doch, doch, aber ich habe keinen Hunger«, antwortete Amasis.
»Habt Ihr so viele Sorgen?«
»Eigentlich nur eine. Dieser verdammte Wahibra! Diesmal treibt er es wirklich zu weit. Ich will ihn endgültig loswerden. Er wird verhaftet und wegen Hochverrats außer Landes gebracht.«
Die Königin
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