Göttergetöse
Federbusch!« Er war verloren. Seine Zeit war abgelaufen. Wenn ER ihn abrichten konnte, mir zu folgen, war sein Schicksal besiegelt.
Es hieß: Er oder ich oder der Alptraum. Er oder ich. Häh, häh. Manchmal passieren Unfälle, Morpheus. Schreckliche Unfälle. Jeden Tag gibt es so etwas.
»Garrett! Antworte gefälligst!«
Ich war so darin versunken, mir Mr. Bigs sehr kurze Zukunft auszumalen, daß ich vergessen hatte, Augen und Ohren offenzuhalten. Aber mein Pech war gerade woanders beschäftigt. Nichts Böses passierte. »Ich bin hier, direkt unter diesem stinkenden Geier.«
»Red nicht so. Auch diese Kreatur hat Gefühle. Komm schnell nach Hause. Die Ablenkung wird nicht lange funktionieren.«
»Bin schon unterwegs, alter Knochen.« Ich konnte ihn vielleicht in die Sklaverei verkaufen. Viele große Zauberer würden es bestimmt zu schätzen wissen, einen Loghyr unter ihren Angestellten zu haben. Jedenfalls einen gezähmten. Vielleicht konnte ich ihn ja auch verschenken. Jeder, der ihn wollte, konnte kommen und ihn einfach abholen. Ich würde nicht dulden, daß er mir die ganze Zeit über die Schulter sah und mich in der ganzen Stadt schlecht machte.
28. Kapitel
Ich spürte die Anwesenheit des Toten Mannes, lange bevor mein Haus in Sicht kam. Er war wach und vollkommen beschäftigt, was ein bißchen beunruhigend war.
»Schnell«, murmelte der Vogel. »Schnell!«
Beeil dich! echote es in meinem Kopf.
Ich rannte, obwohl mich die Vorstellung entsetzte, dem Toten Mann nie wieder entkommen zu können.
Auf der Macunado wälzte sich in Höhe meines Häuserblocks eine Rauchwolke. Ein paar Nachbarn standen draußen herum und wollten wissen, was los war. Falls der Tote Mann das gemacht hatte, dürfte es reine Zeitverschwendung gewesen sein. Götter, selbst die billigen Zinngötter von Halslos’ Heiliger Meile, dürften in der Lage sein, sowohl konkrete als auch metaphorische Rauchschleier zu durchschauen. Aber ich entdeckte bald, daß dieser Rauch voller Gespenster war, die wie die Geister der Kindheit hin- und herflatterten.
Ich polterte die Stufen zu meinem Haus hoch. Die Haustür ging in dem Moment auf, als ein Summen wie von einer Hummel näherkam. Ich hechelte hinein. Hinter mir knallte die Tür ins Schloß, hoffentlich bevor dieser kiffende Knirps mich gesehen hatte. Wenigstens diesmal war Dean auf dem Posten.
Er war bleich und verängstigt. »Vielleicht hättest du noch ein paar Tage länger wegbleiben sollen. Dann wäre dir der ganze Spaß entgangen.«
Er schluckte und nickte. »Ihr Essen ist in ein paar Minuten fertig. Vorher will Er Sie unbedingt sehen.«
Das paßte ja ganz wunderbar zu meinem eigenen Plan.
Ich ging in das Zimmer Ihro Gnaden und übte leise ein paar schneidende Bemerkungen ein. »Wir stecken wirklich tief in der Scheiße, Alter Knochen, und es reicht nicht, ein bißchen Wasser zu treten.«
»Ich bin mir der Gefahr bewußt…«
»Vergiß die Nummer mit dem Sprechenden Vogel, ja? Laß es uns so machen, wie wir es immer getan haben. Nein! Warte. Bleib wach…«
Sarkasmus ist völlig unangebracht, Garrett. Wir werden so weitermachen, wie du wünschst.
»Vermutlich siehst du ja mit einem Blick in meinen Kopf, wie mein Tag gelaufen ist. Hoffentlich hattest du mehr Spaß.«
Allerdings. Ich habe einen sehr aufschlußreichen Abend mit deiner Freundin Linda Luther verbracht, nachdem sie ihre Vorurteile besiegen konnte. Dieses Kind hat eine Menge Potential, Garrett. Das weiß ich zu schätzen.
O-oh. Er weiß keine Frau ›zu schätzen‹. »Laß dich nicht von ihrem äußeren Schein täuschen. Sie weiß genau, wie sie ihr Potential einsetzen muß.«
Deiner Anspielung fehlt jeglicher Witz, Garrett. Linda Luther ist eines der seltensten mythischen Wesen: Eine Frau mit Verstand und…
Ich lachte laut auf. »Das glaube ich nicht. Sie hat dich reingelegt.« Ich lachte noch ein bißchen und redete mir ein, daß ich auf meine süße Bibliothekarin aufpassen mußte. Wenn sie den Toten Mann anmachen konnte, war sie verdammt gefährlich. »Natürlich begreifst du die Komik der Situation nicht. Du hast keinen Humor. Nun komm schon. Was sagt man über diese Götter? Sind sie echt? Und wie kann ich sie mir vom Hals schaffen?«
Sie verheißen Ärger. In deinem Jargon: Riesenärger.
Nach den Ereignissen aus deinem Umfeld müssen wir davon ausgehen, daß es sich hier nicht um eine Geheimdienst-Aktion handelt.
»Echt jetzt?«
Diesmal entging ihm mein Sarkasmus, oder er ignorierte ihn,
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